Kein Immunitätsschutz für Nationalrat Glarner
Von: mm/f24.ch
Die Immunitätskommission des Nationalrats (IK-N) hat mit 5 zu 4 Stimmen entschieden, dass die dem Aargauer SVP Nationalrat Andreas Glarner vorgeworfenen Äusserungen in den sozialen Medien nicht von der relativen Immunität geschützt sind. Deshalb ist sie auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern vom 15. Oktober 2024 um Aufhebung der Immunität von Andreas Glarner nicht eingetreten.
Mit Gesuch vom 15. Oktober 2024 ersucht die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern um die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen Nationalrat Andreas Glarner wegen Verdachts auf Diskriminierung und Aufruf zu Hass (Art. 261bis Strafgesetzbuch (StGB)).
Nationalrat Glarner hatte auf den sozialen Netzwerken folgenden Post veröffentlicht: «Sollten wir nicht langsam einer Religion Einhalt gebieten, deren Angehörige ihren Forderungen nach Kopftuch, Sonderrechten, Kalifaten, Minaretten, Gebetsrufen, Scharia-Gerichten usw. durch Sprengstoffanschläge, Angriffe auf unbescholtene Bürger Nachdruck verleihen … #stoppislam»
Die Kommission hat Nationalrat Glarner angehört. Er hat erklärt, dass sich sein Post durchaus in den Kontext seiner langjährigen politischen Arbeit einordnen lasse. Er habe damit keineswegs Einzelpersonen angegriffen, sondern eine Gefahr für die Gesellschaft und für die Schweiz angesprochen, mit der sich auch sein politisches Handeln schwerpunktmässig befasse.
Die Immunitätskommission hat sich in diesem Zusammenhang vertieft mit der Frage auseinandergesetzt, wann Äusserungen von Ratsmitgliedern auf social media von der relativen Immunität geschützt sind. Durch die Einschränkung des Anwendungsbereichs der relativen Immunität auf Fälle mit einem unmittelbaren Zusammenhang zur amtlichen Stellung oder Tätigkeit mit der 2011 in Kraft getretenen Revision sollte die relative Immunität eingegrenzt werden.
Die Kommission ist deshalb der Ansicht, dass Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht pauschal gegenüber Privaten privilegiert werden dürfen, wenn sie sich auf Plattformen äussern, über welche grundsätzlich jede Privatperson die Öffentlichkeit erreichen kann. Es muss vielmehr im Einzelfall entschieden werden, ob der nötige unmittelbare Zusammenhang besteht.
Dieser gesetzgeberischen Zielsetzung hat die IK-N mit ihrem Entscheid entsprechen wollen. Nach Ansicht der Kommission ist Nationalrat Glarner im vorliegenden Fall nicht durch die relative Immunität geschützt. Die Aussage von Nationalrat Glarner sei zu allgemein und pauschal gehalten, als dass sich eine Verbindung zu bestimmten parlamentarischen Geschäften herstellen oder konkrete gesetzgeberische Massnahmen daraus ableiten liessen.
Deshalb wäre eine Besserstellung gegenüber Privaten, die sich in ähnlicher Art und Weise auf social media äussern, nicht gerechtfertigt. Aus diesen Gründen hat die Kommission den unmittelbaren Zusammenhang mit dem parlamentarischen Mandat verneint und ist mit 5 zu 4 Stimmen nicht auf das Gesuch eingetreten.
In einem nächsten Schritt wird die Rechtskommission als zuständige Kommission des Ständerates das Gesuch behandeln.
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