Kaiseraugst feierte Weihnachten
Von: Hans Berger
Immer schriller, immer schräger, immer mehr, immer lauter, immer hektischer, so lautet ein heutiges Fazit der seit Anfang des 4. Jahrhunderts gefeierten Weihnachtszeit. Kaiseraugst indes geht an seiner öffentlichen, von den drei Kirchgemeinden organisierten Weihnachtsfeier seit über dreissig Jahren einen anderen Weg. Geschäftiges, profitorientiertes Treiben ist inexistent, stattdessen wird Entschleunigung und der christliche Aspekt von Weihnachten ins Zentrum gerückt. Klein, aber fein lautet das Motto und echtes Einstimmen auf die ruhigste, besinnlichste Zeit im Jahr die Zielsetzung.
Kaiseraugst feierte Weihnachten
Weil sich immer weniger Menschen in der Schweiz zum christlichen Glauben bekennen und die Zahl der Konfessionslosen rasant zunimmt, ist ein erfolgreiches Festhalten am Kaiseraugster Konzept der Weihnachtsfeier nicht einfach. Dennoch versammelten sich vergangenen Dienstag, trotz bissiger Kälte, rund hundert Menschen im weihnachtlich beleuchteten Alterszentrum Rinau Park, um das Fest der Liebe, des Lichtes in trauter Gemeinsamkeit zu feiern.
Weihnachtsfeeling
Der geschmückte Tannenbaum, die Lichterketten, der würzige Duft von Glühwein und die im grossen Park zahlreich verteilten Feuerstellen weckten bei den Besucherinnen und Besuchern im Nu das kaum zu beschreibende, eigenartige, mystische, „stille Nacht, heilige Nacht“ auf die Lippen zaubernde Weihnachtsfeeling.
Märchenhaft
Irgendwie war das Ambiente auch märchenhaft, was eben auch ein Teil der heutigen Weihnacht ist. Dies mag dann vielleicht auch der Grund gewesen sein, weshalb die Musikgesellschaft Kaiseraugst unter der neuen Leitung von Philippe Wendling sie mit der Filmmusik zu „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ die traditionsreiche ökumenische Feier eröffnete.
Zur Tradition gehört im Übrigen auch, dass diese, bis vor einem Jahr noch „Dorfweihnacht“, seit heuer „Kaiseraugster Weihnacht“ genannte Feier im Alterszentrum stattfindet. Deren Leiterin Raphaela Bootz oblag es dann auch, die Besucherinnen und Besucher zu begrüssen, dabei offenbarte sie ihnen, dass sie sich in Kaiseraugst sehr wohl fühle und lobte den Zusammenhalt in der Gemeinde.
Weihnachtsgeschichte
Nach dem Willkommensgruss und einem Gebet von Pfarrer Andreas Fischer (ref.), dem gemeinsam gesungenen Weihnachtslied „Herbei, o ihr Gläubigen“ las Pfarrer Peter Grüter (christ-kath.) die unterschiedlichen Weihnachtsgeschichten von Lukas, respektive jene von Matthäus.
Die Weihnachtsgeschichte des Lukas-Evangeliums ist heute eindeutig die bekanntere. Oftmals findet sich, beispielsweise in Kinderbüchern, eine Art Best-of-Version - eine Erzählung also, in der Elemente aus beiden Geschichten eingeflossen sind. Auch in fast allen Weihnachtskrippen gibt es als Figuren sowohl Hirten (Lukas), wie auch die Heiligen Drei Könige (Matthäus).
Ein geschenkter Stern
Auf die Geschichte von Matthäus berufend sang unter der Leitung von Isabel Torres der Gospelchor „Wieder naht der heil’ge Stern“. Allerdings war das Lied auch ein guter Einstieg zu der berührenden Geschichte, welche Diakon Stephan Kochinsky (röm.-kath.) kundtat.
Nachstehend die unausgeschmückte Kurzfassung:
Eine im Altersheim lebende betagte Frau erzählte ihrem Pfleger, dass ihr Grossvater einst eine enge Beziehung zu einem Stern hatte. Als es für ihn an der Zeit war, die Sterne von hinten anzuschauen, schenkte er seiner Enkelin seinen Stern. Dieser wurde auch ihr Lebensbegleiter, nun sei es aber an der Zeit, so die Seniorin, dass auch sie die Sterne von hinten anschauen wolle. Weil sie aber keine Nachkommen hatte, fragte sie den Pfleger, ob sie ihren Stern ihm schenken dürfe. Dieser zeigte sich sehr erfreut und nahm das Geschenk dankend an.
Dementsprechend lautet ein nicht zwingend materiell gedachtes Zitat Jesus: „Geben ist seliger denn nehmen“. Die kanadische Sozialpsychologin Elizabeth Dunn erklärt diesbezüglich: „Die Wirkungen des Gebens kann man mit der körperlichen Ertüchtigung vergleichen. Sie haben kurz- und langfristige Folgen. Wer einmal spendet, wird für einen Tag glücklich; wenn es zu einem Lebensstil wird, kann es nachhaltig wirken.“
Sei‘s drum, das gemeinsam gesungene Lied „Oh du fröhliche“ widerspiegelte das Gefühl, welche die Geschichte bei den Singenden ausgelöst hatte.
„Ich verstehe ihn so gut“
Abschliessend wurde auf Einladung von Pfarrer Andreas Fischer das „Vater unser“ gebetet und durch den Pfarrer der Segen erteilt, worauf der Gospelchor mit „I know him so well“ (Ich verstehe ihn so gut) antwortete. Und sicher verstand der Chor danach auch, dass aufgrund der bissigen Kälte viele ihrer begeisterten Zuhörerschaft Glühwein, Punsch, Suppe vom Feuer, heissi Maroni und Zopf mehr begehrten wie eine Zugabe.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»