Zukunftsgerichtete Schweizer Sicherheitspolitik?
Von: mm/f24.ch
Die vor einem Jahr vom Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS eingesetzte Studienkommission Sicherheitspolitik hat ihre Arbeit abgeschlossen. Sie legt einen Bericht mit über 100 Empfehlungen zu sieben Bereichen vor, wie eine zukunftsgerichtete Sicherheitspolitik ausgestaltet werden könnte. Der Bericht gibt insbesondere Impulse für die Arbeiten an der Sicherheitspolitischen Strategie 2025.
Im Juli 2023 hat das VBS die Studienkommission Sicherheitspolitik eingesetzt. Unter dem Vorsitz von Valentin Vogt, dem ehemaligen Arbeitgeberpräsidenten, sollte die Kommission darlegen, wie eine zukunftsfähige und breit abgestützte Sicherheitspolitik der Schweiz ausgestaltet werden kann. Darunter ist laut VBS eine Sicherheitspolitik zu verstehen, die den Bedrohungen und Gefahren angemessen, den Ressourcen entsprechend, im Inland breit abgestützt und im Ausland geachtet ist.
Die Kommission war breit zusammengesetzt mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung, Kantonen, verschiedenen Generationen und Landesteilen. Die Vielfalt dieser Meinungen ist im Bericht abgebildet, indem bei den über 100 Empfehlungen zu sieben Bereichen jeweils die Mehrheits- und Minderheitsverhältnisse innerhalb der Kommission ausgewiesen werden.
Die wichtigsten Empfehlungen der Studienkommission
Die Kommission nimmt in ihrem Bericht eine massive Lageverschlechterung in Europa wahr, die geprägt sei von Machtpolitik, zunehmend destabilisierten Krisenregionen und nicht zuletzt vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Mit Blick auf diese momentane Sicherheitslage hat die Kommission Empfehlungen unter anderem zur Neutralität, zur internationalen Kooperation, zur Ausrichtung der sicherheitspolitischen Instrumente und der Rüstungspolitik abgegeben.
Ausrichtung der sicherheitspolitischen Instrumente:
Für die Koordination der sicherheitspolitischen Instrumente braucht es eine umfassende Verteidigungskonzeption, die Aufgaben und Zusammenspiel militärischer und ziviler Verteidigung klärt, die Resilienz von Wirtschaft und Verwaltung fördert und die Bevölkerung für die verschlechterte Sicherheitslage sensibilisiert. Dazu gehört auch die Bekämpfung von Desinformation und Beeinflussung.Die Armee soll auf ihre Verteidigungsfähigkeit ausgerichtet werden.
Mit einer grossen Mehrheit empfiehlt die Kommission, bis 2030 das Verteidigungsbudget auf 1% des BIP zu erhöhen. Die Aussenwirtschafts- und die Wirtschaftspolitik sei als Teil der wirtschaftlichen Landesversorgung zu betrachten.
Eine Mehrheit empfiehlt ausserdem die Zusammenlegung von Zivildienst und Zivilschutz, die als Option im Rahmen der Vertiefungsarbeiten zum Dienstpflichtsystem gegenwärtig ausgearbeitet wird. Zudem wird die Ausrichtung des Bevölkerungsschutzes auf die verschärfte Sicherheitslage und seine Aufgabe im Kriegsfall empfohlen.
Rüstungspolitik:
Die Rüstungsindustrie der Schweiz soll gestärkt und stärker auf die Bedrohungslage ausgerichtet werden. Dazu soll die Innovation gefördert und der Zugang zu EU- und Nato-Zusammenarbeitsprojekten sichergestellt werden.
Eine Mehrheit möchte das Wiederausfuhrverbot für Länder gemäss Anhang 2 der Verordnung über das Kriegsmaterial aufheben. Die Kommission sieht einstimmig Energie als Teil der wirtschaftlichen Landesversorgung, mit überwiegender Mehrheit auch die bilateralen Verträge mit der EU.
Internationale Kooperation:
Die Kooperation mit der Nato und der EU soll mit dem Ziel einer gemeinsamen Verteidigungsfähigkeit weiter vertieft und zu einer eigentlichen Verteidigungskooperation ausgestaltet werden. Dazu sollen die Erwartungen an die eigene Verteidigungsfähigkeit wie auch die Gegenleistungen definiert werden, die die Schweiz einem Kooperationspartner entgegenbringen könnte.
In diesem Kontext soll auch die militärische Friedensförderung ausgebaut werden. Ausserdem soll die Kooperation nicht nur auf militärischer, sondern auch auf diplomatischer Ebene ausgebaut werden, etwa bei den Anstrengungen in der internationalen Rüstungskontrolle und der Regulierung von neuen Technologien.
Neutralität:
Die Neutralitätspolitik soll revidiert, stärker auf ihre sicherheitspolitische Funktion ausgerichtet und flexibler gehandhabt werden. Eine Mehrheit der Kommission empfiehlt zudem die Neutralitätspolitik stärker auf die UN-Charta auszurichten sowie die Unterscheidung von Aggressor und Opfer stärker berücksichtigen.
Eine grosse Mehrheit spricht sich ausserdem für eine grundsätzliche Revision des Kriegsmaterialgesetzes aus, um dieser Weiterentwicklung der Neutralitätspolitik folgen zu können.
Empfehlungen fliessen in Arbeiten zur Sicherheitspolitischen Strategie 2025 ein
Der Bericht und die Empfehlungen der Kommission sollen Beiträge zur öffentlichen und parlamentarischen Diskussion liefern. Die Empfehlungen werden unter der Leitung des Staatssekretariats für Sicherheitspolitik SEPOS in die Arbeiten zur sicherheitspolitischen Strategie 2025 einfliessen, die eben begonnen haben.
Kommentar SVP
Wie von Verteidigungsministerin Viola Amherd bestellt, legt die Studienkommission Sicherheitspolitik einen Gefälligkeitsbericht vor. Statt ergebnisoffen alle Szenarien zu prüfen, fokussiert die politisch einseitig zusammengesetzte Studienkommission auf eine Annäherung an die NATO sowie an die EU-Aussen- und Sicherheitspolitik (GASP). Dies in kompletter Missachtung der verfassungsmässig garantierten immerwährenden, bewaffneten und integralen Neutralität unseres Landes.
Dass Bundesrätin Amherd die Schweizer Neutralität zerstören und sich in die Arme von Nato und EU werfen will, ist ein offenes Geheimnis. Stossend ist, dass die Mitte-links-Mehrheit des Bundesrates die Salamitaktik der Verteidigungsministerin unterstützt.
Kommentar SP
Die SP Schweiz kritisiert die Schlussfolgerungen des heute veröffentlichten Berichts der vom VBS eingesetzten «Studienkommission für Sicherheitspolitik» scharf: Diese sind auf Grund der Versuchsanlage an zentraler Stelle falsch und widersprüchlich. Die SP bedauert, dass das VBS keine divergierenden Meinungen zuliess, und bekräftigt ihre Forderung nach einer Sicherheitspolitik, die den wirklichen Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist.
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