Preisüberwacher kritisiert Schweizer Internetgebühren
Von: mm/f24.ch
Der Zugang zum Internet wird weithin als Grundvoraussetzung für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung eines Landes betrachtet. Das Internet ist in der Schweiz gut etabliert. 2010 verfügten 85 % der Haushalte über einen eigenen Internetanschluss. Dennoch ist die Situation in der Schweiz nicht ideal, beklagen sich doch viele Konsumentinnen und Konsumenten über die Kosten für den Internetzugang, wobei sie insbesondere auf die Angebote in den Nachbarländern verweisen.
Die Angebote für den privaten Internetzugang in der Schweiz sind teuer. In der Standardkategorie kostet das günstigste Schweizer Angebot 83 Prozent mehr als der Durchschnitt der günstigsten Angebote der Nachbarländer. Dies verdeutlicht eine Studie der Preisüberwachung, in der die Angebotspreise der drei grössten Internetbetreiberinnen in der Schweiz und in den Nachbarländern erfasst und analysiert wurden. Die Analyse zeigte auch bestimmte Charakteristiken dieser Länder auf, die diese Preisdifferenzen teilweise erklären. Ausgehend von den Ergebnissen der Untersuchung empfiehlt der Preisüberwacher eine rasche Revision des Fernmeldegesetzes.
Bei der Preisüberwachung gehen regelmässig Beschwerden von Konsumentinnen und Konsumenten über die Preise für den Internetzugang ein, wobei häufig auf die Angebote in den Nachbarländern verwiesen wird. Daher hat die Preisüberwachung die Preise der drei grössten Anbieterinnen für den privaten Internetzugang in der Schweiz und in ihren Nachbarländern erfasst und analysiert. Sie hat auch bestimmte Charakteristiken dieser Länder untersucht, die diese Preisdifferenzen teilweise erklären.
Obwohl sich diese Analyse auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt (März bis April 2011), liefert sie doch klare Anhaltspunkte zum Schweizer Markt und erlaubt, diverse Empfehlungen abzugeben. Im Folgenden ein Überblick über die Ergebnisse:
Die Schweizer Angebote sind im Vergleich zu jenen der Nachbarländer im Allgemeinen teuer.
In der Standardkategorie mit Download-Geschwindigkeiten zwischen 5 Mbit/s und 8 Mbit/s kostet das günstigste von der Studie erfasste Schweizer Angebot 83 Prozent mehr als der Durchschnitt der günstigsten Angebote in den Nachbarländern. Sunrise bietet die günstigste Standardlösung in der Schweiz (Sunrise click&call 5000+ zu CHF 55 ohne MWST). Das günstigste Angebot in Österreich kostet im Vergleich CHF 21 ohne lokale MWST, in Deutschland CHF 27, in Italien CHF 31 und in Frankreich CHF 40.
Zudem besteht ein sehr grosser Unterschied zwischen den Bandbreiten, die von den historischen Betreiberinnen zum gleichen Preis angeboten werden. In der Schweiz bietet Swisscom für rund CHF 55 (ohne MWST) 1 Mbit/s. Für rund CHF 50 bieten die historischen Betreiberinnen in den Nachbarländern zwischen 20 Mbit/s und maximal 100 Mbit/s. Für diesen Preis bieten upc cablecom und Sunrise in der Schweiz Mbit/s (in den entbündelten Gebieten).
Die Preisunterschiede zwischen der Schweiz und den Nachbarländern sind besonders frappant bei der DSL-Technologie.
Hier verfügte Swisscom 2010 über einen Marktanteil von drei Vierteln in der Schweiz. Das Standardangebot von Swisscom (zu CHF 69 ohne MWST) kostet dabei 78 Prozent mehr als der Durchschnitt der vergleichbaren Angebote der historischen Betreiberinnen der Nachbarländer (CHF 39 ohne MWST).
