Gutes Baujahr 2023 – unsichere Baukonjunktur 2024
Von: mm/f24.ch
Nominell erwirtschaftete das Bauhauptgewerbe 2023 einen Umsatz von 23.4 Milliarden Franken. Preisbereinigt fiel die Bautätigkeit aber um 0.9 Prozent. Der Wohnungsbau und der private Tiefbau trugen positiv zum Ergebnis bei, die Sparten Wirtschaftsbau sowie der öffentliche Hoch- und Tiefbau waren hingegen rückläufig. Es besteht schweizweit grosser Nachholbedarf bei Wohnraum und Infrastruktur. Die Unsicherheit über den Baukonjunkturverlauf 2024 ist aufgrund erhöhten Zinsen, gestiegenen Baukosten gross.
Wohnungsbau wird teurer
Der Umsatz stieg in der Sparte Wohnungsbau und dem damit eng verbundenen privaten Tiefbau. Dies ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer gestiegenen Anzahl neuer Wohnungen. Vielmehr hängt das Umsatzplus mit Renovationen und energetischen Sanierungen und weniger mit Neubauten zusammen.
Ferner wird im Vergleich zur Vergangenheit vermehrt in bereits besiedeltem Gebiet gebaut, wodurch die Kosten steigen. Tatsächlich haben sich die Kosten für die Errichtung einer Wohnung in den letzten Jahren deutlich erhöht. Nicht nur werden weniger Baugesuche gestellt, es wird sogar ein noch kleinerer Anteil der Wohnbauprojekte bewilligt als früher. Daher ist im Wohnungsbau 2024 keine Zunahme zu erwarten.
Die internationale Konjunktur und die Schweizer Konjunktur schwächelten im letzten Jahr gleichermassen, 2024 dürfte das Wachstum ebenfalls gering ausfallen. Diese Aussichten belasten die Bautätigkeit in der Sparte Wirtschaftsbau (-10 Prozent Umsatz im 2023).
Der Leitzins beträgt in der Schweiz 1.75 Prozent. Der Zyklus von Zinsanstiegen dürfte abgeschlossen sein. Manche Prognosen gehen davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank die Zinsen 2024 auf bis zu 1.00 Prozent senken könnte. Jegliche Senkung würde die Bautätigkeit stimulieren, aber die Inflation und der Franken-Wechselkurs sind derzeit volatil, weshalb ein solcher Zinsschritt nicht garantiert ist.
Nach einem sehr guten Jahr 2022 sind Bautätigkeit und Neuaufträge von der öffentlichen Hand im letzten Jahr gesunken. Da die Anzahl der öffentlichen Ausschreibungen sowie das Volumen der öffentlichen Zuschläge in den letzten Monaten zugenommen hat, kann 2024 auf mehr Aufträge gehofft werden.
Indes wird die öffentliche Hand mancherorts kaum Bauaufträge vergeben, da die Haushaltslage beim Bund, verschiedenen Kantonen und vielen Gemeinden angespannt ist.
Grosser Bedarf an Wohnraum und Infrastruktur
Angesichts der steigenden Bevölkerung und Mobilität ist der Bedarf an Bauinvestitionen in Wohnungen, öffentliche Gebäude sowie Infrastruktur hoch. Erhöhte Baukosten sowie Zinsen, teure und langsame Baubewilligungsprozesse sowie angespannte private und öffentliche Budgets lasst die Bauwirtschaft jedoch daran zweifeln, dass die Bautätigkeit 2024 an Fahrt aufnehmen wird. Der Bauindex prognostiziert für 2024 einen Umsatz von 23.2 Milliarden Franken, also 1.1 Prozent weniger als im Vorjahr.
Mittelfristig ist es aus Sicht der Bauwirtschaft wichtig, dass die Massnahmen des Bundes gegen den Wohnungsmangel bald umgesetzt werden. Mehr Markt und mehr Bautätigkeit seien die Schlüssel zur Entschärfung der Lage, nicht staatliche Interventionen.
Gleichermassen bedeutsam sei die Volksabstimmung über den Ausbau der Nationalstrassen (STEP), die wohl im November 2024 stattfindet. Hier müssen sich aus Sicht der Bauwirtschaft alle Organisationen, Unternehmen und Arbeitnehmende für ein Ja an der Urne sowie für eine prosperierende Zukunft einsetzen.
Hohe Beschäftigung
Der Arbeitsmarkt hat sich gut gehalten. 2023 lag die Arbeitslosenquote im Bauhauptgewerbe mit 3.4 Prozent nur minimal höher als im Vorjahr. In beiden Jahren waren 89‘000 Personen im Jahresschnitt beschäftigt. Damit kann die Beschäftigungslage angesichts der real leicht rückläufigen Bautätigkeit als überraschend gut bezeichnet werden.
Denkbar ist, dass die Baufirmen ihre Angestellten aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels trotz Konjunkturschwankungen im Betrieb halten wollen.
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