Vorsicht bei Typentests
Von: Hans-Christoph Keller
Typentests sind beliebt, aber nicht aussagekräftig: Unter anderem kommen bei der Personalauswahl Persönlichkeitstests verstärkt zum Einsatz. Wie Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der Freien Universität Berlin und der Universität Ulm in einer Veröffentlichung in der renommierten Fachzeitschrift Nature Human Behaviour zeigen konnten, sind diese Tests jedoch nur so zuverlässig wie ein Münzwurf. Sie eignen sich also nicht, Klarheit in Hinblick auf die Persönlichkeit eines Menschen zu gewinnen und sind als Hilfsmittel wenig brauchbar.
Persönlichkeit ist keine Schublade, sondern ein Kontinuum
Seit Anbeginn der psychologischen Forschung sei der Typenansatz ein beliebtes Modell, sagt Prof. Dr. Matthias Ziegler und Co-Autor der Studie. Nun würden Typentests in den vergangenen Jahren insbesondere in nichtwissenschaftlichen Bereichen verstärkt dazu verwendet, Menschen Gruppen zuzuordnen.
„Typisierungen mit vier Buchstaben, Farben oder Symbolen helfen hier vermeintlich, schnell verschiedene Menschen voneinander zu unterscheiden“, so der Psychologe.
Das Problem: Diese Tests sind nicht zuverlässig und werden in der Wissenschaft von jeher kritisch gesehen – unter anderem deshalb, da es in der wissenschaftlichen Psychologie einen breiten Konsens gibt, dass man Persönlichkeitseigenschaften eher als Dimensionen und nicht als Schubladen verstehen sollte. „Persönlichkeit ist ein Kontinuum, etwas lückenlos Zusammenhängendes“, sagt Matthias Ziegler.
Typisierung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht korrekt
Die Autoren einer im September 2018 ebenfalls im Nature Human Behaviour publizierten Studie, die auf der Auswertung der Daten von mehr als 1,5 Millionen Personen basiert, waren überzeugt, mittels moderner Algorithmen vier stabile Persönlichkeitstypen nachgewiesen zu haben.
Prof. Dr. Ziegler und seine Kollegen werteten den Datensatz nun ein zweites Mal aus und kamen zu einem anderen Ergebnis. „Wir haben speziell darauf geachtet, ob jede Person einem der vier Persönlichkeitstypen zugeordnet werden kann, und falls ja, wie sicher diese Zuordnung ist.“
Ziegler und seine Mitstreiter konnten hierbei zeigen, dass lediglich 42 Prozent der Personen einem der vier Typen zugeordnet werden konnten. „Die Sicherheit dieser Zuordnung war ungefähr so wahrscheinlich wie der Ausgang eines Münzwurfs. Somit zeigt unser Kommentar, dass sich sogenannte Persönlichkeitstypen selbst mit modernsten Methoden und riesigen Datensätzen nicht sicher bei einzelnen Personen nachweisen lassen“, sagt der Psychologe. Bei wichtigen Entscheidungen – etwa im Bereich Human Ressources – sei es daher nicht empfehlenswert, auf Typentests zu bauen. „Die Typisierung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht korrekt.“
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