Spassiger Stiefel-Weitwurf-Wettkampf
Von: Hans Berger
Eigentlich gibt es keinen Grund, weshalb Gummistiefel weggeschissen werden, es sei denn, sie sind nicht mehr dicht, die Gummistiefel natürlich und nicht jene, die Sie mit viel Adrenalin im Blut wegkatapultieren. Denn schliesslich ist das Schuhwerk zwar nicht besonders adrett, bei pflotschigem Boden aber durchaus nützlich.
So wunderten sich vermutlich am vergangenen Samstag einige der unbescholten am Sportplatz Münchwilen vorbeispazierenden Passanten über das absonderliche Treiben auf dem prächtig gelegenen Gelände. Denn was sie da konstatierten, passte in keines ihrer selbst abstrusesten Schemen.
Was im ersten Moment auch recht plausibel ist. Denn wenn jemand die Gummistiefel nicht sonderlich mag, ist er/sie in unserem Lande noch frei genug, deren Nutzen einfach zu ignorieren. Daher konnte es schon vorkommen, dass einige der Spaziergänger*innen kopfschüttelnd weiterzogen.
Wettkampf
Dies aber nur, weil sie nicht erfassten, dass auf dem Sportplatz ein durchaus „ernst“ zu nehmender, mit viel Klamauk verbundener, sportlicher Wettkampf im Stiefelweitwurf ausgetragen wurde und unter den Teilnehmern vielleicht gar eine künftige Weltmeisterin, ein künftiger Weltmeister weilte.
Und wie geht das? Alles eine Frage des Handwerks: Die Technik beim Stiefelwerfen ist ein Mittelding aus Diskus- und Speerwerfen. Die genaue Wurftechnik ist den Wettstreitern freigestellt, geregelt ist allerdings die Stiefelfrage: Männer werfen Stiefel der Größe 43 mit einem Gewicht von einem Kilogramm, bei den Frauen sind es 850 Gramm in Größe 38.
Geschichtliches
Die Ursprünge des Gummistiefel-Weitwurfs sollen nach Finnland führen, wo den Überlieferungen zufolge Seeleute am Ende des 19. Jahrhunderts dieses Wurfspiel erfunden haben. Geschichtlich einwandfrei dokumentiert ist dies jedoch nicht.
Viele Jahre später kam das unterhaltsame und sportliche Spiel so richtig auf, und es wurde ein Regelwerk geschaffen. Seit 1975 wird der Gummistiefel-Weitwurf in Finnland als offizieller Mannschaftssport ausgetragen.
Um auch überregionale Wettbewerbe durchführen zu können, wurde sogar ein Weltverband gegründet und 1992 die erste Weltmeisterschaft ausgetragen. Seitdem gibt es jährlich eine Weltmeisterschaft und diverse Weltcup-Turniere.
Die teilnehmenden Mannschaften kommen bis in die heutigen Tage aus Finnland, Schweden, Estland und Russland. Nur die Besten schaffen es, das aerodynamisch etwas unglücklich geformte Geschoss über 50 Meter weit zu schleudern.
Spass am Spass
Seit drei Jahren ist auch der Feuerwehrverein Münchwilen mit von der Partie. Neben den Gummistiefel-Athleten kommt auch dort das Publikum auf seine Kosten: Zu bewundern gibt es beim Abwurf die schönsten Anläufe und Drehungen und so manch eine Galosche fliegt ihre ganz eigene Bahn und landet weit abgeschlagen neben dem Feld oder gar nur einige Meter nach der Abwurfstelle.
Um auf Weltniveau mitreden zu können, müssten die Münchwiler Athletinnen und Athleten ihr Training jedoch noch gehörig intensivieren, denn mit einer durchschnittlichen Wurfdistanz von 22 Metern (Frauen), respektive 30 Metern (Männern) erreichten die Besten unter ihnen knapp die Hälfte der WM-Vorgaben.
Aber was soll‘s? Der Spassfaktor war mega hoch und das war letztendlich das Einzige, was beim 3. Stiefel-Weitwurf-Wettkampf in Münchwilen zählte.
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