Aussichten für die 1. Säule - mehr Kinder oder mehr Reformen?
Von: mm/f24.ch
Kinder aufzuziehen ist in der modernen Schweiz teuer, doch die Freuden der Elternschaft sind die Kosten wert – korrekt? Noch vor Generationen galten Kinder als rentable Investition, sie waren billige Arbeitskräfte und fungierten als Altersversicherung für ihre Eltern. Auch heute hängt die Finanzierung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) von den Jüngeren ab. Ein neuer Bericht von UBS hebt die Diskrepanz hervor, die auf individueller und gesellschaftlicher Ebene hinsichtlich des Generationenzusammenspiels besteht.
Eltern stemmen bei der Kindererziehung hohe Kosten, erhalten als Ausgleich dafür aber nicht mehr Rentenleistung. Unsere Gesellschaft hat die finanziellen Vorteile von Kindern im Umlageverfahren institutionalisiert, die Erziehungskosten lasten jedoch zu grossen Teilen auf den Schultern der Eltern. Ob ein Vorsorgesystem, das zur Finanzierung der staatlichen Rente auf ausreichend Nachkommen setzt, gegenüber Eltern oder Kinderlosen fair ist, bleibt eine umstrittene Frage.
Ungleiche Lastenverteilung
Unter sonst gleichen Bedingungen bezahlen Kinderlose mehr Steuern und erhalten weniger Sozialleistungen während des Erwerbslebens als ihre Altersgenossen mit Kindern. UBS-Ökonomin Jackie Bauer gibt aber zu bedenken: "Dafür geben Eltern unter dem Strich Vermögensbildungspotenzial auf und nehmen Einbussen bei der Altersvorsorge in Kauf."
Eine engere Verknüpfung des Rentenbezugs und der Finanzierung der Nachkommen würde die finanzielle Belastung der Eltern zwar verringern, jedoch nicht gewährleisten, dass eine genügend grosse Nachfolgegeneration geboren würde – eine Prämisse der heutigen AHV-Finanzierung.
Könnte ein erneuter Babyboom die AHV retten?
Die Zahl der Pensionierten nimmt schneller zu als die Erwerbsbevölkerung, weshalb die AHV-Finanzen in Schieflage sind. Seit geraumer Zeit werden daher Reformen diskutiert, aber ein Kompromiss blieb bisher aus.
Der aktuelle Bericht von UBS CIO GWM Kinder und Altersvorsorge: Ein komplexes Kosten-Nutzen-Verhältnis enthält ein Gedankenexperiment, das untersucht, ob die staatliche Vorsorge in Abwesenheit von Reformen langfristig auf das ursprüngliche Fundament – Kinder – bauen kann.
Sich zur Rettung der 1. Säule einzig auf die Demografie zu verlassen, ist gemäss den Autoren unklug. Selbst eine bestenfalls moderate Erholung der Geburtenrate oder erhöhte Migration wäre kaum hilfreich. Ohne Reformen wären etwa fünf Kinder pro Frau nötig, um den AHV-Fonds bis 2070 wieder ins Gleichgewicht zu bringen. UBS-Ökonom James Mazeau sagt: "Eine solch hohe Geburtenrate ist unrealistisch. Ausserdem sollte die Finanzierbarkeit der AHV nicht von der Anzahl Kinder abhängen".
Gleiche Ziele, neues Modell
Die gegenwärtige Finanzierung der AHV ist nicht mehr zeitgemäss. Progressive Reformen sind gefragt, da die Zeit der Grossfamilien vorbei ist. So liessen sich Rentenalter, Beiträge und Leistungen auf der Grundlage demografischer Entwicklungen dynamisch und regelbasiert anpassen. Es überrascht nicht, dass Umverteilungsmodelle auf einer Kombination aus Beiträgen und Steuern beruhen.
Die Herausforderung besteht darin, die richtige Balance zwischen den beiden Komponenten zu finden. Die Einhaltung sozialer Normen, ein gemeinsames Gefühl der Fairness und das Vertrauen in die finanzielle Zukunft des Vorsorgesystems sind Schlüsselelemente, um die Zielsetzungen der AHV langfristig zu erfüllen.
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