Kohlenstoffaustausch über das „Wood Wide Web“?
Von: Thomas Richter
Die Vorstellung, dass Bäume über unterirdische Pilznetzwerke – dem so genannten „Wood Wide Web“ (Holzweites Netz - im Original: World Wide Web / Weltweites Netz)– miteinander „kommunizieren“, hat bei vielen Menschen die Fantasie beflügelt. Bücher und Dokumentarfilme haben das Konzept, bei dem Bäume angeblich über diese Netzwerke Nährstoffe miteinander austauschen, populär gemacht. Eine neue Studie der Universität Göttingen deutet jedoch darauf hin, dass die Realität etwas differenzierter sein könnte.
Eine Waldversuchsfläche, die ein Mischwaldgebiet aus Buchen und Douglasien darstellt. Der massive Baumstamm im Vordergrund gehört zu einer Douglasie, einer nicht einheimischen Nadelbaumart, die ursprünglich aus Nordwestamerika kommt. (Foto: Christina Hackmann/ Universität Göttingen)
Die Forschenden fanden heraus, dass junge Buchen Kohlenstoff an nahe gelegene „Ektomykorrhizapilze“ übertragen können – eine Pilzart, die auf und zusammen mit den Baumwurzeln in einer symbiotischen Beziehung wächst –, aber nicht an andere Bäume.
Diese Pilze bilden komplexe unterirdische Verbindungen mit Baumwurzeln und es wurde vermutet, dass sie auch Bäume miteinander verbinden und einen gegenseitigen Nährstoffaustausch ermöglichen könnten. Die neuesten Forschungsergebnisse werfen jedoch Fragen darüber auf, wie viel Austausch tatsächlich stattfindet. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift New Phytologist veröffentlicht.
Um die Bewegung des Kohlenstoffs zu verfolgen, verwendeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Isotopenmarkierung. Dabei versorgten sie eine junge „Spender“-Buche mit CO2, welches sie mit einem schwereren Kohlenstoffisotop (bekannt als Kohlenstoff-13) angereichert hatten, und warteten fünf Tage, um dem Baum Zeit zu geben, Kohlenstoff-13 zu absorbieren und in seine Wurzeln zu übertragen.
Dann massen sie den Kohlenstoff in den Wurzeln, Stämmen und Blättern eines nahe gelegenen potenziellen „Empfänger“-Baums. Ektomykorrhiza-Wurzeln, also die Wurzeln, die mit den Pilzen symbiotisch verbunden sind, waren für die Forschenden von besonderem Interesse. Mit einem chirurgischen Eingriff trennten sie das Pflanzengewebe vom pilzbesiedelten Gewebe der Wurzelspitzen.
Sie stellten fest, dass Kohlenstoff-13, der Marker für den vom Spender stammenden Kohlenstoff, nur im pilzbesiedelten Gewebe und nicht im Rest der Wurzeln des Empfängerbaums vorhanden war. Das Forschungsteam wiederholte das Experiment an Douglasien und stellte erneut fest, dass sich Kohlenstoff-13 nur im pilzbesiedelten Gewebe befand, wenn auch in geringeren Mengen bei dieser Baumart.
„Die Ergebnisse befeuern eine seit langem bestehende Debatte in der Ökologie: Sind Bäume wirklich auf kooperative Weise miteinander verbunden?“, fragt die Postdoktorandin Dr. Michela Audisio von der Abteilung für Forstbotanik und Baumphysiologie der Universität Göttingen.
Sie fügt hinzu: „Es ist schwer vorstellbar, dass Ektomykorrhizapilze uneigennützig Kohlenstoff von einem Baum auf einen anderen übertragen würden. Aber wahrscheinlich ist es für die Pilze von Vorteil, wenn sie Zugang zu mehreren Kohlenstoffquellen haben, insbesondere, wenn sie unter Umweltstress stehen“.
Die Studie untersuchte auch, was diese Ergebnisse für die Wälder im Allgemeinen bedeuten. Die Forschenden fanden heraus, dass die Ektomykorrhiza-Wurzeln der Douglasie, einer nicht einheimischen Baumart, etwas weniger des markierten Kohlenstoffs aufnahmen als die der Rotbuche, welche bei uns heimisch ist.
„Dies könnte bedeuten, dass in Wäldern, die mit Douglasien gemischt sind, Ektomykorrhizapilze weniger häufig vorkommen, was sich möglicherweise auf den Kohlenstoffkreislauf des Waldes auswirkt“, so Audisio.
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