Rheinfelden mitten im Mittelalter
Von: Hans Berger
Den Passanten in Rheinfelden war es vergangenes Wochenende unmöglich, Langeweile zu verspüren. Nur schon das Schlendern durch das adrette Städtchen bei eitlem Sonnenschein war ein Vergnügen. Hinzu kam dann abseits der Marktgasse das mittelalterliche Spektakel mit unzähligen Attraktionen und rockigen Mittelalterbands, die dem begeisterten Publikum richtiggehend einheizten.
Rheinfelden mitten im Mittelalter
Sehr beliebt bei Jung und Alt waren die vielen Marktstände, die Artefakte aus „vergangenen Zeiten“ und lukullische Köstlichkeiten feilboten. Aber auch Kleider für das zarte Burgfräulein oder Rüstungen für den mutigen Ritter. Oder ausgehöhlte Hörner für das Bier und Schwerter sowie Pfeil und Bogen, um sich vor Angriffen zu schützen. Ein Hit nicht nur für die Kids war das Zeltlager, wo auch Instruktionen über den Kampf mit dem Schwert vermittelt wurden.
So richtig im Mittelalter fühlte sich das Publikum im „Martinum“, dem ummauerten, vermutlich ehemaligen Pfarrgarten in unmittelbarer Nachbarschaft der effektiv in jener Zeit erbauten majestätischen Stadtkirche St. Martin.
Ja so warn's...
Es stimmt nicht, was der Kabarettist Karl Valentin (1882-1948) in seinem Lied über die Rittersleut behauptet: „Wollt ein Ritter einmal schnackseln, musste er aus der Rüstung krackseln, dabei war ihm seine Lust verdorben, drum sind sie jetzt auch ausgestorben“, es sei denn, es war zu dessen Zeit so und sie sind jetzt, rund 500 Jahre später, einfach wieder auferstanden.
Egal wie, Tatsache ist, am vergangenen Wochenende gaben sie sich in Rheinfelden zur grossen Freude der Neuzeitmenschen ein Stelldichein und kämpften wie zu ihren besten Zeiten um Ruhm und Ehre.
Mit zur beinah stilechten Atmosphäre in der rückwärtsgewandten Exkursion trugen auch zahlreiche Söldner, Bogenschützen, Knappen, Fürsten, Edelfrauen, Knechte, Mägde, Handwerker, Musikanten, Narren, Wahrsagerinnen sowie etliche Händler in mittelalterlichen Marktständen bei.
Diskrepanzen
Nicht so recht ins Bild passte allerdings, wenn die Wiedergeborenen rauchten oder gar so selbstsicher, als ob es dies schon zu ihrer Zeit gegeben hätte, mit einem Smartphone kommunizierten...
Verwundert zeigten sich die Neuzeitmenschen wohl auch darüber, dass die Musikanten schon damals Verstärkeranlagen hatten und sogar über die dafür nötige Elektrizität verfügten, ihre Vorfahren bereits Soft-Ice lutschten, die Schmuckherstellerin, wohl wegen dem Feinstaub, einen Mundschutz trug und Händler gar Kreditkarten als Zahlungsmittel akzeptierten...
Prädestiniert
„Offensichtlich gibt es vieles, was den Geschichtsforschern bis anhin entgangen ist“, schlussfolgerten vermutlich manche der Neuzeitmenschen. Sicher aber ist, Rheinfelden wird als eine der prädestiniertesten Städte für eine kurz aufblitzende Renaissance des Mittelalters in die Geschichte eingehen.
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