«In der Kürze liegt die Würze» - tatsächlich?
Von: Caba
In der Fachzeitschrift «Brain» wurde eine Studie von Forschern der Universität Göteburg über die gesundheitliche Entwicklung von Frauen publiziert, die aussagt, dass dauerhafter oder regelmässiger Stress bei Frauen zu Demenz führe. Die Tendenz wäre bei mir gegeben, doch hoffe ich trotzdem nicht, irgendwann einmal davon betroffen zu sein.
Wenn man jetzt noch davon ausgeht, dass bei der Umfrage der Jubiläumsausgabe des Eltermagazins «Fritz + Fränzi» bei der Frage, was der negativste Aspekt des Begriffs «Familie» sei, 40 % der Befragten Stress angegeben haben, muss befürchtet werden, dass es in ein paar Jahren einige Demenzkranke in den Reihen meiner Generation geben wird, oder die Familien aussterben werden.
Neben unserm Beruf, unserer Haus-, Erziehungs- und Sozialarbeit müssen wir uns ja auch mit der Politik beschäftigen, insbesondere während einer Legislaturperiode, wollen wir nicht zur schweigenden Mehrheit bei den Wahlen gehören. Doch das ist ja gerade der wunde Punkt: Nicht so sehr Desinteresse an der Politik, als vielmehr Überforderung ist der Grund, warum sich viele nicht oder zu wenig mit Wahlthemen beschäftigen. Denn: Überforderung bedeutet Stress.
Die Eidgenössischen National- und Ständerats-Wahlen stehen heute an, eine Menge Listen mit bekannten und fremden Namen kamen im Abstimmungscouvert von der Staatskanzlei des Wohnkantons ins Haus geflattert mit vorgeschlagenen Parteien, von denen viele noch nie gehört haben und beim Lesen derer Namen eher an „Die Meuterei auf der Bounty« denken als an eine Partei. Und was gewiss von der Bundeskanzlei gut gemeint war und dem mündigen Bürger bei der Wahl der Kandidaten und der Parteien helfen soll, gleicht wohl eher einem Rezept-Büchlein von Betty Bossi als einer effektiven Hilfestellung zu einem komplexen Thema in einem relativ unüberschaubaren Irrgarten.
Die beigelegte Broschüre der Bundeskanzlei, eine kleine Staats- und Wahlkunde für die Nationalwahlen 2011, ideenreich und kreativ, soll uns das Wählen schmackhaft machen. «In der Kürze liegt die Würze» , heisst es denn auch, präsentiert die Parteien mit Kulinarischem und Rezepten, witzigen Redewendungen, Assoziationen und Allegorien. Wäre wirklich ein gelungener Werbegag, wenn es nicht um wichtige Wahlen ginge. Weniger tauglich als Instrument für bedeutsame Entscheidungsprozesse, für die es mehr als nur bescheidene Grundkenntnisse über das politische System bedarf.
Die präsentierten Menüs «zur leichten Verdauung» sind in der politischen Realität alles andere wie leicht verdauliche Kost, genauso wenig wie die Fertigpizza auf Seite 23, die auf das «Panachieren« und Kumulieren» hinweist.
Wieder beim Stress: Es wird geraten, dass Frauen sowohl im Berufsleben als auch im familiären Bereich darauf achten sollen, sich nicht übermässig stressen zu lassen. Dadurch können sie unter Umständen dem Auftreten von Demenzerkrankungen im Alter vorbeugen. Ist es vielleicht deshalb, dass Frauen – zumindest jene zwischen neunzehn und neununzwanzig – weniger oder gar nicht wählen gehen?
Als pflichtbewusster Mensch werde ich ein «time-out» nehmen von den eingangs erwähnten Aufgaben und mich trotz Stressfaktor (auf Kosten meines wohlverdienten Schlafes) in das Rezeptbüchlein mit den hübsch illustrierten Menus hineinlesen und die Tipps von Florian Frey vom 18. Oktober auf der Homepage von SF DRS zu «Entscheidung 2011: So wird richtig gewählt» vertiefen, damit ich nicht zu denen gehöre, die das Privileg, wählen zu können, nicht wahrnehmen. Schliesslich möchte ich die Politik von Morgen in einem bestimmten Masse mitbestimmen. Sie geht auch mich etwas an.
Nicht immer liegt die Würze in der Kürze. Und nicht immer ist die Würze in der Kürze machbar. Manchmal wollen - und müssen - gute Dinge Weile haben.
PS. Für Frühleser und Kurzentschlossene: Die Wahlbüros sind heute Morgen noch geöffnet!
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