Die Spitex muss ihr Profil schärfen
Von: Marc Schaffner
Der Spitex-Verband Baselland hat ein Handbuch für seine Mitgliedsorganisationen he-rausgegeben, um aufzuzeigen, wie sich die gemeinnützige Spitex künftig auf dem Markt behaupten kann. Zum einen müssen sich die örtlichen Vereine zu regionalen Zentren zu-sammenschliessen und überall im Kanton einheitliche Leistungen erbringen. Zum ande-ren muss die Spitex ihr Profil schärfen, um sich von der Konkurrenz aus dem privaten Sektor abzuheben.
Wegen der demografischen Entwicklung gewinnen Pflege und Betreuung in unserer Gesellschaft stark an Bedeutung. Es handelt sich um einen Wachstumsmarkt, der neue Arbeitsplätze schafft und immer mehr Anbieter anlockt, die den grossen Kuchen unter sich aufteilen wollen. Gleichzeitig nimmt der finanzielle Druck zu, Budgets werden enger, Finanzierungsmodelle komplizierter und die Ansprüche der Kundschaft steigen.
Angesichts dieser Veränderungen hatte der Spitex-Verband Baselland an einer Strategietagung im Juni 2009 das Projekt «Vistra» ins Leben gerufen – kurz für «Vision und Strategie». Gestern Mittwoch hat die Projektgruppe im Martinshof in Liestal das Ergebnis ihrer Arbeit präsentiert: Entstanden ist ein Handbuch für die kommunalen Spitex-Organisationen, das ihnen Wege in die Zukunft aufzeigen soll.
Fünf regionale Spitex-Organisationen
Eine Kernforderung von «Vistra» lautet, dass sich die heute 24 örtlichen Spitex-Organisationen regional zusammenschliessen sollen. Der Trend zu Fusionen ist bereits ersichtlich, so haben sich in den letzten zwei Jahren die regionalen Spitexorganisationen «Gelterkinden und Umgebung» und «Lausen plus» formiert. Weitere Fusionen sind bereits im Gespräch. Eine Zielvorstellung geht von fünf Regionen analog zu den fünf Kantonsbezirken aus, wobei am Diskussionsanlass in Liestal klar wurde, dass diese Zahl eher eine Vision als eine konkrete Vorgabe ist. Die Nähe zwischen Leitung und Mitarbeitenden müsse bestehen bleiben, mahnte eine anwesende Spitexfrau. Allzu gross dürfe eine Spitex-Organisation deshalb nicht werden.
Die Vorteile von grösseren, regionalen Spitex-Organisationen liegen jedoch auf der Hand: Die Administration kann zentral erfolgen, wodurch Kosten gespart werden. Zudem haben sie mehr Möglichkeiten, sämtliche Dienstleistungen selber abzudecken, ein Punkt, den heute nicht alle kleinen örtlichen Organisationen erfüllen. Das Handbuch «Vistra» legt aber grossen Wert darauf, dass nur die Führungs- und Supportprozesse zentralisiert werden. Die Stützpunkte vor Ort – und damit die Nähe zu den Kunden – müssen weiterhin bestehen bleiben.
Spitex als unverwechselbare Marke
Eine weitere Kernaussage ist, dass die gemeinnützige Spitex ihr Profil schärfen muss. «Sie muss zu einer Marke werden», wie Verbandspräsidentin Juliana Nufer das Votum eines Podiumsteilnehmers aufnahm. Die Spitex müsse in der öffentlichen Wahrnehmung «die» verlässliche Partnerin in der ganzen Behandlungskette werden, an die man als erste denke.
Dazu gehört, dass die Spitex in allen Gemeinden des Kantons die gleichen Leistungen in der gleichen Qualität und zu denselben Einsatzzeiten anbietet – was bis heute nicht der Fall ist. Aus- und Weiterbildung ist ein weiterer Schwerpunkt, der forciert werden soll, gerade auf einem Markt, der nach immer mehr Pflegepersonal verlangt.
Keine «Sozialspitex» für die Übriggebliebenen
An der Veranstaltung in Liestal wurde mehrfach die Angst geäussert, dass private Betreuungsanbieter zu einer ernsthaften Konkurrenz für die gemeinnützige Spitex werden könnten. «Vistra»-Projektleiter Thomas Rudin warnte vor «Rosinenpickern», die mit Billiglöhnen die Tarife untergraben und nur die finanziell interessanten Fälle übernehmen. Die öffentliche Spitex müsste sich mit den «Übriggebliebenen» begnügen und würde so zu einer «Sozialspitex» degradiert. Damit das nicht geschehe, müsse die Spitex ihr Dienstleistungsangebot erweitern und beispielsweise ihre Betreuungsangebote neben der allseits bekannten Pflege in der Öffentlichkeit besser bekannt machen.
Die Diskussion ist lanciert
Das Handbuch «Vistra» schneidet ausserdem Leistungsverträge mit den Gemeinden, Finanzierung, Vernetzung mit den Partnern im Gesundheitswesen und weitere Themen an. Geplant ist auch, dass sich der kantonale Dachverband neu organisiert, um den laufenden Veränderungen Rechnung zu tragen. Wie die «Visionen und Strategien» umgesetzt werden, wird sich nun lokal bei den einzelnen Spitex-Organisationen zeigen. Im Unterschied zu einigen anderen Kantonen werden die Neuerungen im Kanton Baselland nicht von oben diktiert. Im Gegenteil: «Vistra» ist eine Aufforderung zur Diskussion, die letztlich zu einer guten Lösung führen soll.
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