Erdgas-Handel im Visier des Preisüberwachers
Von: mm/f24.ch
Bereits im Herbst 2021 sind die Preise im europäischen Erdgas-Handel ausserordentlich stark angestiegen. Der Anstieg setzte sich mit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine und der Befürchtung, dass die russischen Erdgas-Lieferungen nach Europa ganz ausgesetzt würden fort, um Ende August 2022 einen Höhepunkt zu erreichen. Dies führte auch zu flächendeckenden Gaspreiserhöhungen in der Schweiz um durchschnittlich rund 7 Rp. / kWh.
Eine Befragung der Gasversorgungsunternehmen durch den Preisüberwacher bestätigte damals, dass die Erhöhungen weitestgehend auf die Überwälzung der gestiegenen Beschaffungskosten zurückzuführen sind. Je nach Preispolitik und Beschaffungsstrategie der Gasversorgungsunternehmen folgen die Preise der internationalen Entwicklung mit unterschiedlicher zeitlicher Verzögerung.
Preisentwicklung im europäischen Gashandel
Bereits im zweiten Halbjahr 2021 hatten sich die Handelspreise für Erdgas in Europa innert kurzer Frist vervielfacht, um sich unter starken Schwankungen bis zum Ausbruch des Ukraine-Krieges um rund 80 bis 100 Euro pro MWh zu bewegen.
Als Gründe für den Preisanstieg wurden unter anderem die gestiegene Nachfrage nach Erdgas insbesondere im asiatischen Raum, der verstärkte Einsatz von Gas für die Stromproduktion, ungenügend gefüllte Gasspeicher im Ausland und die damalige Diskussion um die Inbetriebnahme der Gaspipeline «Nordstream 2» genannt.
Mit dem Krieg und den reduzierten Gaslieferungen aus Russland bewegten sich die Preise im europäischen Handel weiter nach oben. Mit rund 300 Euro pro MWh erreichten die Börsenpreise für das deutsche Marktgebiet in der zweiten Hälfte des Augusts 2022 einen Höchststand.
Anfang Winter entspannte sich die Versorgungslage dank tieferem Verbrauch durch Sparanstrengungen, milden Temperaturen und dem teilweisen Umstieg auf andere Energiequellen (insb. Erdöl) sowie der Zunahme von Flüssiggaslieferungen über den Seeweg nach Europa und vollen Gasspeichern.
Dies zeigte sich auch in einem Rückgang der Börsenpreise. Trotzdem wurden Ende November 2022 für den Erdgas-Einkauf an der European Energy Exchange (EEX) weiterhin Preise von über 100 Euro/MWh für das französische Marktgebiet und über 125 Euro/MWh für das deutsche Marktgebiet erzielt.
Der enorme Anstieg der Preise im europäischen Gashandel erhöhte die Kosten für den Erdgas-Einkauf (Beschaffungskosten) der schweizerischen Gasversorgungsunternehmen (GVU). Diese reagierten mit Preiserhöhungen, um ihre gestiegenen Kosten den Konsumentinnen und Konsumenten weiterzureichen.
Marktbeobachtung des Preisüberwachers
Bereits im letzten Quartal 2021 überprüfte der Preisüberwacher eine Reihe von Preiserhöhungen, die durch die gestiegenen Beschaffungskosten begründet wurden. Die Anzahl der Preiserhöhungen, die dem Preisüberwacher gemeldet oder zur Prüfung vorgelegt wurden, stieg 2022 rasant an.
Ergänzend zur Überprüfung von Preiserhöhungen einzelner Unternehmen führte der Preisüberwacher eine Befragung der schweizerischen Gasversorgungsunternehmen (GVU) durch, um gesamthaft die Entwicklung der Beschaffungskosten und deren Auswirkungen auf die schweizerischen Gaspreise einschätzen zu können.
Ziel der Markbeobachtung des Preisüberwachers war es, die Entwicklung der Gaspreise und der Beschaffungskosten zu erheben. Diese Marktbeobachtung sollte zudem darüber Auskunft geben, ob die Preisanpassungen vollumfänglich auf die gestiegenen Einkaufspreise (Beschaffungskosten) zurückgeführt werden können. Ebenfalls interessierte, mit welcher zeitlichen Verzögerung die gestiegenen Beschaffungskosten überwälzt werden und inwiefern unterschiedliche Beschaffungsstrategien und Preisanpassungsmechanismen eine Rolle spielten.
