Das Rheinfelder Hotel Schiff wollte gestört werden
Von: Hans Berger
Da sich kaum jemand gerne stören lässt oder gar ein Störenfried sein will, wirkte die Aufforderung vom Rheinfelder Hotel Schiff „Please disturb“ (stören Sie bitte) beinah schon etwas provokativ. „Aber warum denn nicht für einmal in diese eigentlich unangebrachte Rolle schlüpfen, wenn sie mit einem Blick hinter die Hotelkulisse honoriert wird?“ dachten vergangenen Sonntag wohl viele Menschen und zeigten sich dann doch etwas verdutzt, als sie von der Hotelière Heidy Freiermuth zuvorkommend begrüsst und freudig empfangen wurden.
Nein, natürlich musste niemand der vielen Besucherinnen und Besucher irgendwelche Gewissensbisse haben. Denn in Tat und Wahrheit ist „Please disturb“ eine Aktion von Hotelleriesuisse, an der sich vergangenen Sonntag rund 120 Hotels in der Deutschschweiz beteiligten, um einerseits den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zwischen elf und siebzehn Uhr exklusive Einblicke hinter die Kulissen ihrer Betriebe zu gewähren und andererseits, Jugendliche proaktiv über die Berufs- und Karrieremöglichkeiten in der Hotellerie zu informieren.
Immer nur lächeln
Es ist bekannt, der Schweizer Hotelleriebranche bläst - nicht erst seit der von der Europäischen Zentralbank (EZB) gesteuerten Euroschwäche - ein steifer Wind entgegen. Das allerdings kümmert die Gäste wenig, daher kommt‘s, dass für das Personal grundsätzlich selbiges gilt wie für den chinesischen Prinzen Sou-Chong in Franz Lehárs Operette „Das Land des Lächelns“:
„Immer nur lächeln und immer vergnügt,
Immer zufrieden, wie's immer sich fügt.
Lächeln trotz Weh und tausend Schmerzen,
Doch wie’s da drin aussieht, geht niemand etwas an.“
Beinah so prunkvoll wie Sou Chongs Palast präsentierte sich vergangenen Sonntag auch das Hotel Schiff, das Personal allerdings vermochte die sprichwörtliche chinesische Höflichkeit und Freundlichkeit vollends in den Schatten zu stellen.
Intelligenteste Form von Dominanz
Die wohl wichtigsten Voraussetzungen, um in der Hotellerie an der Front erfolgreich tätig sein zu können ist eine positive Grundeinstellung gegenüber allen Menschen und die Erkenntnis, dass Dienen nichts ehrrühriges, sondern die intelligenteste Form von Dominanz ist.
Wer dann noch über einen 360 Grand Blickwinkel verfügt, ein Gehör wie eine Fledermaus hat, gleichzeitig hier und dort sein und obendrein auch noch Gedanken lesen kann, bevor sie überhaupt gedacht sind, ist in der Hotelbranche am richtigen Platz.
Alle Zeit der Welt
Wie sehr die Bediensteten vom Schiff die Gastgeberrolle intus haben, zeigte sich darin, dass die gwunderigen Besucher den Eindruck bekamen, als ob ihnen alle Zeit der Welt geschenkt wird, obwohl das Restaurant voll besetzt war.
So wurden in aller Gemütsruhe die renovierten Hotel- und Konferenzzimmern inspiziert, gleichzeitig der Blick auf den Rhein genossen, das Falten von Frotteewäsche und Servietten beobachtet und von einigen Mutigen an Ort und Stelle nachgemacht. Guetzli backen, Zwiebeln hacken, Kochjacke bügeln, Betten machen, Instruktionen für einen festlich eingedeckten Tisch und zum Abschluss ein Mix-Drink waren einige der Höhepunkte, welche das Hotel Schiff den imaginären „Störenfrieden“ bot.
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