Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) hat ihre Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative «Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung» zu Ende beraten.
Ziel der Vorlage ist es, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung zu fördern und die Chancengerechtigkeit für Kinder im Vorschulalter zu verbessern. Zum einen sollen die Eltern für die institutionelle Kinderbetreuung finanziell entlastet werden – hierfür schätzt die Kommission die Kosten auf jährlich 710 Millionen –, zum anderen sollen die Kantone in ihrer Weiterentwicklung einer Politik der frühen Förderung jährlich mit 60 Millionen unterstützt werden.
Ausgangslage
Im internationalen Vergleich schneidet die Schweiz bezüglich Zugang, Qualität und Bezahlbarkeit der familienergänzenden Betreuung von Vorschulkindern schlecht ab
National gibt es aktuell zwei Instrumente zur finanziellen Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung: ein Impulsprogramm für die Schaffung von Betreuungsplätzen und Finanzhilfen an die Kantone zur Senkung der Betreuungskosten. Verschiedene Evaluationen zeigen, dass beide Instrumente erfolgreich umgesetzt wurden. Weit über 65'000 Plätze konnten mit diesen Finanzhilfen geschaffen werden.
Beide Instrumente sind befristet: Die WBK-N sah deshalb vor knapp zwei Jahren Handlungsbedarf und reichte die pa. Iv. 21.403 ein mit dem Ziel, die Rolle des Bundes bei der Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung grundsätzlich zu überdenken und eine Überführung in eine permanente Bundesfinanzierung anzustreben. Alle Familien sollen unterstützt werden sowie alle Kantone in ihren Möglichkeiten, die Politik der frühen Kindheit zu stärken.
WBK-N hat nun ihre Arbeiten zur Umsetzung der Initiative abgeschlossen.
Zwei Hauptbereiche
(1) Senkung der Betreuungskosten der Eltern: der Entwurf des Gesetzes sieht die Gewährung von Bundesbeiträgen an die Kosten der Eltern für die familienergänzende Kinderbetreuung vor. Kostenpunkt: ca. 710 Millionen Franken pro Jahr
(2) Angebotslücken in der familienergänzenden Kinderbetreuung schliessen / Betreuungsangebot besser auf die Bedürfnisse der Eltern abstimmen / Qualität der Angebote verbessern: Bund kann den Kantonen globale Finanzhilfen auf der Grundlage von Programmvereinbarungen gewähren. Kostenpunkt: 60 Millionen pro Jahr während einer Vierjahresperiode. Programm ist auf 12 Jahre befristet.
Vernehmlassung: 275 Stellungnahmen
Eine sehr grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden unterstützte den Vorentwurf.
Dies gilt insbesondere für die meisten Kantone, die SODK, die Mehrheit der politischen Parteien, die Wirtschaftsverbände sowie weitere interessierte Organisationen (vgl. Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung.
Anpassung aufgrund der Vernehmlassung
(1) Senkung der Betreuungskosten der Eltern: Die Vernehmlassungsvorlage sah vor, den Eltern einen Beitrag von 10% der durchschnittlichen Kosten eines familienergänzenden Betreuungsplatzes zu gewähren (=Sockelbeitrag). Zu diesem Sockelbeitrag würden 5 oder 10% hinzugefügt, sofern der Kanton, in dem das Kind wohnt, vergleichsweise mehr zur Senkung der Kosten der Eltern beisteuert als dies andere Kantone tun (=Zusatzbeitrag). Die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung haben die Kommission dazu veranlasst, das System umzukehren: A priori erhalten die Eltern 20%. Nach vier Jahren wird die Höhe des Bundesbeitrags in Abhängigkeit des finanziellen Engagements der Kantone für die familienergänzende Kinderbetreuung neu festgelegt und allenfalls bis auf 10% gekürzt.
(2) Angebotslücken in der familienergänzenden Kinderbetreuung schliessen / Betreuungsangebot besser auf die Bedürfnisse der Eltern abstimmen / Qualität der Angebote verbessern: Die Vernehmlassungsvorlage sah vor, für eine Programmperiode von 4 Jahren die Kantone mit 160 Millionen zu unterstützen (40 Millionen pro Jahr). Die Vernehmlassung hat gezeigt, dass zusätzliche Mittel in die Qualitätsentwicklung fliessen sollen, weshalb die Kommissionsmehrheit den Betrag auf 240 Millionen aufgestockt hat.
Resultat der Gesamtabstimmung: 17 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltungen
Wesentliche Minderheiten
Eine Minderheit lehnt die Vorlage gänzlich ab (Eintretensbeschluss: 17 zu 8 Stimmen). Sie ist der Ansicht, dass diese Förderbereiche in die Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden fallen und daher keine Unterstützung durch den Bund vorzusehen ist. Eine weitere Minderheit möchte den Gesetzesentwurf an die Kommission zurückweisen mit dem Auftrag, eine neue Vorlage auszuarbeiten, damit alle Eltern, welche für die Kinderbetreuung bezahlen, von staatlichen finanziellen Unterstützungen profitieren können (Beschluss mit 18 zu 7 Stimmen gefasst).
Eine Minderheit möchte die Vorlage auf den Bereich der Kostensenkung begrenzen und damit auf die Programmvereinbarungen mit den Kantonen verzichten (Beschluss gefasst mit 15 zu 9 Stimmen). Eine weitere Minderheit möchte auf alle Gesetzesdispositionen, die die Politik der frühen Förderung betreffen, verzichten (Beschluss mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung gefasst).
Eine Minderheit möchte im Mehrheitsmodell den Prozentsatz zwischen 10% und 0% legen (Beschluss mit 17 zu 8 Stimmen gegenüber dem Mehrheitsmodell). Eine weitere Minderheit möchte am Anreizsystem der Vernehmlassungsvorlage (Sockelbeitrag 10% und Zusatzbeitrag von max. 10%) festhalten, allerdings eine Linearität bei der Erhöhung vom Sockel- zum Zusatzbeitrag einführen (Beschluss gegenüber dem Mehrheitsmodell gefasst mit 11 zu 6 Stimmen bei 7 Enthaltungen). Zwei weitere Minderheiten möchten vom Anreizsystem abrücken und sehen eine Unterstützung der Eltern von 10 respektive 15% vor.
Eine Minderheit möchte die Unterstützung der Eltern auf Kinder bis und mit Ende der Primarschulstufe begrenzen (Beschluss gegenüber dem Mehrheitsmodell, d.h. Kinder bis und mit Ende der obligatorischen Schulzeit, mit 15 zu 10 Stimmen); eine weitere Minderheit auf Kinder, die im Vorschulalter sind (Beschluss gegenüber dem Modell bis zum Ende der Primarschulstufe gefasst mit 17 zu 8 Stimmen).
Inkrafttreten Frühestens 2025
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