Bundesrat kontra Kriegsgeschäfte-Initiative
Von: mm/f24.ch
Der Bundesrat hat am 14. Juni 2019 die Botschaft zur Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» (Kriegsgeschäfte-Initiative) verabschiedet. Er empfiehlt die Initiative zur Ablehnung. Der von der Initiative verfolgte Ansatz sowie die vorgesehenen Massnahmen werden vom Bundesrat als nicht zielführend beurteilt
Die am 21. Juni 2018 mit 104'612 gültigen Unterschriften eingereicht Kriegsgeschäfte-Initiative will die Finanzierung von Kriegsmaterialherstellern weltweit verbieten. Deshalb sieht sie vor, dass der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Stiftungen sowie den Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge die Finanzierung von Unternehmen untersagt wird, die mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erwirtschaften. Ausserdem soll sich der Bund auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzen, dass für Banken und Versicherungen gleiche Bedingungen gelten.
Der Bundesrat habe zwar Verständnis für die Absicht der Initiantinnen und Initianten, zu einer friedlicheren Welt beizutragen. Die Schweiz engagierte sich jedoch bereits heute in vielerlei Hinsicht dafür. Zudem existiere schon ein Finanzierungsverbot für atomare, biologische und chemische Waffen sowie für Streumunition und Anti-Personenminen.
Wirkungslose Initiative
Ein weltweites Finanzierungsverbot für Investitionen in die Rüstungsindustrie sei nicht realistisch. Weder im Rahmen der Vereinten Nationen noch in anderen internationalen Gremien bestehe der Wille für ein derartiges Vorhaben. Ein Finanzierungsverbot in der Schweiz würde mangels Einfluss auf die globale Nachfrage nach Kriegsmaterial und das weltweite Angebot an solchem keine Wirkung erzielen.
Mit Annahme der Initiative müssten nach Meinung der Landesregierung die SNB, Stiftungen, Pensionskassen und die AHV/IV/EO u.a. sicherstellen, dass sie das von ihnen verwaltete Vermögen nicht in Fonds investieren, die Beteiligungen an Unternehmen enthalten (oder abbilden), welche jährlich mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erwirtschaften. Letztlich soll dies auch für Banken und Versicherungen gelten.
Da ein globales Anlageportfolio Anteile von mehreren tausend Unternehmen enthalten kann, könne das Finanzierungsverbot kaum mit vernünftigen Mitteln umgesetzt werden. Entweder müssten die betroffenen Akteure ihre Investitionen auf spezifische Firmen beschränken, bei welchen die Herstellung von Kriegsmaterial ausgeschlossen werden kann, oder jedes Jahr Tausende von Unternehmen auf deren Umsatz mit Kriegsmaterial überprüfen. Ersteres hätte wegen der ungenügenden Streuung ein stark erhöhtes Anlagerisiko zur Folge (Klumpen-Risiko), letzteres wäre mit einem stark erhöhten Verwaltungsaufwand und damit hohen Kosten verbunden.
Schädliche Initiative
Die berufliche und staatliche Vorsorge, die mit Blick auf die Demographie und das Zinsniveau vor grossen Herausforderungen stehe, würde dadurch noch mehr belastet. Betroffen wären insbesondere die rund 1'700 Schweizer Pensionskassen, die Anlagevermögen von etwa 820 Milliarden Franken verwalten, sowie das Anlagevermögen der AHV/IV/EO von rund 34 Milliarden Franken. Bei den Banken, Versicherungen, Stiftungen und Pensionskassen stelle das Finanzierungsverbot darüber hinaus einen starken Eingriff in die verwalteten Privatvermögen dar, da den Akteuren international gängige Anlagemöglichkeiten für ihr Vermögen verwehrt blieben.
Diese Einschränkung von Banken v.a. im Bereich der Vermögensverwaltung und der Kreditvergabe sei unverhältnismässig und würde nicht nur den Schweizer Finanzplatz, sondern auch den Industriestandort Schweiz schwächen. Vor allem den hiesigen KMU der MEM-Industrie würde der Zugang zu Krediten erschwert, wenn sie Teil einer Zulieferkette für Rüstungsbetriebe im In- oder Ausland seien. Die MEM-Industrie beschäftigeinsgesamt ca. 320‘000 Angestellte und umfasse rund 13‘423 Betriebe, davon 13‘218 Mikrounternehmen und KMU (was 98 % der Unternehmen in der Branche entspricht). Sie erwirtschaftet 7,3 Prozent (2017) des Bruttoinlandproduktes.
Die Initiative stelle auch die Unabhängigkeit der SNB in Frage, weil sie deren marktschonende und marktneutrale Investitionspolitik verunmögliche. Sie würde darüber hinaus einen Präzedenzfall für weitere Auflagen z. B. im Zusammenhang mit Tabak, Kohleenergie, Wasser und Nahrungsmitteln schaffen.
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