Bundeshilfe für die Lehman-Pleiteopfer?
Von: Maximilian Reimann
Am 15. September 2008 brach die US-Investmentbank Lehman-Brothers im Strudel der damaligen weltweiten Finanzkrise zusammen. Sie hinterliess einen riesigen Schuldenberg und Tausende von geschädigten Anlegern auch in der Schweiz.
Viele Schweizer Banken vermittelten ihren Kunden bis weit ins Jahr 2008 hinein Anlageprodukte von Lehman-Brothers, insbesondere sogenannt strukturierte Produkte, die teilweise gar mit Kapitalschutz ausgestattet gewesen sein sollten. In den Medien herum geschlagen wurden in erster Linie die Credit Suisse, die insgesamt rund 6‘000 Kunden mit Lehman-Produkten eingedeckt, sowie ihre Tochtergesellschaft NAB, die rund 1‘000 Lehman-Opfer hinterlassen haben soll.
Beide Banken haben in Fällen, wo die Informations-, Risikoaufklärungs- und Sorgfaltspflicht offensichtlich am gravierendsten verletzt war, ganz oder teilweise Schadenersatz geleistet. Dies nicht zuletzt auch dank Intervention des Bankenombudsmans.
Nun auch im Parlament hängig
Vom 200 USD-Milliardenverlust von Lehman-Brothers entfallen angeblich rund 4 Milliarden auf Schweizer Anleger. Wer davon betroffen ist, versucht natürlich alles, um mindestens teilweise entschädigt zu werden. Der Bankenombudsman kann aber bloss vermitteln. Einem Geschädigten Recht geben, kann er nicht. Hiefür sind nur die Gerichte zuständig. Der Rechtsweg kostet aber viel Geld und sein Ausgang ist ungewiss, wie der Fall zeigt, der sich letztes Jahr vor dem Berner Handelsgericht abgespielt hat.
Ein Anleger hatte versucht, mit einer Klage gegen die Credit Suisse seine verlorenen 50‘000 Franken zurückzufordern. Das Gericht wies die Klage ab und der Kläger musste der Bank gar noch eine Entschädigung von 12‘500 Franken entrichten. Der Fall liegt nun beim Bundesgericht.
Aber auch von den eidg. Räten erwartet man Hilfe. So liegen ihnen gleich mehrere Aufsichtsbeschwerden gegen die Finanzmarktaufsichtsbehörde FINMA vor. Dieser wird u.a. vorgeworfen, in ihrer Lagebeurteilung zu bankenfreundlich und zu anlegerfeindlich zu sein, sowie das Fehlverhalten der Anlageberatung der Banken verharmlost zu haben. Der Sache hat sich nun die Geschäftsprüfungskommission angenommen. Die FINMA wird ihr Red und Antwort stehen müssen.
Die Lehren aus der Lehman-Pleite
Ob sich damit die Rechtslage für die Lehman-Opfer verbessern wird, ist offen. Und das sind bei weitem nicht nur Kunden von CS und NAB, sondern auch von der UBS, der Bank Sarasin, der Schweizer Niederlassung der HSBC bis hin zu den Kantonalbanken von Bern, Luzern und Wallis. Die Lehren aus dem Lehman-Desaster sollte aber jedermann ziehen, und zwar langfristig, nämlich:
- Das Risiko seiner Anlagen trägt primär der Anleger selber. Was er nicht kennt oder begreift, soll er meiden.
- Vertrauen in die Bankberatung ist gut, Kontrolle aber noch besser. Deshalb lasse man sich Produkteinformation und Risikoaufklärung, insbesondere über strukturierte Produkte, schriftlich geben.
- Und nie zu vergessen vor jedem Anlageentscheid: Je höher die Rendite, umso höher auch das Risiko!
Nochmals zum UBS-Milliardendesaster
Wer war der Milliarden-Profiteur?
Mitte September war bekannt geworden, dass es bei der UBS London Spekulationsverluste in Höhe von 2,3 Milliarden US-Dollar abgesetzt hatte. Verantwortlich war ein Jung-Investmentbanker, der sämtliche Sicherungsvorkehren ausgetrickst und auf Millionenboni gehofft hatte. Der Vorfall hat zur sofortigen Demission von UBS-Konzernchef Oswald Grübel geführt.
Ein Leser schreibt mir dazu: „Wer ist denn bei diesem Milliardendesaster der grössere Gauner, derjenige, der das Geld in den Sand gesetzt hat, oder derjenige, der davon profitiert? Jemand muss ja der Gewinner gewesen sein. Hat er es wenigstens versteuern müssen? Wie kriminell verläuft eigentlich die Mechanik solcher Finanztransaktionen?“
Dieses Debakel von London wird derzeit minutiös untersucht, sowohl von den staatlichen Finanzmarktaufsichten Grossbritanniens und der Schweiz als auch von einem UBS-internen Spezialausschuss. Den Ergebnissen kann natürlich nicht vorgegriffen werden. Zur aufgeworfenen Finanztransaktionsmechanik aber immerhin dies: Mit Futures und Optionen kann man an der Börse sehr schnell viel Geld verdienen, aber auch verlieren.
Insbesondere bei Futures kommt eine Fehlanlage meistens einem Totalverlust gleich. Deshalb muss durch Absicherungsgeschäfte das Verlustrisiko gemindert werden. Diese Absicherung hat der Londoner UBS-Banker mit viel krimineller Manier offenbar nur vorgetäuscht, aber nicht ausgeführt.
Und noch ein Wort zu den Profiteuren: An der Börse erzielte Spekulationsgewinne unterliegen, jedenfalls in der Schweiz, der Ertrags- bzw. Einkommenssteuer, wenn sie berufsmässig erzielt werden. Das ist bei Banken der Fall und davon profitieren neben den Boni-Empfängern auch der Fiskus sowie die Aktionäre.
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