Diskriminierung bei Stellenbörsen
Von: mm/f24.ch
Mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) haben Forschende eine gross angelegte Untersuchung zur Diskriminierung auf einer Online-Stellenbörse durchgeführt. Sie konnten belegen, dass je nach Beruf Frauen und Männer benachteiligt werden und dass Diskriminierung von Ausländer*innen unter anderem von der Tageszeit abhängt.
Diskriminierung bei der Personalrekrutierung ist ein grosses gesellschaftliches Problem. Anhand der Analyse umfangreicher Daten einer Online-Stellenbörse können Forschende heute herausfinden, warum und wie stark die Herkunft oder das Geschlecht die Chancen auf eine Anstellung beeinflussen. Dies zeigt eine Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift Nature publiziert wurde.
Daniel Kopp und Michael Siegenthaler, Wirtschaftswissenschaftler der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, haben in Zusammenarbeit mit Politikwissenschaftler Dominik Hangartner nicht nur analysiert, welche Personen für ein Bewerbungsgespräch eingeladen wurden, sondern auch, wie die Auswahl erfolgte.
Am Abend wirken Stereotypen stärker
Die Forscher zeigten, dass Ausländerinnen und Ausländer im Durchschnitt 6,5 Prozent weniger häufig von Rekrutierenden zwecks Einladung zu einem Bewerbungsgespräch kontaktiert wurden als Schweizerinnen und Schweizer. "Besonders ausgeprägt war diese Benachteiligung bei Migrantinnen und Migranten aus dem Balkan, aus Afrika sowie dem Nahen Osten und Asien, welche besonders oft mit Vorurteilen zu kämpfen haben", stellt Daniel Kopp fest.
Das Forschungsteam fand zudem heraus, dass die ausländische Herkunft der Stellensuchenden gegen Mittag und gegen Abend – wenn die Rekrutierenden die Lebensläufe schneller durchgehen – einen stärkeren negativen Einfluss hat. "Dieses Muster stützt die These, dass auch unbewusste Diskriminierung eine gewisse Rolle spielt", erklärt Daniel Kopp.
Eine generelle geschlechtsspezifische Diskriminierung kann die Studie dagegen nicht ausmachen. Hinter diesem allgemeinen Ergebnis verbirgt sich jedoch eine heterogene Situation: Frauen werden vor allem in typischen Männerberufen diskriminiert (7 Prozent tiefere Wahrscheinlichkeit kontaktiert zu werden) und Männer in weiblich dominierten Berufen (13 Prozent tiefere Wahrscheinlichkeit). Für Daniel Kopp zeigen diese Zahlen, dass gewisse Rekrutierende Mühe haben, sich von einem veralteten Rollenverständnis zu lösen.
Drei Millionen tatsächliche Fälle
Zur Berechnung der Arbeitsmarktdiskriminierung haben die Forschenden innerhalb von knapp zehn Monaten über drei Millionen Entscheide der Rekrutierenden analysiert. Sie arbeiteten dabei nicht mit der häufig angewendeten und umstrittenen Methode, bei der fiktive Lebensläufe verschickt werden.
Die Ergebnisse der neuen Studie sind nicht unbedingt für alle Stellensuchenden in der Schweiz repräsentativ – so sind zum Beispiel Führungspersonen untervertreten. Dennoch lassen sich Empfehlungen für mehr Chancengleichheit auf Online-Stellenbörsenformulieren. Dabei könnten Erfahrung und Kompetenzen gegenüber Charakteristika wie Herkunft oder Geschlecht, die für die Arbeitsleistung irrelevant sind, stärker gewichtet werden.
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