Einmal mehr… Jazz vom Feinsten… im Schützenkeller
Von: Hans Berger
Wer in den 50er und Anfang 60er Jahren auf Jazz stand, für den war das „Atlantis“ oder einfach „Tis“, mit einem echten Krokodil im Schaufenster, am Klosterberg 13 in Basel ein absolutes Muss. Später war es das Mekka der Beat- und Rock and Roll-Fans. Beide Gruppen kommen mehrheitlich heute noch ins Schwelgen, wenn sie an ihre Zeit in dem Szenenlokal zurückdenken. Gute Musik, gute Stimmung und Gleichgesinnte. Im Kulturkeller vom Rheinfelder Hotel Schützen können die Jazzfreunde an den vom Jazz-Club Q4 organisierten Konzerten ihre Erinnerung beinah massstabgetreu wieder aufleben lassen. Am vergangenen Montag jedoch, als der Vibraphonist Joe Locke mit seiner Band im Gewölbekeller auftrat, kam auch die Beat- und Rock-Generation auf ihre Rechnung.
Joe Locke und seine Band im Kulturkeller vom Hotel Schützen, Rheinfelden
Obwohl Joe Locke durch und durch ein Jazzer ist, kann seinem Musikstil entnommen werden, dass an ihm, als 1959 Geborener, die Beat- und Rockzeit nicht spurlos vorüber gegangen ist und wenn er an seinem Vibraphon so richtig in Fahrt ist, tun sich gar Vergleiche mit dem Chef der Rolling Stones, Mike Jagger auf.
Inspirationen
Wäre Joe Locke rund zwanzig Jahre älter, könnte man annehmen, dass er zu jener Zeit der Übervater war, als die „Beatmusik“ erwachsen wurde und Bands wie zum Beispiel „the Cream“ (Eric Clapton, Ginger Baker, Jack Bruce) in ihren Sound aus Blues, Hard- und Psychedelic-Rock auch Jazz-Elemente einbauten.
Da jedoch Joe Locke rund zwanzig Jahre jünger ist wie die vorgenannten Rockgrössen, kann davon ausgegangen werden, dass die Rockmusik zwischenzeitlich dem Jazz das zurückgegeben hat, was sie ihm mal genommen hat.
Joe Locke jedenfalls eilt der Ruf voraus, einer der Grössten auf seinem Instrument zu sein und wird in der Jazzszene für seine erstaunliche physische Kraft und emotionale Bandbreite bewundert. Zu Recht, wie das begeisterte Publikum am Montagabend im Schützenkeller feststellen konnte.
Musikfünflinge
Ein grosser Musiker ist auch der Pianist Dado Moroni, dessen Finger in einem Tempo über die Tastatur fliegen, als wären sie allesamt vom Teufel geritten. So flink wie er spielt, kann das Gehirn gar nicht denken, staunt der Laie. In Dado Moronis Adern scheint genauso wie in jenen von Joe Locke von Kopf bis Fuss und bis in die Fingerspitzen statt Blut Musik und Rhythmus zu fliessen.
Feuer im Blut hat auch der Drummer Ernesto Simpson. Wen wundert’s, er ist Kubaner und als Schlagzeuger nicht nur Taktangeber für die Band. Ein virtuoser Perkussionist par Excellence, der massgeblich dazu beiträgt, dass der Bandsound so rüberkommt, als stamme er von eineiigen Musikfünflingen. Mitverantwortlich dafür ist jedoch ebenso der Bassist Darryl Hall, dessen Fingerkapriolen dem Pianisten in nichts nachstehen.
Der Sänger Kenny Washington mit einer Stimme, die mal wie eine Geige, mal wie ein rauchiges Saxophon klingt, ist der Fünfte im Bunde. Er ist das männliche Pendant von Ella Fitzgerald und beherrscht den Scat-Gesang (di, da, du, bi, bol, di-bi-la, daou) wie einst die „First Lady of Jazz“ oder Louis Armstrong , der behauptete, der Erfinder dieses Gesangsstils zu sein.
Luftsprünge
Das Quintett mit dem Sound einer Bigband begeisterte mit der Virtuosität jedes einzelnen Musikers, seinem harmonischen Klang und seiner sichtbaren Spielfreude. Das Publikum war derart fasziniert, dass es besonders bei bluesigen, die Seele berührenden Stücken erst nach dem Verklingen des letzten Tones - und das kann bei einem Vibraphon recht lange dauern - den verdienten Applaus spendete.
Ein Abend, an dem nicht nur Jazzherzen Luftsprünge machten. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch am 2. März bei der „Soul Jazz Alliance“ oder wenn am 15. März „The Ladys“ das Sagen haben, der Rheinfelder Schützenkeller wieder völlig aus dem „Häuschen“ sein wird und ab zu Erinnerungen an das legendäre „Tis“ wachgerufen werden.
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