Faszination Universum - Eine kalte Supererde in unserer Nachbarschaft
Von: Markus Nielbock
Einer internationalen Gruppe von Astronomen unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) in Heidelberg ist es gelungen, beim nur sechs Lichtahre entfernten Barnards Stern einen Planeten nachzuweisen, der gut drei Mal so viel Masse wie die Erde aufweist und ähnlich kalt wie der Saturn ist. Die Entdeckung gelang über die Messung der periodischen Änderung der Radialgeschwindigkeit des Muttergestirns. Dabei spielte der Spektrograf CARMENES eine wichtige Rolle, der massgeblich vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) mit entwickelt wurde.
Der der Sonne nächstgelegene Einzelstern beherbergt einen Exoplaneten, der mindestens 3,2-mal so massereich ist wie die Erde – eine sogenannte Supererde. (Foto: eso/M. Kornmesser)
Barnards Stern ist mit einer Entfernung von etwa sechs Lichtjahren der uns am nächsten gelegene Einzelstern. Von der Erde aus gesehen bewegt er sich von allen Sternen am schnellsten über den Himmel. Schon seit langer Zeit hat man dort erfolglos nach Planeten gesucht.
Doch nun haben Astronomen aus den 771 Einzelmessungen, die sie im Laufe von zwanzig Jahren gesammelt haben, ein Signal entschlüsselt, das auf einen Planeten hindeutet, der ein Mal innerhalb von 233 Tagen in einem Abstand von 0,4 Astronomischen Einheiten (1 AE = 150 Mio km, mittlerer Abstand zwischen Sonne und Erde) um sein Muttergestirn umherläuft. Der Planet wurde auf den Namen Barnard's Star b getauft.
„Für die Analyse haben wir Messungen von sieben verschiedenen Instrumenten über zwanzig Jahre hinweg gesammelt. Dies ist damit einer der grössten und unfangreichsten Datensätze, der je für präzise Radialgeschwindigkeitsstudien erstellt wurde“, erklärt Ignasi Ribas vom Institut de Ciènces de l’Espai (ICE, CSIC), Spanien, und Erstautor der zugrundeliegenden Forschungsarbeit, die in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde.
Ein kalter, lebensfeindlicher Ort
Da Barnards Stern, ein roter Zwergstern, nur 4 ‰ der Strahlungsleistung der Sonne abgibt, erreicht den Planeten Barnard's Star b nur etwa 2 % der Intensität, die die Erde von der Sonne empfängt. Daraus folgern die Wissenschaftler, dass der Planet mit einer mittleren Temperatur von etwa -170°C wahrscheinlich eine lebensfeindliche, eisige Wüste ist, in der es kein flüssiges Wasser gibt. Mit einer Masse von mindestens 3,3 Erdmassen zählt er zur Klasse der Supererden, also solche Exoplaneten, die in der Massenskala zwischen der Erde und dem Neptun liegen.
Die Entdeckung basiert auf der Radialgeschwindigkeitsmethode. Hierbei registriert ein empfindlicher Spektrograf kleine periodische Verschiebungen der Spektrallinien im Spektrum eines Sterns aufgrund seiner Bewegung entlang der Sichtlinie, die von dem Planeten hervorgerufen wird. Daraus kann man die Masse des Planeten berechnen.
„Ist die Planetenbahn gegenüber der Sichtlinie geneigt, unterschätzen wir jedoch die Geschwindigkeitsänderung des Sterns und damit die Masse des Planeten. In den meisten Fällen kennen wir die Neigung nicht. Daher sind die 3,3 Erdmassen von Barnard's Star b nur ein Minimalwert. Allerdings stellen sie auch den wahrscheinlichsten Wert dar.“
Ein Ergebnis langjähriger, internationaler Zusammenarbeit
Schon in den bis 2015 gesammelten Daten gab es Hinweise auf einen Planeten. Hierzu hat der MPIA-Astronom Martin Kürster alleine 76 Datensätze des UVES-Spektrografen beigesteuert. Allerdings konnte die letzte Gewissheit nur mit zusätzlichen Messungen erlangt werden.
Daher schloss man sich zu einer internationalen Arbeitsgruppe genannt „Red Dots“ zusammen, um gemeinsam mit den weltbesten Spektrografen Carmenes und Harps-N rote Zwergsterne wie Barnards Stern genauer unter die Lupe zu nehmen. Präzise Spektrografen wie der ‚Planetenjäger‘ Carmenes ermöglichen es den Astronomen, immer kleinere Exoplaneten zu finden, die immer weiter von ihren Sternen entfernt ihre Bahn ziehen.
Martin Kürster kommentiert: „Bis in die Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war in beinahe allen professionellen und populären Astronomiebüchern zu lesen, dass zwei Jupiter-artige Planeten bei Barnards Stern gefunden worden seien. Dies stellte sich durch neuere Messungen, an denen ich zum Teil beteiligt war, als Irrtum heraus. Deswegen ist es jetzt umso faszinierender, dass wir mittlerweile in der Lage sind, diesen wesentlich masseärmeren Planeten nachzuweisen.“
Planetensysteme in der Nachbarschaft der Sonne
Bereits 2016 wurde beim sonnennächsten Stern Proxima Centauri ein Planet nachgewiesen. Mit Barnard's Star b kennen wir nun vier Planetensysteme in einem Abstand von bis zu zehn Lichtjahren vom Sonnensystem. Im Umkreis von fündzehn Lichtjahren sind es sogar vierzehn. Somit trägt die aktuelle Entdeckung zu der Erkenntnis bei, dass die Entstehung von Planeten offenbar ein sehr häufiges Phänomen im Kosmos darstellt.
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