Caritas alarmiert über Kinderarmut in der Schweiz
Von: mm/f24.ch
Mehr als 100‘000 Kinder seien in der Schweiz von Armut betroffen. Obwohl in den letzten Jahren ein Anstieg der Armut zu verzeichnen war, fehle auf Ebene des Bundes die Bereitschaft zu handeln. Der Bundesrat überlasse das Feld der Armutsbekämpfung den Kantonen, was zu ungleichen Chancen führe beanstandet Caritas und fordert das neue Parlament dringend dazu auf, das Heft in die Hand zu nehmen und einen rechtlichen Rahmen für eine schweizweite Bekämpfung der Kinderarmut zu schaffen.
Hugo Fasel, Caritas-Direktor
Statistisch gesehen sitzt in der Schweiz in jeder Schulklasse mindestens ein Kind, das von Armut betroffen ist. Caritas ist über dieses Ausmass alarmiert: «Es darf nicht sein, dass Kinder wegen des ungenügenden Einkommens ihrer Eltern in ihrer Entwicklung behindert werden und für ihre Familiensituation, in der sie aufwachsen, gesellschaftlich bestraft werden», sagt Hugo Fasel, Direktor der Caritas Schweiz.
Dass der Bund sich aus der Armutsbekämpfung heraushälte und die Zuständigkeit dafür allein den Kantonen übertrage, sei für die Caritas nicht akzeptabel. Sie fordert deshalb den Bundesrat und das neue Parlament auf dazu, Kinderarmut entschieden entgegenzutreten und die notwendigen Massnah-men auf Bundesebene einzuleiten.
Vier Kantone bekämpfen Kinderarmut mit Erfolg
Dass es wirksame Massnahmen gegen die Kinderarmut gibt, haben vier Kantone unter Beweis gestellt. In Genf, Waadt, Tessin und Solothurn hat die Einführung von Ergänzungsleistungen für Familien dazu geführt, dass deutlich weniger Familien Sozialhilfe beziehen müssen.
Evaluationen verdeutlichen die positive Wirkung, die Armutsquoten konnten teilweise beträchtlich gesenkt werden. Besonders wirksam ist das Modell Waadt. Dort werden Familienergänzungsleistungen bis ins Jugendalter ausbezahlt. Zudem übernimmt die Waadt den höchsten Anteil der Kinderbetreuungskosten und erstattet Gesundheitskosten zurück.
Es braucht eine schweizweite Lösung
Dass trotz dieser positiven Erfahrungen ein vergleichbares Instrument in den 22 anderen Kantonen fehle, mache deutlich, dass nun die Bundepolitik aktiv werden müsse. Caritas macht sich stark dafür, dass der Bund ein Rahmengesetz schafft, welches das Instrument der Ergänzungsleistungen für Familien gesetzlich verankert und für die ganze Schweiz einführt.
Der Bund müsse Mindestvorschriften für die Ausgestaltung festlegen und seine Mitfinanzierung der Leistungen definieren. Ergänzungsleistungen für Familien förderten die Selbstverantwortung, schafften Anreize zur Erwerbstätigkeit und seien zudem mit weniger administrativem Aufwand verbunden als die Sozialhilfe. Dass sie damit auch Postulaten einer liberalen Sozialpolitik entsprechen, komme dadurch zum Ausdruck, dass die Ergänzungsleistungen in den vier betroffenen Kantonen von bürgerlich dominierten Parlamenten eingeführt wurden.
Vielfältige Ursachen von Kinderarmut
Dass Kinder in der reichen Schweiz von Armut betroffen sind, hat laut Caritas vielfältige Ursachen. Kinder kosten zwischen 7‘000 und 14‘000 Franken pro Jahr, was besonders Eltern mit tiefen Einkommen belastend ist. So stammten siebzig Prozent aller armutsbetroffenen Kinder aus Working-Poor-Familien.
Dazu sei Vereinbarkeit von Familie und Beruf mangelhaft und stelle vor allem Familien mit flexiblen Arbeitsverhältnissen vor oft unüberwindbare Probleme.
Weil das Risiko einer Scheidung schlecht abgesichert sei, seien überdurchschnittlich viele Kinder von Alleinerziehenden armutsbetroffen. Insgesamt liege die Schweiz bei Investitionen in Kinder und Familien deutlich unter dem europäischen Durchschnitt, moniert Caritas.
«fricktal24.ch – die Online-Zeitung fürs Fricktal
zur Festigung und Bereicherung des Wissens»