Medikamente - Immer mehr und teurer
Von: mm/f24.ch
Im Jahr 2022 sind die Kosten der Grundversicherung für Arzneimittel gestiegen. Insgesamt beliefen sie sich im ambulanten Bereich auf 8,5 Milliarden Franken, was einem Plus von 360 Millionen Franken gegenüber dem Vorjahr entspricht. Um die Finanzierbarkeit echter Innovationen weiterhin zu gewährleisten, braucht es neue Preisbildungsregeln und kostendämpfende Massnahmen wie Mengenrabatte. Seit zehn Jahren analysiert Helsana die Entwicklung des Arzneimittelmarktes in der Schweiz.
Medikamente haben das Potenzial, den Verlauf von Krankheiten und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten positiv zu beeinflussen. Andererseits verursachen Medikamente hohe Kosten und können teilweise ihr Leistungsversprechen nicht einhalten, werden nicht nach neuesten medizinischen Erkenntnissen eingesetzt, oder sind unverhältnismässig teuer.
Scheininnovationen sind auf dem Vormarsch
Die Zahlen der Studie zeigen, dass Medikamente immer häufiger eingesetzt werden: Es gibt mehr Personen mit Medikamentenbezügen und es werden mehr Medikamente pro Person eingesetzt. Pikant: Neue Medikamente sind oft sehr teuer und haben meistens Packungspreise von über 1’000 Franken. Nicht immer sind diese neuen Therapien besser als die bisherigen, und nur vier von 45 neuen Medikamentenwirkstoffen weisen im Jahr 2022 Innovationscharakter auf, besagt die Helsana-Studie.
«Die Öffentlichkeit muss sich darauf verlassen können, dass keine überhöhten Preise für Medikamente bezahlt werden, insbesondere bei Pseudoinnovationen», betont Manuel Elmiger, Gesundheitsökonom und Verantwortlicher des Arzneimittelreports bei Helsana. Um das herauszufinden, brauche es einen klaren, unvoreingenommenen Blick auf die Entwicklungen. Diesen ermögliche Helsana bereits zum zehnten Mal mit dem Arzneimittelreport.
Sehr hohe Pro-Kopf-Kosten
Im letzten Jahr haben laut der Studie 6,8 Millionen Personen (+5,2 % mehr als im Vorjahr) 127 Millionen Medikamentenpackungen bezogen (+3,7%) und damit insgesamt Mehrkosten von 360 Millionen Franken (+4,4%) verursacht. Die Kostensteigerungen seien vor allem auf relativ neue Medikamente im Hochpreissegment zurückzuführen. Dies führe zu sehr hohen Pro-Kopf-Kosten moderner Therapien, wie beispielsweise Therapien gegen Krebs, Diabetes oder zystische Fibrose.
Krebsmedikamente verursachten mit nur 0,7% aller im Markt bezogenen Packungen über eine Milliarde Franken. Moderne Monotherapien für die Behandlung von Krebs seien hochteuer und kosten heute 30‘000 Franken oder deutlich mehr pro Person und Jahr. Müssen verschiedene teure Medikamente in einer Therapie kombiniert werden, resultieren besonders hohe Kosten. Die Volkskrankheit Diabetes habe eine Kostensteigerung von 50 Millionen Franken erfahren und im Jahr 2022 Gesamtkosten von 411 Millionen Franken verursacht.
Deutliche regionale Unterschiede
Von Region zu Region gibt es laut der Studie deutliche Unterschiede bei den Pro-Kopf-Medikamentenkosten. Gründe dafür seien beispielsweise die Demographie, die individuellen Präferenzen sowie Unterschiede im Leistungsangebot. Das Tessin, Teile der Nord-Westschweiz und der Kanton Genf haben 25 Prozent höhere Ausgaben pro Einwohner als ein Teil der Innerschweiz und gewisse Kantone in der Ostschweiz.
Medikamentenpreise müssen sinken
«Der Arzneimittelreport zeigt auf, dass immer teurere Produkte eingenommen werden. Wohin das führt, spürt die Bevölkerung jedes Jahr an den steigenden Krankenversicherungsprämien», sagt Helsana-CEO Roman Sonderegger. Mengenabhängige Preise würden das Kostenwachstum bremsen. Bisher seien die Anzahl der verkauften Packungen oder der Umsatz, respektive die Gesamtkosten einer einzelnen Therapie, kein Kriterium für die Preisfestsetzung.
Der Umsatz eines einzelnen Medikamentes könne also ungebremst wachsen. Werde ein Arzneimittel häufiger verkauft, sollte dies ab einer bestimmten Umsatzschwelle zwingend zu einem Preisnachlass führen. Bei der Zulassung neuer Medikamente sollte besser geprüft werden, ob es sich tatsächlich um eine Innovation mit hohem Nutzen handelt.
Transparente Preisfestsetzung und günstigere Nachahmerprodukte
Obwohl klare Kriterien für die Preisbildung bestehen, kämen die Preise oft durch geheime Verhandlungen zwischen der Pharmaindustrie und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zustande. Als Trägerin der Kosten sollte die Öffentlichkeit wissen, wie die Preise zwischen der Pharmaindustrie und dem BAG verhandelt werden.
Nicht zuletzt biete der Arzneimittelmarkt auch gleich wirksame, aber günstigere Produkte, sowohl Original- als auch gleichwertige Nachahmerpräparate an. Im verstärkten Einsatz dieser Alternativen läge ein grosses Einsparpotenzial, das bisher nur mangelhaft genutzt werde.
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