Ich sehe aus wie ein silbriger Weihnachtsbaum. Die Coiffeuse nimmt die letzte Strähne, klatscht Bleichmittel drauf und wickelt sie in silbriges Folienpapier. Und nun ab unter die Haube!
Der Coiffeursalon ist ein wunderbarer Ort zum Abschalten, Nachdenken, Dösen, Quatschen. Ich tue alles zugleich, bei Camillo. Während ich unter der Haube sitze, bis das Haar die Farbe für meine Mèches angenommen hat, denke ich an einen Bekannten, der mit der Steuerbehörde auf Kriegsfuss steht.
Er bezweifelt die Religionsfreiheit dieses Landes. Nein, nicht wegen des Abstimmungsresultates der Minarettinitiative, die zwar die Religionsfreiheit nun noch mehr in Frage stellt. Er regt sich mächtig darüber auf, dass seine Konfession im Heimatschein bei einem Kantonswechsel ausschlaggebend sein soll für einen Kirchenbeitritt und er somit von Staat und Kirche oder dem Kirchenstaat verdammt wird, Kirchensteuer zu bezahlen. Er sagt, er sei im neuen Wohnkanton keiner Kirche beigetreten. Dennoch habe man ihn – ausgehend vom deponierten Heimatschein – als Kirchenzugehörigen registriert. Falls er keiner Kirche angehören wolle, müsse er aus der Kirche austreten. So ein Stumpfsinn, sagt er. Weshalb soll er aus der Kirche austreten, wenn er ihr gar nicht beigetreten ist? Er beharrt auf dem Recht des Prinzips.
Auf der Homepage der Reformierten Landeskirche steht, wer der Kirchgemeinde seines Wohnortes beitreten möchte, könne dies mit einer einfachen schriftlichen Mitteilung als persönlichen Brief tun oder das ausgefüllte Beitrittsformular schicken. Die Kirchgemeinde würde dann Kontakt mit ihm aufnehmen und den Eintritt vollziehen. Diese Handhabung bestätige den Eintritt. Das habe er aber nie getan, und trotzdem soll er Kirchensteuer bezahlen.
Auf der Homepage des Kanton Aargaus steht unter der Rubrik Kirchensteuer: Neben der Kirchenzugehörigkeit ist für die Unterstellung unter die Steuerhoheit einer aargauischen Kirchgemeinde erforderlich, dass die natürliche Person kraft persönlicher oder wirtschaftlicher Zugehörigkeit in der betreffenden Kirchgemeinde steuerpflichtig ist. Nix verstehen. Dieser Satz müsste ausgedeutscht werden für Leute wie mich, die mit solch verschachteltem Amtsdeutsch schlicht überfordert sind.
Camillo kommt und prüft eine Haarsträhne. Mit einem Wink gibt er der Gehilfin zu verstehen, dass es gut ist. Der Weihnachtsschmuck wird mir unter dem Spülbecken abgenommen; die Coiffeuse massiert meine Kopfhaut. Der warme Wasserstrahl auf meinem Kopf tut gut. «Ist es recht so»? fragt die Coiffeuse und meint damit die Temperatur des Wassers. Ich frage mich, wie oft sie diese Frage am Tag stellt, dann rätsle ich weiter in der Sache meines Bekannten.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass niemand in der Schweiz gezwungen werden könne, Kultussteuern für eine Kirche zu bezahlen, der er nicht angehört. Dies bedeute eine negative Religionsfreiheit. Sind Kirchensteuern Kultussteuern? Lebt mein Bekannter nun eine «negative Religionsfreiheit»? Und weil wir beim Thema sind: Leben die Muslime in der Schweiz nach der Annahme des Minarettverbotes nun auch «negative Religionsfreiheit», wenn auch in einem differenzierten Sinne?
Ich werfe meine Haarpracht zurück mit den blonden Strähnchen und habe – nicht etwa wegen des Blonds – aufgehört, darüber nachzudenken.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»
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