Endlager-Kritiker Marcos Buser referierte beim KAIB
Von: mm/f24.ch
Geologe und Sozialwissenschaftler Marcos Buser, seit über 40 Jahren auf dem Gebiet der Kernenergie tätig, hielt auf Einladung von KAIB (Kein Atommüll im Bözberg) und NWA (Nie wieder Atomkraftwerke) in Aarau eine Lesung zu seinem neuen Buch „Wohin mit dem Atommüll? – Das nukleare Abenteuer und seine Folgen“.
Marcos Buser referierte beim Verein KAIB (Foto: zVg)
Rund vierzig Personen konnte NWA-Aargau Präsident und Grossrat Andreas Fischer zum Anlass begrüssen, darunter auch Nationalrat Beat Flach.
Wohin mit dem Atommüll? Noch bis in die 1970er-Jahre schien dies ein zweitrangiges Problem. Die Kernenergie boomte – auch dank einer gut vernetzten Lobby. KKW-Katastrophen, Umweltbewegungen und beunruhigende Bilder von Zwischenlagern, in denen Fässer vor sich hin rosten, haben das verändert.
Marcos Buser kennt den Prozess der Endlagersuche aus dem Effeff. Er war vier Jahre lang Mitglied der eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit – bis er aus Protest zurücktrat. Sein Buch beleuchtet die Geschichte der Atomenergie international und in der Schweiz und es plädiert für eine neue Debattenkultur – eine, die Risiken offen ins Gesicht schaut, anstatt sie unter den Teppich zu kehren.
In seinem Buch beschreibt Marcos Buser aus seiner Sichtweise beinah schon minutiös wie die Institutionen des Bundes sich von den AKW-Betreibern gängeln liessen und wie die einstigen Versprechungen nie eingehalten wurden. Stattdessen seien die Termine immer weiter in die Zukunft verschoben und die Einwände von Kritikern unter den Tisch gewischt worden. Akut sei das Problem des radioaktiven Abfalls nur dann geworden, wenn die Atombranche neue Atomkraftwerke bauen wollte und die Opposition Druck aufsetzte, sei es in den 70- und 80er Jahren mit dem Projekt „Gewähr“ oder in den Nuller-Jahren mit dem „Sachplan geologische Tiefenlager“
Das Buch beleuchtet das „grosse, utopische Versprechen der Atomenergie und das böse Erwachen“ angesichts des ungelösten Entsorgungsproblems. Marcos Buser plädiert für eine neue Debattenkultur – „eine, die Risiken offen ins Gesicht schaut, anstatt sie unter den Teppich zu kehren“.
Marcos Busers kommentierte Lesung aus seinem Buch begann beim KAIB-Anlass mit einem historischen Rückblick und wurde abgerundet mit einem Bezug auf das aktuelle Sachplanverfahren. Ein System mit „Bunkermentalität“ habe die Entwicklung der Kernenergie in der Schweiz begleitet. Das Atomprogramm in der Schweiz sei wie „ein Staat im Staat“ aufgebaut worden, was auch heute noch zu Defiziten in der Kontrolle und unklaren Rollen bis hin zu versteckten Urheberschaften führe, hielt Buser fest.
In einem von ihm 2014 verfassten Bericht weist Marcos Buser zudem darauf hin, dass einem „Hüten“ von Langzeit-Risiken wie jenem der radioaktiven Abfälle über lange gesellschaftliche Zeiträume nicht zugestimmt werden kann. Die Geschichte zeige derart eindeutig, dass nicht auf eine dauerhafte Stabilität von Gesellschaften gesetzt werden könne. „Die Idee des ewigen Hütens radioaktiver Abfälle und die Konzeptionen des Dauerlagers sind aus diesem Blickwinkel als obsolet anzusehen.
In der anschliessenden Diskussion, die von KAIB-Präsident und Grossrat Max Chopard-Acklin geleitet wurde, kam auch das Thema der Partizipation in den direktbetroffenen Regionen auf. Ist diese eine Chance oder eine Farce?
Die Meinungen dazu blieben geteilt, aber alle waren sich einig, dass es von offizieller Seite dringend eine offenere Diskussionskultur braucht. Die Lesung war hoch interessant und die mitgebrachten Bücher von Marcos Buser waren am Ende der Veranstaltung nach wenigen Minuten vergriffen.
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