Wie der Schmetterling zur Puppe kam
Von: Christine Xuan Müller
Mehr als 60 Prozent aller Tierarten sind Insekten. Die grosse Mehrheit dieser Arten hat eine komplette Metamorphose: die Larve verwandelt sich in einer Puppe in das erwachsene Insekt - so entsteht z.B. aus einer Raupe ein Schmetterling. Im Puppenstadium wird der Körper völlig umgebaut und auch die inneren Organe sind davon betroffen. Warum hat die Evolution einen derartigen radikalen Gestaltwandel hervorgebracht?
Verpuppung einer Raupe von Inachis io (Tagpfauenauge) in 60-Sekunden-Schritten (Foto: Mnolf, CC BY-SA 3.0)
Bisher ist diese Frage, die doch die Mehrheit aller Tierarten betrifft, völlig offen. Eine Idee ist, dass dies ein schnelleres Wachstum erlaubt: die Larve wächst, in der Puppe entsteht das erwachsene Tier. Schnelles Wachstum ist oft von Vorteil, z.B. wenn Ressourcen knapp sind oder auch wenn die Saison kurz ist.
Eine neue Studie (Schnelles Wachstum und die Entwicklung einer vollständigen Metamorphose bei Insekten), die in der renommierten Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences / dt. Verfahren der Nationalen Akademie der Wissenschaften " (USA) erschienen ist, zeigt nun durch einen Vergleich verschiedener Insektenarten und ein mathematisches Modell, dass dieses Szenario sehr plausibel ist.
Forschende der Freien Universität Berlin, der Princeton University und des Leibniz-Instituts für Gewässerbiologie und Binnenfischerei haben untersucht, ob Insekten mit einem Puppenstadium schneller wachsen als Insekten, die keine Puppen haben. Zur ersten Gruppe – den holometabolen Insekten - gehören etwa Käfer, Schmetterlinge, Hautflügler und Fliegen. Zu Insekten ohne Puppenstadium zählen zum Beispiel Wanzen oder Heuschrecken. In der Tat wachsen die Insektenlarven der holometabolen Insekten wesentlich schneller.
Um nun zu zeigen, dass schnelles Wachstum, das evolutiv vorteilhaft ist, am besten durch ein Puppenstadium erreicht werden kann, wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Jessica Metcalf aus Princeton ein mathematisches Modell entwickelt.
„Die Ergebnisse der Kombination von Daten verschiedener Insektenarten mit und ohne Puppe mit einem mathematischen Modell sprechen stark dafür, dass die komplette Evolution der Insekten entstanden ist, weil nur so ein oftmals ökologisch vorteilhaftes schnelles Wachstum erreicht werden kann“, sagt die Erstautorin der Studie, Evolutionsbiologin Dr. Christin Manthey, inzwischen am Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena.
„Es gibt auch noch weitere Hypothesen, die die Metamorphose der Insekten versuchen zu erklären, die aber auch kaum untersucht sind“, betont der Leiter der Studie, Prof. Dr. Jens Rolff, Biologe an der Freien Universität Berlin.
„Angesichts der wichtigen Rolle, die Insekten für unsere Ökosysteme und auch unsere Nahrungsmittelproduktion als Bestäuber aber auch Pflanzenfresser innehaben, ist dieser fundamentale Aspekt ihrer Biologie ein sehr wichtiger Baustein zum besseren Verständnis der Insekten.“
«fricktal24.ch – die Online-Zeitung fürs Fricktal
zur Festigung und Bereicherung des Wissens»