Energie der Sterne als Vorbild für die Stromproduktion
Von: Natalie Schalk
Zwei leichte Atomkerne verschmelzen zu einem neuen, schweren Kern: In Sternen entsteht auf diese Weise Energie – und die Sonne strahlt Licht und Wärme auf die Erde. Wissenschaftler:innen arbeiten daran, die Kernfusion in Kraftwerken kommerziell nutzbar zu machen. Über den aktuellen Stand diskutierten Studierende der Hochschule Coburg mit Prof. Dr. Martin Prechtl und Gästen des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching bei München.
Wenn’s um Atomkerne und Energie geht, fallen uns Strahlung, Gefahr und das grosse Endlagerproblem ein. „Wir reden aber über Kernfusion“, betont Prof. Dr. Martin Prechtl. „Sie ist das Gegenteil der Kernspaltung, die man kennt und zu Recht als gefährlich einstuft.“
Prechtl forscht und lehrt als Professor für Technische Dynamik und Angewandte Mathematik an der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik der Hochschule Coburg, war vorher als Entwicklungsingenieur am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) und hat die Basis für eine Kooperation zwischen Hochschule und IPP geschaffen.
Wie Atome fusionieren
Normalerweise ist Materie fest, flüssig oder gasförmig – aber für Kernfusion braucht es den vierten Aggregatszustand: Plasma. Wenn Temperaturen wie in der Sonne herrschen, also ein paar Millionen Grad Celsius, dann sind Atome vollständig ionisiert. Die Materie besteht aus Ionen und Elektronen. Leichte Wasserstoff-Atome stossen zusammen – und fusionieren. Anders als bei der Kernspaltung gibt es bei der Kernfusion kein Risiko eines Atomunfalls.
„Wenn man die physikalischen Grundsätze versteht, wird schnell klar, dass es eine sichere Technologie ist“, sagt Prechtl. Radioaktivität entsteht allerdings auch. „Aber in viel geringerem Mass und mit geringerer Halbwertszeit.“ CO2 wird durch diese Art der Energiegewinnung nicht freigesetzt. „Es ist eine Technologie mit grossem Potenzial.“
Der Wirtschafts-Faktor
Aktuell lässt sich damit noch kein Geld verdienen. Damit das Ganze funktioniert, muss derzeit noch zuviel Energie eingesetzt werden. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis praktische Lösungen gefunden sind. 30 oder 40 Jahre, schätzen einige Forschende. Andere glauben, der erste Fusionsreaktor werde in zehn Jahren ans Netz gehen.
Prechtl ist auf jeden Fall überzeugt, dass Kernfusion wichtig für die Zukunft ist. „Ziel ist, einen Reaktor zu entwickeln, der wirtschaftlich Strom liefern und die regenerativen Energien ergänzen kann.“
Projekte für Kernfusion
Im südfranzösischen Cadarche wird gerade in einem internationalen Grossprojekt der Experimentiereaktor ITER gebaut. Er soll zeigen, dass eine Leistung von 500 Megawatt möglich ist.
Am weitesten fortgeschritten ist derzeit das so genannte Tokamak-Prinzip. Typisch ist dabei die Art, wie das Plasma mit Hilfe eines Magnetfeldes abgeschlossen wird.
Aber es gibt auch andere Lösungen: Das IPP in Garching verfolgt bei der Konfiguration des Magnetfeldes auch einen weiteren Ansatz und erforscht diesen in Greifswald mit der Experimentieranlage Wendelstein 7-X.
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