Neuer Tumorkiller unter den Immunzellen
Von: mm/f24.ch
Forschende der Universität Zürich haben entdeckt, wie das Eiweiss Interleukin 12 (IL-12) das Immunsystem dazu bringen kann, Krebszellen unter Kontrolle zu halten oder gar zu eliminieren. Auch den Zelltyp haben sie identifiziert, der dabei eine wichtige Rolle spielt. Die Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift «Nature Immunology» publiziert wird, könnte zur Entwicklung einer neuen Krebstherapie beitragen.
Während der Embryonalentwicklung bildet der Zelltyp LTI die Anlage für die Entstehung von Lymphknoten. Welche Funktion er bei Erwachsenen hat, war bislang weitgehend unklar. Dass er bestimmte Eigenschaften von Natürlichen Killerzellen annehmen kann, haben 2009 verschiedene Forschergruppen beschrieben. Nun konnte das Forscherteam um den Immunologen Burkhard Becher vom Institut für experimentelle Immunologie der Universität Zürich beweisen, dass LTI-Zellen in Tumoren vom Botenstoff Interleukin 12 (IL-12) stimuliert werden können, was dann dazu führt, dass der Tumor nur noch sehr langsam oder gar nicht wachsen kann.
Mit ihrer Entdeckung haben die UZH-Forschenden also die so genannte lymphoid-tissue-inducer (LTI) Zelle als den Zelltyp identifiziert, der bei der Bekämpfung von Krebs durch IL-12 eine entscheidende Rolle spielt. Dass IL-12 das Immunsystem dazu bringen kann, Krebszellen unter Kontrolle zu halten oder gar zu eliminieren, wusste man bereits. Allerdings waren bisher sowohl das «Wie» als auch die am Prozess beteiligten Zelltypen weitgehend unbekannt.
Beispiel Hautkrebs
Grundsätzlich ist das körpereigene Abwehrsystem bei der Erkennung und Eliminierung von bösartigen Tumorzellen höchst effizient. Trotzdem können sich Krebszellen der Immunkontrolle entziehen und unbehelligt wachsen. Insbesondere Patienten mit geschwächtem Immunsystem haben ein grösseres Risiko, an Krebs zu erkranken. Vor diesem Hintergrund suchte das UZH-Forscherteam nach einer Möglichkeit, das Immunsystem so zu manipulieren, dass es auch bereits bestehende Tumoren angreift. Dabei ist es auf den erst vor kurzem identifizierten Zelltyp LTI gestossen und hat entdeckt, dass dieser durch IL-12 dazu gebracht wird, bösartige (maligne) Hautzellen zu zerstören.
Damit – mit dem Identifizieren der Rolle von IL-12 – hatten die Forschenden also zugleich auch eine Erklärung für die Wirkweise von IL-12 gefunden. Der Weg zu diesen Ergebnissen aber war ein indirekter: «Wir hatten erwartet, dass IL-12 mit Hilfe von T-Zellen und so genannten Natürlichen Killerzellen den Tumorzellen auf den Leib rücken würde», sagt Burkhard Becher und fügt an, dass diese Möglichkeit sehr schnell wieder ausgeschlossen werden musste: «Insgesamt hat es über fünf Jahre gedauert, den Mechanismus und den neuen Zelltyp zu identifizieren.»
Die Studie erscheint nun in der Fachzeitschrift «Nature Immunology». Den Mechanismus, wie IL-12 das Immunsystem dazu bringt, den Tumor zu eliminieren, zeigt sie am Beispiel von Hautkrebs, anhand der Beseitigung eines malignen Melanoms.
Grosse Wirkung, weniger Nebenwirkungen
Nebst den Erkenntnissen zur Wirkung rund um IL-12 haben die UZH-Forschenden auch entdeckt, wie sich bisherige Nebenwirkungen reduzieren lassen: Obwohl IL-12 bereits mehrfach in der Klinik an Patienten getestet wurde und dessen Anti-Tumor-Funktion gut belegt ist, so sind doch die Nebenwirkungen sehr heftig, wenn der Stoff direkt ins Blut abgegeben wird. Das Zürcher Forscherteam konnte jetzt zeigen, dass eine Injektion direkt in den Tumor nicht nur genauso effektiv ist, sondern dass sie auch die Nebenwirkungen auf andere Systeme verhindert.
Verschiedene Tumor-Typen wurden bereits untersucht, mit unterschiedlichen Ergebnissen: «IL-12 wirkt in den unterschiedlichen Tumoren vollkommen verschieden», sagt Becher. «Zuerst haben wir uns dem Melanom gewidmet und auch Lungenmetastasen analysiert, aber seit ein paar Jahren schauen wir uns auch experimentelle IL-12-Therapien in Gehirntumoren an», fasst er das Untersuchungsspektrum zusammen und resümiert: «Dort scheinen wiederum andere Regeln für IL-12 zu herrschen, aber auch da sind die Ergebnisse vielversprechend.»
Die hier gewonnenen Erkenntnisse zur Funktionsweise von IL-12 und zu den Immuntherapien beginnen bereits in die Praxis zu fliessen: «Wir haben bereits Gespräche mit Onkologen aus Zürich und aus dem Ausland aufgenommen, um zu testen, ob man mit intratumoralem IL-12 in Kombination mit anderen immunstimulierenden Methoden auch Patienten klinisch helfen kann», führt Becher die nächsten Schritte aus.
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