Das „Buch der Bücher“ im Museum Schiff
Von: Hans Berger
An der Bibel für kein Weg vorbei auch wenn sich in der Schweiz nur noch knapp 68 % der Bevölkerung zum Christentum bekennen und lediglich 27 % regelmässig in die Kirche gehen. Denn die Bibel war Jahrhunderte lang, weit über die Französische Revolution (1789-1799) hinaus, sowohl für Klerus, Adel wie Kunstschaffende die Triebfeder um künstlerisch über sich hinauszuwachsen. Kurzum, ohne Bibel gäbe es die abendländische Kultur inklusive Menschenrechte nicht. Insofern bietet die aktuelle Ausstellung im Laufenburger Museum Schiff „Biblia deutsch, Entstehung - Handwerk - Kunst" nicht nur interessante Einblicke in die biblische, sondern ebenso in die kulturelle Entwicklungsgeschichte
Entstehung
Die christliche Bibel ist eigentlich nicht ein Buch, sondern vielmehr eine kleine Bibliothek. Sie enthält in der katholischen 73 und in der protestantischen Fassung 66 Bücher. Geschrieben wurde das Alte Testament von 1‘500 v. Chr. bis 100 n. Chr.
Der früheste Text des Neuen Testaments stammt aus dem Jahr 50. Aber erst Ende des 2. Jahrhunderts n.Chr. stand das Neue Testament im Wesentlichen in seinem heutigen Umfang fest. Die Auseinandersetzungen der Folgezeit führten im Jahr 367 zur endgültigen Festlegung eines Kanons (d.h. wörtlich »Richtschnur«) von 27 Schriften, der seitdem in allen grossen Kirchen Geltung hat.
Das Buch der Bücher
Die rund vierzig Verfasser der Bibel sind zum grössten Teil nicht namentlich bekannt, das gilt insbesondere für die Bücher der jüdischen Bibel (Altes Testament), aber auch für einige der zwischen 50 n. Chr. und 120 n. Chr. entstandenen Schriften des christlichen Neuen Testamentes.
Stilistisch deckt die Bibel (wie eine Bibliothek) vom trockenen Gesetzestext bis zum poetischen Liebeslied, von märchenhaften Erzählung mit unwirklichen Elementen, deren Wahrheit auf der psychologischen Ebene liegt, bis zum sozialpolitischen Manifest, respektive politischer Programmschrift, von der statistischen Liste mit den Daten einer Volkszählung bis zur ausgefeilten Novelle so ziemlich jede denkbare Richtung ab.
Widerspruchsvoll
Die Bibel verkündet, entgegen der vorherrschenden Meinung, keine einheitliche, in sich logisch geschlossene Weltanschauung oder religiöse Lehre. Dies wird jede*r einigermassen unvoreingenomme Leser*in beim aufmerksamen Durchlesen selbst feststellen, auch wenn die Vertreter der Kirchen oft das Gegenteil behaupten.
Die unendlichen Kämpfe zwischen Katholiken und Protestanten um die richtige Deutung der Bibel zeigen diesen Befund nur allzu klar. auf Der Grund dafür, dass „man mit der Bibel alles und auch das Gegenteil davon beweisen kann" liegt in der langen Zeit ihrer Entstehung (rund 2'000 Jahre) und vor allem in der grossen Zahl ihrer Verfasser.
Roter Faden
Es gibt aber sehr wohl einen gemeinsamen „roten Faden“, der sich durch die ganze Bibel hindurch zieht: Die Bibel ist ein Spiegelbild der lebendigen Kultur eines kleinen Volkes mit einem ausgeprägten Willen zur Unabhängigkeit von grossen Staatsgebilden ebenso wie von geistigen Modeströmungen. Zudem glauben alle biblischen Schriftsteller nicht nur an die Existenz eines Schöpfergottes, sondern auch daran, dass dieser Gott mit seinem auserwählten Volk durch die Geschichte geht und in deren Verlauf immer wieder eingreift.
Darüber, was genau dieser Gott von seinem Volk erwartet, gehen die Meinungen der Verfasser der einzelnen biblischen Bücher allerdings weit auseinander. Dabei geht es nur zu einem geringen Teil um Unterschiede, die man mit „kulturellem Fortschritt" erklären könnte. Weit grösser sind die Einflüsse grundsätzlicher Strömungen, die es so in jeder grösseren Religion gibt.
Biblia deutsch, Entstehung - Handwerk - Kunst"
Ihren eigentlichen Boom erlebte die Bibel mit der Erfindung des Buchdrucks. Im Jahre 1454 brachte Johannes Gutenberg erstmals 180 gedruckte Bibeln auf dem Markt die im Nu ausverkauft waren. Die Sensation dieser gedruckten Form widerspeigelt sich in den Preisen. Zehn Jahreslöhne eines Schreiners kostete eine noch von Hand geschriebene Bibel vor der Erfindung der Druckmaschine, wenige Jahre danach waren es noch drei Wochenlöhne. So wurde die Bibel rasch zum Bestseller. Das Volk konnte sich das schriftliche Wort Gottes plötzlich leisten und machte rege Gebrauch davon, was bekanntlich Jahre später der Reformator Martin Luther (1483-1546) zu nutzen wusste.
Die Ausstellung in Laufenburg befasst sich mehrheitlich mit der gedruckten Bibel. Besonders eindrücklich sind die zwischen 1470 und 1540 entstandenen Exemplare. Mit ihren vielen Abbildungen weisen sie eine Parallele zur heutigen Zeit auf in der das Bild oft wichtiger ist wie der Text. Damals mag das ja noch verständlich gewesen sein, da die Menschen noch nicht so des Lesens mächtig waren, aber heute…!!!?
Prof. Georg Adlmaier-Herbst erklärt dazu: „Bilder zeigen Gefühle wesentlich besser als Texte. Wir nehmen sie 60‘000 Mal schneller wahr als Texte. Ein flüchtiger Blick reicht, um uns einen ersten Eindruck zu machen. In Zahlen: 0,1 Sekunden reichen, damit wir uns grob etwas unter dem Bild vorzustellen können.“
Wenn dem tatsächlich so ist, kann an dieser Stelle der Bericht über die aktuelle Ausstellung im Laufenburger Museum Schiff abgebrochen und auf die ausführliche Fotoreportage verwiesen werden. Ein Besuch der spannenden Ausstellung „Biblia deutsch, Entstehung - Handwerk - Kunst" kann dennoch wärmstens empfohlen werden, denn er würde das im Bericht und in den Fotos erhaschte Wissen vertiefen, respektive abrunden.
«fricktal24.ch – die Online-Zeitung fürs Fricktal
zur Festigung und Bereicherung des Wissens»