Internationales Roaming ist teuer
Von: Olga Voiteshenko
Wenn das Schweizer Handy im Ausland genutzt wird, scheinen die Kosten hoch zu sein, insbesondere seit die Europäische Union (EU) 2007 Maximalpreise für Roaming eingeführt hat. Trotz der hohen Schweizer Preise wird die Mobilfunkkommunikation beim Aufenthalt im Ausland immer intensiver genutzt. Aktuelle Bestimmungen im Konsumentenschutz helfen, unerwartet hohe Rechnungen zu vermeiden.
Internationales Roaming ermöglicht den Kundinnen und Kunden, auch im Ausland unter der eigenen Mobilfunknummer erreichbar zu sein. Die Roamingdienste werden ausschliesslich als Bestandteil eines nationalen Angebotes vermarktet. Die Endkundenpreise für internationale Roaming-Dienste sind abhängig von den angebotenen Abonnementen sowie den Roaming-Preisoptionen, welche die Mobilfunkfirmen im jeweiligen Heimatland auf den Markt bringen. Eine eigentliche Wahlmöglichkeit besteht daher nicht.
Bei der Festsetzung der Preise berücksichtigt der heimische Anbieter die Gebühren, die er dem jeweiligen Anbieter im Ausland für die Durchstellung der Anrufe, Übergabe von SMS und Abwicklung von Datendiensten bezahlen muss (Vorleistungsgebühren). Hohe Vorleistungsgebühren sind oft ein Hauptgrund dafür, dass die Mobilfunkkommunikation im Ausland teuer ist. In einem nicht perfekt funktionierenden Markt besteht zudem die Problematik, dass Mobilfunkanbieter die Kostenvorteile - die sie auf der Vorleistungsstufe (Markt zwischen den Anbietern) erhalten - nicht immer an die Kundschaft weitergeben.
Das Schweizer Preisniveau im internationalen Vergleich
Bei Mobilfunkkommunikation schneidet die Schweiz in europäischen Vergleichen als teures Land ab. Die internationalen Roaming-Dienste, die im EU-Raum im Gegensatz zur Schweiz der Preisregulierung unterliegen, stellen keine Ausnahme dar: So liegt der Preis für eine initiierte Gesprächsminute je nach Telecomanbieter und Aufenthaltsland bis zu vier Mal über dem Eurotarif (regulierte Preisobergrenze im EU/EWR-Raum). Eine spezielle Preisoption hilft, die Kosten für Kommunikation im Ausland in wesentlichem Umfang reduzieren zu können. Sie ist allerdings für gelegentliche Nutzerinnen und Nutzer häufig eher ungeeignet.
Der Schweizer Durchschnittspreis für Anrufe im EU/EWR-Raum lag im zweiten Quartal 2010 bei ausgehenden Anrufen um 77% und bei eingehenden Anrufen um 98% über dem Durchschnitt der 29 verglichenen Länder. Für den Versand einer SMS im Ausland hat die Schweizer Kundschaft im gleichen Zeitraum durchschnittlich 165% mehr als die anderen europäischen Mobilfunknutzenden bezahlt.
Im Gegensatz zu Sprach- und SMS-Roaming ist Datenroaming im EU/EWR-Raum auf dem Endkundenmarkt nicht reguliert. Das schweizerische Preisniveau für Datenroaming liegt für Kundinnen und Kunden mit Abonnementen um rund 23% über dem Durchschnitt der EU/EWR-Länder.
Diese Daten stammen vom Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK, engl. BEREC). Es veröffentlicht regelmässig statistische Daten zum internationalen Roaming. Der aktuellste Bericht "Benchmark Data Report" beleuchtet die Marktentwicklung im Zeitraum vom 1. und 2. Quartal 2010.
Betrachtet man das Preisniveau für internationales Sprachroaming im gesamten OECD-Raum, schneidet die Schweiz gut ab und befindet sich im ersten (billigeren) Drittel der Klassifizierung.
Marktentwicklung in der Schweiz
Systematische Erhebungen zu statistischen Daten im Bereich des internationalen Roamings werden in der Schweiz seit Ende 2008 durchgeführt. Ein Mehrjahresvergleich ist demzufolge noch nicht möglich. Im Jahr 2009 wurden Roaminggespräche mit einer Gesamtlänge von rund 333 Millionen Minuten für ausgehende und rund 215 Millionen Minuten für eingehende Anrufe getätigt. Zudem wurden rund 210 Millionen SMS verschickt und Datenmengen im Umfang von rund 27 Millionen Megabytes (MB) übertragen bzw. heruntergeladen.
Die Entwicklung der Roaming-Volumen, welche quartalsweise erfasst wird, ist stark durch saisonale Effekte geprägt. Allgemein zeichnet sich eine klar steigende Tendenz in der Nutzungsintensität der Roamingdienste ab. Der Vergleich der erhobenen statistischen Werte der ersten und zweiten Quartale 2009 mit den entsprechenden im Jahr 2010 zeigt, dass der Zuwachs der Gesprächsminutenvolumen relativ gering war (3-5%). Für SMS belaufen sich die Zuwachsraten auf 7-13%.
Das Marktsegment für Mobilfunkdatendienste boomt gegenwärtig nicht nur innerhalb der nationalen Grenzen, sondern auch beim Aufenthalt im Ausland. Die Volumina der übertragenen bzw. heruntergeladenen Datenmengen sind in den ersten beiden Quartalen 2010 im Vergleich zu den jeweiligen Quartalen im Vorjahr um ca. 53-61% gestiegen.
Konsumentenschutz
Die Schweizer Politik hat sich bislang gegen Regulierungsmassnahmen im Bereich der Roamingpreise ausgesprochen. Dies auch, weil eine rein nationale Regulierung der Endkundenpreise nur eine sehr begrenzte Wirkung entfalten und zu Ungerechtigkeiten für die nationalen Telecomfirmen führen könnte. Ohne bilateralen Vertrag mit der EU kann die Schweizer Regulierungsbehörde die Vorleistungspreise ausländischer Anbieter - welche die Endkundenpreise in der Schweiz mitbestimmen - nicht beeinflussen. Hingegen wurden Massnahmen zur Erhöhung der Transparenz für die Kundschaft eingeführt, welche es der Schweizer Kundschaft erleichtern sollen, Mobilfunkdienste im Ausland im vollen Bewusstsein über die finanziellen Folgen nutzen und unerwartet hohe Rechnungen vermeiden zu können.
Seit 2010 müssen die Mobilfunkbetreiber bei Abschluss eines Abonnementvertrags oder beim Kauf einer vorausbezahlten SIM-Karte darauf hinweisen, wie und wo die aktuellen Preise oder Optionen für Preisreduktionen abgefragt werden können. Die Mobilfunkanbieter sind zudem verpflichtet, ihre Kundinnen und Kunden unmittelbar nach deren Einbuchung in ein fremdes Fernmeldenetz unentgeltlich über die maximalen Kosten (inkl. Mehrwertsteuer) für Anrufe in die Schweiz, ankommende Anrufe, Anrufe vor Ort, das Versenden von SMS-Nachrichten oder für die Übertragung von Daten (Kosten pro Masseinheit) zu informieren. Dabei muss es möglich sein, den Erhalt von automatischen Nachrichten zu jeder Zeit und ohne Entgelt deaktivieren bzw. reaktivieren zu können. Über diese Möglichkeit müssen die Telecomfirmen beim Abschluss eines Vertrages sowie zumindest einmal jährlich informieren.
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