COVID-19 Task Force mahnt zur Dringlichkeit
Von: mm/f24.ch
Die Schweiz ist mit einem exponentiellen Wachstum der SARS-CoV-2 Fallzahlen, der Spitalaufenthalte und der Einweisungen auf Intensivstationen konfrontiert. Dies ist eine Situation von äusserster Dringlichkeit, in der jeder Tag zählt. „Wir müssen unverzüglich Massnahmen ergreifen, um eine Überlastung von Spitälern und Intensivstationen zu verhindern und die Qualität der Gesundheitsversorgung zu erhalten“ mahnt die Task Force
Die wissenschaftliche Task Force empfiehlt eine Reihe von Massnahmen, um die Reproduktionszahl Re schnell auf deutlich unter 1,0 zu senken. Diese Massnahmen sollen für die Gesellschaft umsetzbar sein und den Kern der Wirtschaft schützen (mit Kompensationsmassnahmen für besonders betroffene Wirtschaftssektoren). Diese Massnahmen sollten über einen langen Zeitraum nachhaltig sein, der sich realistischerweise bis März/April 2021 erstrecken könnte:
- Das Tragen von Masken durch Jugendliche und Erwachsene in allen Innenräumen und in überfüllten Aussenbereichen (Strassenmärkte usw.)
- Telearbeit (Home-Office) für alle Mitarbeitenden, für die dies möglich ist
- Die Schliessung von Unterhaltungs- und Erholungsstätten in engen und schlecht belüfteten Innenräumen, wo die Bedingungen die Übertragung des Coronavirus zwischen Menschen in engem Kontakt erlauben.
- Beschränkung privater Zusammenkünfte, z. B. auf weniger als 10 Personen
- Beschränkung öffentlicher Versammlungen, z. B. auf weniger als 50 Personen
- Beschränkung der Öffnungszeiten von Restaurants und Bars, z. B. auf 21.00 Uhr
- Einstellung von Aktivitäten mit einem hohen Risiko der Übertragung des Coronavirus, z. B. Sportarten mit direktem Kontakt, Gesang oder mit Blasinstrumenten
- Umstellung auf ausschliessliche Online-Bildung in allen sekundären und höheren Bildungseinrichtungen, für die eine solche Bildung möglich ist
- Erhöhung der Zahl der Coronavirus-Testzentren und der Zahl der Contact-Tracer
- Regelmässige Tests von Arbeitnehmenden in Hochrisiko-Umgebungen
Die genauen Schwellenwerte für Empfehlungen (4), (5) und (6) können je nach Situation angepasst werden.
Die Ziele dieser Interventionen sind:
- das Schweizer Gesundheitssystem vor dem Kollaps zu bewahren und die Qualität der medizinischen Betreuung zu gewährleisten.
- die Gewährleistung eines kontinuierlichen Zugangs zu Bildung.
- die Sicherung der Grundbedürfnisse des sozialen Lebens und die Vermeidung sozialer Isolation.
- der Schutz der wirtschaftlichen Aktivität unter den gegebenen Umständen.
Jeder Tag zählt.
Diese Massnahmen sollen im Herbst und Winter für Stabilität sorgen und Jo-Jo-Effekte so weit wie möglich vermeiden. Ihre Auswirkungen und die Akzeptanz in der Bevölkerung sollten regelmässig überprüft werden. Werden die vorgeschlagenen Massnahmen nicht umgesetzt oder gelingt es nicht, die Ausbreitung des Coronavirus rasch einzudämmen, ist ein nationaler «Lockdown» nicht auszuschliessen, um das Gesundheitssystem vor einem Zusammenbruch zu schützen.
