«I chum nid druss» - eisige Zeiten und Fragezeichen
Von: Caba
Es scheint eine eisige Zeit auf uns zuzukommen. Schon fegt ein eisiger Wind durchs Land und eine winterliche Kälte zwingt uns, immerhin etwas besänftigt vom Marroniduft und dem Duft gebrannter Mandeln, uns einzupacken wie Inuits.
Europa drohe der kälteste Winter seit tausend Jahren, raunt es durch den Äther. Weil der Golfstrom deutlich weniger warmes Wasser durch den Atlantik pumpe, erwarten russische Meteorologen eine neue Rekordkälte. Quält man sich durch die verschiedenen Öko-Foren und Klimasites nach qualifizierten und verlässlichen Prognosen, stösst man auf Prophezeiungen einer kommenden Eiszeit. Man soll sich Vorräte und Teelichter als Notheizung für diesen Winter zulegen, wird mancherorts geraten. Erderwärmung?
Nicht nur das Wetter verspricht eisiger zu werden, auch auf dem Politparkett geht es eisig zu, man denke nur an die Ausschaffungsinitiative. Umso näher der Abstimmungstag heranrückt, umso eisiger wird die Luft um das Thema und die Kampagnen der Initianten und der Gegner laufen auf Hochtouren.
Ich weiss nicht, was ich von der Initiative, auch nicht vom Gegenvorschlag des Parlaments, aber auch nicht so recht von den Argumenten der Gegner halten soll. Seitens der Initianten und der Befürworter der Initiative wird mit Fällen aus der Vergangenheit, bei denen von kriminellen Ausländern begangene Verbrechen wie Vergewaltigung, Rasertote und Schlägertote suggeriert, dass diese nach dem geltenden Gesetz trotz der schweren Vergehen in der Schweiz bleiben dürften, und von der gegnerischen Seite die schlimmsten Szenarien heraufbeschwört, bei welchen die Schweiz den Status als Rechtsstaat verlieren würde, sollte die Initiative der SVP angenommen werden. Diese würde ganz klar gegen das Völkerrecht verstossen.
Sie würde ja auch gegen die Bundesverfassung verstossen; es sei denn, man streiche Artikel 8, Abs. 1, worin festgehalten wird, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Oder man müsste den Textlaut in Absatz 1 und 2 entsprechend ändern. Bei all den polarisierenden Gesprächen und Texten, die mir an die Ohren und unter die Augen kommen, kommt mir als resignierende Reaktion eine typische Schweizer Fragestellung in den Sinn: Chunsch druss? – denn: I chum nid druss!
Ich bestehe nur noch aus Fragezeichen, einige darunter sind: Die Initiative kollidiere mit dem internationalen Recht», (warum konkret?) die Initiative berge kein Rekursrecht, damit wäre die Schweiz kein Rechtsstaat mehr (warum? Und ist sie es denn überhaupt noch?), das dreimal Nein des grünen Komités, das gegen die Initiative, aber auch gegen den Gegenvorschlag ist und verlauten liess, dass keine Sonderjustiz eingeführt werden dürfe, (weshalb Sonderjustiz? Existiert in den Lebensrealitäten nur schwarz und weiss?) der Gesetzestext in der Bundesverfassung, Art. 11, Abs. 2: Ausländerinnen und Ausländer können aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn sie die Sicherheit des Landes gefährden...» (das Modalverb «können» öffnet einen grossen Spielraum und wann/wie genau besteht eine Bedrohung für die Sicherheit des Landes?) und der im Gegenvorschlag zu ergänzende Artikel: Beim Entscheid über die Aus- und Wegweisung sowie den Entzug des Aufenthaltsrechts sind die Grundrechte und die Grundprinzipien der Bundesverfassung und des Völkerrechts, insbesondere der Verhältnismässigkeit zu beachten (Zu beachten oder zu wahren?
Wie werden Grundrechte und Grundprinzipien definiert und Verhältnismässigkeit beurteilt?), das Fragezeichen darüber, warum die Initianten in ihrer Initiative nicht auch Wirtschaftsdelikte in ihren Katalog aufgenommen haben, das Rätseln darüber, was konkret «qualifizierter Raub» und «qualifizierter Menschenhandel» heisst (einige der Gründe des Gegenvorschlags, warum Ausländer ihr Aufenthaltsrecht verlieren könnten) usw., usw....
Von Media Markt kennt man den berühmten Slogan: «Ich bin doch nicht blöd». Ich würde ihn ja liebend gerne an dieser Stelle zitieren und ihn an alle parteilichen und nichtparteilichen Einheiten - egal aus welcher Ecke - die uns dies und jenes suggerieren wollen, richten, getrau mich aber doch nicht...
...weil ich vielleicht wirklich blöd bin.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»