Hoch lebe Ned und das Theater Gansingen
Von: Hans Berger
Dem Theater Gansingen ist mit seiner neusten Produktion „Hoch lebe Ned“ einmal mehr ein grosser Wurf gelungen, der alles übertrifft, was erwartet werden konnte. Regisseur Robert Oeschger hat das vierzehnköpfige Ensemble optimal auf die jeweiligen Rollen getrimmt, so dass das Publikum wenige Minuten nach Spielbeginn das Hier und Heute vergisst und sich eher in einem Irland wie aus dem Bilderbuch wähnt als in Gansingen. Auch wenn alle Spieler*innen ihren eigentlichen Charakter, ihre Seele professionell hinter der Bühne lassen, ist, aufgrund seines Alters, der erst elfjährige Raffael Steinacher alias Padi der eigentliche Star der mehrheitlich ausverkauften sechs Vorstellungen.
Das Ensemble vom Theater Gansingen
Es gibt wohl keine grössere Ironie des Schicksals, als im Lotto zu gewinnen und im nächsten Augenblick aus Schreck darüber tot umzufallen. Dieses Schicksal wiederfährt in einem irischen Fischernest auch Ned, der sich im Moment grössten Glücks über die Nachricht von einem Lottovolltreffer in den Himmel verabschiedet.
Schelmenstück
Zum Verdruss der beiden Freunde Charles (Jules Steinacher) und William (Markus Streit), die sich von Neds Vermögen irdischen Wohlstand erwarten und daher gegenüber der Lottogesellschaft den Toten wieder auferstehen lassen. Was auch im Dorf für Leben sorgt, zumal der Vertreter der Lottogesellschaft (Jürgen Grabbe) sich persönlich von der Existenz dieses Ned überzeugen will. Daraus entwickelt sich sukzessive ein Schelmenstück voll knarziger Komik mit ebenso verschlagenen wie charmanten Akteuren.
„Voyeurismus“
Dies ist allerdings nur ein Aspekt der Komödie, in der die Zuschauer*innen unisono dem in den Genen liegenden Voyeurismus ungehemmt frönen dürfen. Schliesslich plagt einem ja schon die Neugier, ob die Hobbydichterin Mary (Barbara Hollinger) letztendlich den übelriechenden Schweinehirten Steve (Matthias Moser) oder den smarten, parfümierten Gigolo Scott (David Oeschger) ehelicht und wie sich gegebenenfalls der eher introvertierte Vater George (Beda Denkinger) dazu stellt.
Spannend ist auch, verfolgen zu können, wie Charles`Ehefrau Betsy (Daniela Boutellier) mit der Betrügerei ihres Angetrauten umgeht und ob Pfarrer Adam (Thomas Hollinger) der, auch vom Pubbbesitzer Brandon (Thomas Leu) mitgetragenen Lumperei wirklich seinen Segen gibt.
Nein, Langeweile lässt „Hoch lebe Ned“ nie aufkommen, dafür sorgt auch die verdriesste, mürrische, körperlich behinderte Alice (Katharina Streit). Die einzig, einigermassen Unbescholtene im irischen Fischerdorf scheint indes die Kioskverkäuferin Rose (Mareike Götzelmann) zu sein.
Sahnehäubchen
Doch damit nicht genug. Nebst den spannenden Geschichten, der professionellen schauspielerischen Leistung des Ensembles ist die das Stück dominierende irische, Freud und Leid verkündende Musik, für deren fantastischen Sound die Acoustic Folk’n’Roll-Band SanySaidap sorgt, das eigentliche Sahnehäubchen der aktuellen Inszenierung vom Theater Gansingen.
Es ist keinesfalls selbstverständlich, dass Schauspieler*innen auch singen können, jene von Gansingen vermögen mit ihrem Gesang jedoch das begeisterte Publikum nicht nur zu bezirzen, sondern gleichzeitig auch noch auf die grüne Insel zu entführen.
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