Aktuelle epidemiologische Situation
Nach einer langen Periode langsamen exponentiellen Wachstums mit einer effektiven Reproduktionszahl Re um 1,1 (d. h. 10 infizierte Personen stecken durchschnittlich 11 andere an) hat sich die epidemiologische Dynamik Ende September deutlich beschleunigt, mit einem aktuellen Re von etwa 1,6 (d. h. 10 infizierte Personen stecken durchschnittlich 16 andere an). Gegenwärtig verdoppeln sich die Zahl der täglich neu bestätigten Fälle, die Zahl der hospitalisierten Patienten, die Zahl der Patienten auf Intensivstationen (ICUs) und die Zahl der Todesfälle etwa jede Woche.
Die Zahl der bestätigten Fälle hat inzwischen ein Niveau erreicht, das im Wesentlichen zum Zusammenbruch der Test-Trace-Isolat-Quarantäne-Strategie (TTIQ) geführt hat. Die Testpositivitätsrate liegt derzeit kantonsübergreifend bei etwa 20 % und damit um das Vierfache über dem von der WHO empfohlenen Höchstwert.
Die zunehmende Testpositivität und die begrenzte Anzahl von Tests pro Tag machen es nun schwierig, die tägliche Zahl der bestätigten Fälle als Näherungswert für das Wachstum der Epidemie in der unmittelbaren Zukunft zu verwenden. Die Daten zur Bewertung des Contact-Tracing sind nicht verfügbar, aber Berichte der Kantone deuten darauf hin, dass das Contact-Tracing an vielen Orten nicht mehr effektiv funktioniert.
Auch das obligatorische Meldesystem stösst an seine Grenzen und gefährdet die Zuverlässigkeit der täglich gemeldeten Zahl der bestätigten Fälle. Zudem können wir aufgrund der fehlenden Daten aus der Ermittlung von Kontaktpersonen und der abnehmenden Genauigkeit der Daten aus dem obligatorischen Meldesystem die Orte, an denen Infektionen auftreten, nicht bestimmen.
Noch besorgniserregender ist, dass bei der derzeitigen Verdopplungszeit die Belegung der Intensivpflegestation (ICU) die kritische Kapazität in weniger als 4 Wochen erreichen dürfte, wahrscheinlich innerhalb von 2-3 Wochen. Gegenwärtig (am 22. Oktober) gibt es 972 zertifizierte Betten auf Intensivstationen für Erwachsene (basierend auf Zahlen vom 01.05.2020 der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin), 131 COVID-19 Patienten (77 mit mechanischer Beatmung) und 550 nicht-COVID-19 Patienten auf Intensivstationen, von denen schätzungsweise 30 % auf der Intensivstation für nicht-notfallmässige Eingriffe liegen.
Laut Experten der SSIMC (Thierry Fumeaux) ist eine Aufstockung der Kapazität auf bis zu 1400 Betten auf der Intensivstation möglich, für die eine optimale Qualität der intensivmedizinischen Versorgung garantiert werden kann. Eine Ausweitung über diese Schwelle hinaus kann die erforderliche Qualität der Versorgung nicht garantieren und könnte daher möglicherweise mit einer höheren Sterblichkeit verbunden sein. Die vergleichsweise niedrige Sterblichkeit in der Schweiz während der ersten Welle hing wahrscheinlich mit der hohen Qualität der Versorgung zusammen.
Gegenwärtig verdoppelt sich die Zahl der COVID-19-Patienten auf der Intensivstation jede Woche. Unter diesen Bedingungen) könnte die Grenze von 1400 Betten in zwei bis vier Wochen erreicht werden. Unter der Annahme der derzeitigen Verdopplungszeit von einer Woche würde sich diese kurze Zeitspanne nur um 2 Tage verlängern, wenn nicht-notfallmässige Eingriffe verschoben werden. Ein Teil der Intensivstation muss jedoch für dringende, schwerwiegende, non-COVID Notfälle oder Traumata reserviert werden. Ein wesentlicher limitierender Faktor auf den Intensivstationen ist nicht nur die Bettenkapazität, sondern auch die begrenzten personellen Ressourcen (ausgebildete Fachkräfte).
«fricktal24.ch – die Online-Zeitung fürs Fricktal
zur Festigung und Bereicherung des Wissens»