Kosten für Pflegeleistungen und ambulante ärztliche Behandlungen steigen markant
Von: mm/f24.ch
Die Kosten steigen im ersten Halbjahr 2024 fast in sämtlichen Bereichen stark an. Die grössten Kostentreiber bleiben laut Santésuisse dem Branchenverband der schweizerischen Krankenversicherer die ambulanten Arzt- und Spitalleistungen mit einem Plus von 400 Millionen Franken: In den Spitalambulatorien sind die Kosten um 5.2 Prozent (4.3 Prozent pro Kopf) gestiegen, das entspricht einer Steigerung von rund 200 Millionen Franken gegenüber dem ersten Halbjahr 2023. Der Kostenanstieg für Leistungen in Arztpraxen beläuft sich ebenfalls auf rund 200 Millionen Franken (5.0 Prozent respektive 4.0 Prozent pro Kopf).
Starke Kostendynamik im Pflegebereich
Besonders ausgeprägt ist der Kostenanstieg bei den Pflegeleistungen, vor allem im Spitex-Bereich (9.0 Prozent respektive 8.0 Prozent pro Kopf). Dieses Wachstum wird allerdings nicht durch tiefere Pflegeheimkosten kompensiert. Auch dort steigen die Pflegekosten um 4.3 Prozent (3.3 pro Kopf) markant an.
Ein Teil dieser Entwicklung ist auf das sehr starke Wachstum bei den Pflegeleistungen für Angehörige zurückzuführen. Alleine in diesem Bereich belaufen sich die Kosten pro Jahr neu auf rund 100 Millionen Franken. Hier ist insbesondere die Wachstumsdynamik besorgniserregend.
Medikamentenkosten steigen weiter
Anhaltend hoch fällt das Kostenwachstum bei den Apotheken (5.6 respektive 4.7 Prozent pro Kopf) aus. Auch die Kosten für verkaufte Medikamente in Arztpraxen steigen weiter (4.7 Prozent respektive 3.7 Prozent pro Kopf).
Insgesamt belaufen sich die Medikamentenkosten auf gegen 10 Milliarden Franken pro Jahr und machen damit nahezu einen Viertel der Ausgaben in der Grundversicherung aus. Diese Kosten setzen sich zusammen aus den Verkäufen in Apotheken, Arztpraxen und durch die von Spitälern direkt abgegebene Medikamente.
Laboranalysen mit ausserordentlich starkem Wachstum
Ein Kostensprung ist bei den Laboranalysen zu beobachten: Plus 12.4 Prozent im ersten Halbjahr 2024 (11.4 Prozent pro Kopf). Das entspricht einer Kostensteigerung von rund 60 Millionen Franken alleine für das erste Halbjahr 2024. Damit liegen die Ausgaben für Laboranalysen sogar höher als vor der Preissenkung um 10 Prozent im Sommer 2022.
Physiotherapie mit weiterem Kostenschub
Ein starkes Wachstum weist erneut auch die Physiotherapie mit 6.3 Prozent aus (5.3 Prozent pro Kopf). Immer öfters rechnen Praxen sogenannt aufwändige Physiotherapie-Behandlungen ab, welche die Grundversicherung stärker belasten.
2018 betrug der Anteil der aufwändigen Behandlungen an den gesamten physiotherapeutischen Kosten noch 23 Prozent – im Jahr 2023 waren es bereits 39 Prozent. Vor allem bei Gruppenpraxen ist seit mehreren Jahren ein anhaltend hohes Wachstum zu beobachten. Die anstehende Tarifreform muss genutzt werden, um dem starken Wachstum wirksam entgegenzutreten.
Auch in den Spitälern steigen die Kosten
Auch die Spitäler verzeichnen ein Kostenwachstum. Mit einem Plus von 1.5 Prozent (0.6 Prozent pro Kopf) fällt es auf den ersten Blick moderat aus. Dass das Wachstum nicht höher ist, dürfte einerseits auf das kostendämpfende Tarifsystem mit Pauschalen zurückzuführen sein, dank denen die Anreize für die Spitäler und die Kostenträger richtig gesetzt sind.
Allerdings wäre ein stabiler oder gar rückläufiger Wert zu erwarten gewesen, da 2023 noch übermässig viele Vorjahresrechnungen beglichen werden mussten. Dass dieser statistische Effekt sich nicht stärker niederschlägt, hängt damit zusammen, dass die Tarife auf breiter Front gestiegen sind.
Für die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler sind die aktuellen Wachstumsraten wenig erfreulich. Nach zwei Jahren mit starkem Kosten- und Prämienwachstum wäre eine Verschnaufpause für die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler umso wichtiger. Angesichts des hohen Kostenwachstums im ersten Halbjahr 2024 ist eine solche allerdings wenig realistisch.
Massnahmen zugunsten der Prämienzahler: Neuer Arzttarif, überhöhte Tarife senken!
Kostendämpfende Massnahmen sind laut Santésuisse dringend nötig, um weitere starke Prämienanstiege zu vermeiden. Alle Akteure des Gesundheitswesens sind gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Nur so bleibt die soziale Krankenpflegeversicherung bezahlbar. Der erneut sehr starke Kostenschub im ambulanten Arztbereich zeigt, wie dringend eine Tarifreform ist.
Die vom Bundesrat im Frühsommer 2024 genehmigten ambulanten Pauschalen weisen hier den Weg und können zu einer Dämpfung des Kostenwachstums beitragen. Nun sind alle Akteure gefragt, bei der Einführung des neuen Arzttarifs bestehend aus Pauschalen und einem ergänzenden Einzelleistungstarif Augenmass zu wahren und dafür zu sorgen, dass die Rechnung für die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler aufgeht.
Angesichts der neusten Kostenzahlen ist gemäss Santésuisse umso wichtiger, dass der neue Tarif kostenneutral umgesetzt wird. Kostenschübe, wie sie die Versicherten wegen der Mängel des aktuellen Einzelleistungstarifs Tarmed aktuell hinnehmen müssen, sind künftig zu vermeiden.
Auch bei den Medikamentenkosten sind Preissenkungen angezeigt, fordert Santésuisse. Hier liege ein Potential von mehreren hundert Millionen Franken brach, das es endlich zu realisieren gelte. Dasselbe gelte für die Labortarife, die weiterhin viel zu hoch angesetzt seien. Bei der Umsetzung der Pflegeinitiative müssten vermehrt auch die Interessen der Prämienzahlerinnen und Prämienzahler Berücksichtigung finden.
«fricktal24.ch – die Online-Zeitung fürs Fricktal
zur Festigung und Bereicherung des Wissens»