Schweizer „Engagement“ auf Lesbos
Von: mm/f24.ch
Nach dem verheerenden Grossbrand im Durchgangslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos in der Nacht auf den 9. September 2020 hat die Schweiz rasch reagiert und der griechischen Regierung umgehend humanitäre Hilfe angeboten.
Durchgangslager Moria (Foto: UNICEF/UNI367862/Tzortzinis/AFP)
Nach dem Grossbrand in der Einrichtung Moria auf der Insel Lesbos ist die Lage unübersichtlich und das genaue Ausmass des Schadens noch nicht bekannt. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass ein grosser Teil des Lagers Moria zerstört oder zumindest für eine längere Zeit unbewohnbar ist.
Der Bundesrat sei besorgt über diese Entwicklung. Er verfolge die Situation laufend und die betroffenen Departemente stimmten sich dabei ab. Der Bund stehe in engem bilateralen Kontakt mit Griechenland und sei im Gespräch mit der Europäischen Union.
Hilfe vor Ort steht im Zentrum
Im Vordergrund steht aus bundesrätlicher Sicht derzeit die humanitäre Hilfe vor Ort. Es geht vor allem darum, unverzüglich die Unterbringung, Versorgung und den Schutz der Migrantinnen und Migranten sicherzustellen. Bereits in den frühen Morgenstunden des 9. September 2020 gab es daher erste Kontakte mit den zuständigen griechischen Behörden.
In Absprache mit den griechischen Behörden wird das EDA nun rund eine Tonne Hilfsmaterial liefern. Ein Flugzeug des Lufttransportdienstes des Bundes flog am Freitagnachmittag, 11. September 2020, nach Athen. An Bord führte es gemäss der Anfrage der griechischen Behörden Schlafsäcke, Schlafmatten, Wasserkanister, Küchenutensilien und andere Hilfsgüter mit.
Zwei Spezialisten des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH) waren ebenfalls im Flugzeug dabei. Damit es auf die dringendsten Bedürfnisse der vom Brand betroffenen Menschen reagieren kann, hat das EDA bis zu einer Million Franken für die humanitäre Hilfe bereitgestellt.
400 unbegleitete Minderjährige evakuiert
Besonders prekär sei die Situation nach dem Brand für 400 unbegleitete Minderjährige. Diese besonders vulnerablen Kinder und Jugendlichen sollen umgehend evakuiert und in anderen europäischen Ländern aufgenommen werden. Die EU unter deutscher Ratspräsidentschaft hat die Koordination der Arbeiten für die Aufnahme dieser Minderjährigen an die Hand genommen.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat auf eine informelle Anfrage Deutschlands bereits reagiert und eine Beteiligung der Schweiz an diesen Bemühungen mit der Aufnahme von rund 20 Minderjährigen in Aussicht gestellt. Eine vollständige Umverteilung der Migrantinnen und Migranten von Moria steht auf EU-Ebene derzeit nicht im Vordergrund.
INFO
Nach dem verheerenden Grossbrand in dem Flüchtlingslager Moria auf Lesbos ist die Lage der Kinder noch immer dramatisch. Das Lager ist durch die Feuer vollkommen zerstört worden. Die Bewohner von Moria – rund 12'000 Menschen – waren schon vor dem Brand in grosser Not und haben jetzt auch noch ihr Obdach verloren. Darunter sind mehr als 4'000 Kinder.
Das Lager welches in der Nacht vom Dienstag abgebrannt ist, war in den Tagen davor ein Internierungslager von Geflüchteten geworden. In dem um 10’000 Menschen überbelegten Lager hatte die griechische Regierung wissentlich Covid-19-Erkrankte zusammen mit anderen Geflüchteten ohne Möglichkeit zur Abstandswahrung und notwendige Hygienemassnahmen eingesperrt. Die Polizei hatte das Camp rundherum abgeriegelt, so dass sich die Pandemie ungebremst unter den Geflüchteten ausbreiten konnte. Selbst nach dem Brand hat die griechische Polizei die Menschen unter Einsatz von Tränengas daran gehindert, vom Lager weg in die Hafenstadt Mytilini zu gelangen.
Harsche Kritik von evakuierungJETZT
Heute hat der Bundesrat kommuniziert, dass 20 unbegleitete Minderjährige in die Schweiz aufgenommen und Hilfsgüter für den Wiederaufbau des Lagers gesendet werden. Dies bedeutet, dass Schweizer Steuergelder für den Wiederaufbau eines Internierungslagers eingesetzt werden, in dem Geflüchtete aktiv einer Gefahr der Ansteckung durch Covid-19 ausgesetzt werden. Das ist ein Skandal.
Ein Camp wie Moria darf nicht wieder aufgebaut werden: Es braucht echte Lösungen und es muss sofort gehandelt werden. Was es jetzt braucht ist die sofortige Evakuierung aller Geflüchteten.
Daher fordern wir den Bundesrat dazu auf, sofort Geflüchtete aus Lesbos aufzunehmen. Ferner muss sich der Bundesrat aktiv gegen den Wiederaufbau eines neuen, geschlossenen Lagers auf der Insel Lesbos einsetzen.
Das Schweizer Flugzeug transportiert heute in die falsche Richtung. Anstatt Hilfsgüter zu senden müsste die Schweiz jetzt die Menschen evakuieren. Stattdessen hindert die Schweiz ihre Städte weiterhin daran, Geflüchtete direkt aus Griechenland aufzunehmen.
Die Verantwortung an dieser Katastrophe lastet auf den Regierungen Europas, der EU und der Schweiz. Sie haben zu dieser humanitären Tragödie beigetragen. Ihre Politik hat es versäumt, die Würde und Rechte dieser Menschen zu schützen. Die Schweiz hat bisher gegenüber den Geflüchteten in Griechenland versagt. Der erste Schritt für eine gesamteuropäische Lösung beginnt bei jedem einzelnen Staat und die Schweiz muss hier Vorreiter sein.
Angesichts der desolaten Lage in Griechenland ist es dabei umso schockierender, dass die Schweiz weiterhin Flüchtlinge nach Griechenland ausschafft und so zur Zuspitzung der Lage vor Ort aktiv beiträgt. Die Schweiz wurde bereits dreimal von UNO-Ausschüssen an der Ausschaffung von Geflüchteten nach Griechenland gehindert. Dennoch halten die Schweizer Behörden an ihrem rechtswidrigen Vorgehen fest. Wir verlangen vom Bundesrat einen sofortigen Ausschaffungsstopp sowie eine verbindliche Zusicherung, keine Menschen mehr nach Griechenland zurückzuweisen.
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