Die Preisdifferenzen zwischen den Kabelanbieterinnen upc cablecom in der Schweiz und UPC in Österreich sind dagegen weniger gross als die Unterschiede zwischen den Schweizer und den ausländischen DSL-Betreiberinnen. Ausserdem umfassen im Gegensatz zu UPC in Österreich die Angebote von upc cablecom in der Schweiz auch noch das Abonnement für den analogen Fernsehanschluss, was ein Grund für den Preisunterschied sein kann.
In der Schweiz besteht ein grosser Preisunterschied zwischen den Angeboten der historischen Betreiberin (Swisscom) und jenen der Mitbewerberinnen (Sunrise im entbündelten Bereich und upc cablecom).
So ist das Standardangebot von 5 Mbit/s von Swisscom rund 25 Prozent teurer als das entbündelte Angebot von Sunrise oder das Angebot von upc cablecom. Da die entbündelten Angebote und jene der Kabelnetzbetreiberinnen vor allem in den dicht besiedelten Gebieten wie den Städten verfügbar sind, erhalten die Städterinnen und Städter in der Regel die besten Angebote.
Die Regionen, die über keine Kabelnetzbetreiberinnen oder entbündelten Angebote verfügen, zahlen somit deutlich mehr für ihren Internetzugang. Dies verdeutlicht die positiven Auswirkungen des Wettbewerbs zwischen den Infrastrukturen und der Entbünde-lung. Hier besteht immer noch ein Rückstand der Schweiz.
Die Europäische Union hat die Entbündelungspflicht am 18. Dezember 2000 eingeführt, während sie in der Schweiz erst mit dem Inkrafttreten der Revision des Fernmeldegesetzes am 1. April 2007 eingeführt wurde, also über sechs Jahre später.
2009 betrugen die monatlichen Durchschnittskosten einer entbündelten Leitung in der Schweiz EUR 13.10, was deutlich über dem europäischen Durchschnitt von EUR 9.75 und über dem Durchschnitt der Nachbarländer lag.
Ferner gilt es zu erwähnen, dass der Marktanteil von Swisscom hoch ist und weiter wächst – trotz ihrer höheren Preise.
2010 stellte Swisscom für die Nutzerinnen und Nutzer direkt 53,5 Prozent der Breitbandzugänge über das Festnetz bereit. Ausserdem verliert die Kabelnetztechnologie in der Schweiz stetig an Boden: 2003 waren die Anteile von Koaxialkabel und DSL noch praktisch gleich gross, während 2010 der Anteil der bereitgestellten Breitbandzugänge über Kabelmodem nur noch bei 28 Prozent lag.
Empfehlungen
Ausgehend von diesen Ergebnissen empfiehlt der Preisüberwacher eine rasche Revision des Fernmeldegesetzes (FMG), um den Wettbewerb anzuregen und die Preise zu senken. Der Preisüberwacher schlägt insbesondere vor:
- den Wettbewerb auf dem Netz der marktbeherrschenden Betreiberin zu intensivieren, indem der Grundsatz der Nichtdiskriminierung beim Zugang zu den regulierten Produkten durch die Anpassung der Berechnungsmethoden der regulierten Preise, durch die Ausweitung des Handlungsspielraums der Aufsichtsbehörde (ComCom) und durch den Übergang zu einer sogenannten Ex-officio-Regulierung gestärkt wird.
- den Konkurrenzkampf zwischen den Mitbewerbern anzukurbeln, damit die gesamte Schweizer Bevölkerung davon profitiert. Erreicht werden soll dies durch eine Ausweitung der Regulierung des schnellen Bistromzugangs (Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b FMG) in zeitlicher wie auch in räumlicher Hinsicht, durch die Gewährleistung der technologischen Neutralität der Regulierung, um im Falle neuerlicher Wettbewerbsprobleme bei den neuen Technologien rasch reagieren zu können, sowie durch die Eröffnung der Debatte über die Grundversorgung.
- die Transparenz sowie die Modalitäten bei der Vertragskündigung im Fernmeldebereich zu verbessern.
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