Eugen Drewermann predigte in Rheinfelden
Von: Pfr. Andreas Fischer
Am Sonntag, 15. August predigte Eugen Drewermann im Rahmen eines Gottesdienstes in der reformierten Kirche Rheinfelden. Dass der Theologe, Psychoanalytiker und Autor von mehr als hundert Büchern achtzig Jahre alt ist, war ihm nicht anzumerken. Weit über eine Stunde lang sprach er zu seinem Publikum, frei, ohne Manuskript und durchwegs druckreif.
Eugen Drewermann predigte in Rheinfelden (Foto: zVg)
Gleich zu Beginn setzte Eugen Drewermann die erste Pointe: „Sehr herzlich danke ich Ihnen, dass Sie heute hier in der Kirche sind. Sie tun damit etwas, was in den Augen der Gesellschaft nutzlos ist. Es wird gebetet, es werden Lieder gesungen, es ist reine Zeitverschwendung, Sie steigern nicht das Bruttosozialprodukt.“
Viele weitere derart träfe Aussagen sollten folgen, in einer epischen Rede, in der er sich auf die Begegnung Jesu mit der Samaritanerin am Jakobsbrunnen (Johannesevangelium, Kapitel 4) bezog, aber immer wieder auch weite, wortgewaltige Bögen in Geschichte und Gegenwart spannte, zu Alexander dem Grossen, Napoleon und Joe Biden, dem Nationalsozialismus, der Klimakrise, dem Raubtierkapitalismus, der Islamophobie, der Verfasstheit der Kirche usw.
Dass sich Jesus zu Beginn des Predigttextes aus Judäa weg ins Ausland begibt, hängt, so Drewermann, damit zusammen, dass er „angewidert ist von der dort herrschenden Religion in ihrer institutionalisierten und verwalteten Aussenseite, etabliert als ein Tummelplatz merkwürdiger Erfolge.“
Es wiederholt sich hier das eingangs erwähnte Grundanliegen Drewermanns: Das Leben ist zweckfrei, es hat seinen Wert in sich, es bedarf dafür keiner Erfolge, keiner Leistungen noch Titel. Auch Sakramente und heilige Orte wie der Tempelberg sind nicht von Bedeutung. „Gott ist Geist“, heisst es im Text pointiert, entsprechend vollzieht sich echte Religiosität „in Geist und Wahrheit“, also innerlich, nicht an Äusserlichkeiten gebunden.
Als der ehemalige katholische Priester abschliessend den Segen sprach mit Worten aus dem 23. Psalm („Der Herr ist mein Hirte…“), war er spürbar bewegt, und nachdem die Kirchenmusikerin Assel Abilseitova als Zugabe noch sein Lieblingsstück, das Nocturne op. 9 von Frédéric Chopin gespielt hatte, ging Eugen Drewermann spontan noch einmal zum Mikrophon und sagte, er habe über achtzig Jahre alt werden müssen, um einen musikalisch so beseelten Gottessdienst erleben zu dürfen. Dann musste der betagte Mann sich beeilen, um den Zug Richtung Paderborn noch zu erreichen.
Bedauerlicherweise waren Mikrophon und Aufnahmegerät nicht ganz so fit wie Eugen Drewermann. Die Aufnahme ist unbrauchbar. Wer Eugen Drewermann im Internet erleben möchte, hat dazu indessen eine Fülle von Möglichkeiten, z.B. auf seinem Youtube-Kanal.
Ref. Kirche Region Rheinfelden
«fricktal24.ch – die Online-Zeitung fürs Fricktal»