Das Ergebniss: die GVU haben ihre Preise im Zeitraum vom 1.10.2021 bis zum 1.10.2022 durchschnittlich je nach standardisierter Verbraucherkategorie (Typ) zwischen 7.81 Rp./kWh für ein Einfamilienhaus (Typ II) und 7.21 Rp./kWh für einen industriellen Grossverbraucher (Typ IX und X) angehoben.
Der Median liegt je nach Typ zwischen 8.01 Rp./kWh und 8.28 Rp./kWh. Bezogen auf Typ II bedeutet dies, dass die Hälfte der GVU ihre Preise um mehr als 8.03 Rp./kWh angehoben haben. Die grösste beobachtete Erhöhung betrug 12.88 Rp./kWh, die geringste 1.50 Rp./kWh.
Die Befragung, die der Preisüberwacher im Rahmen seiner Marktbeobachtung im August 2022 durchführte, richtete sich an 102 Gasversorgungsunternehmen (GVU). Bis Ende November hatten 91 GVU (rund 90 %) an der Online-Befragung teilgenommen.
Auffallend ist, dass sich die Maxima gegenüber dem Vorjahr stark, die Minima hingegen deutlich schwächer erhöhten. Folglich hat sich die Spannweite – Abstand zwischen dem höchsten (Max) und tiefsten (Min) Preis – 2022 stark vergrössert.
Dies zeigt, dass die Erhöhungen je nach GVU sehr unterschiedlich sind und weist darauf hin, dass die Beschaffungskosten je nach GVU zum Zeitpunkt der Betrachtung unterschiedlich angestiegen sind oder auch in unterschiedlichem Umfang und Zeitraum an die Kundinnen und Kunden überwälzt wurden.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Marktbeobachtung des Preisüberwachers ergab, dass die Gaspreise in der Schweiz vom Januar bis im Herbst 2022 im Durchschnitt (mengengewichtet) um rund 7 Rp./kWh angestiegen sind. Je nach GVU und Verbraucherkategorie sind die beobachteten Preiserhöhungen unterschiedlich.
Die Umfrage des Preisüberwachers zeigte auf, dass die Erhöhung der Gaspreise im ersten Halbjahr 2022 weitestgehend durch die gestiegenen Beschaffungskosten begründet waren. Diese sind ihrerseits eine Folge des Anstiegs der europäischen Gaspreise.
Die Preise der schweizerischen GVU folgten der internationalen Preisentwicklung mit unterschiedlicher zeitlicher Verzögerung. Hierfür sind insbesondere drei Gründe verantwortlich:
- Unterschiedliche Beschaffung (Beschaffungsstrategie, Vorlieferant)
- Anzahl Preisanpassungen pro Jahr
- Preispolitik des Anbieters (z.B. Dämpfung von Preisschwankungen durch Einsatz entsprechender Reserven, Verzicht auf Gewinne)
Ende 2022 sind die Preise im europäischen Erdgas-Handel stark gefallen. Sie liegen immer noch deutlich über dem Niveau, das bis im Sommer 2021 üblich war. Analog zu den beobachteten Preiserhöhungen werden die lokalen GVU wie oben aufgezeigt mit unterschiedlicher zeitlicher Verzögerung ihre Preise an die neuste Entwicklung der Einkaufskosten anpassen.
Einzelne GVU, die ihre Preise in kurzen Abständen erhöht hatten, haben bereits Preissenkungen vorgenommen. In anderen Fällen wurde auf geplante Preiserhöhungen verzichtet. Der Preisüberwacher erwartet, dass die GVU ihre Preise nun ebenso rasch wieder senken, wie sie die Preise aufgrund der gestiegenen Beschaffungskosten in den vergangenen Monaten erhöht haben. Er wird die Entwicklung der Gaspreise weiter beobachten und seine Vergleichswebsite5 laufend aktualisieren.
Der Preisüberwacher stellte fest, dass viele Gemeinden weiterhin Abgaben auf dem Erdgas-Verbrauch erheben. Der Preisüberwacher forderte die GVU auf, Reserven, die in vergangenen Jahren Dank tiefen Einkaufspreisen aufgebaut werden konnten, einzusetzen, um Preiserhöhungen zu reduzieren. Er appelliert an die Gemeinden auf fiskalähnliche Abgaben auf Erdgas zu verzichten, um die Gasrechnung nicht zusätzlich mit Abgaben zu belasten.
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