Wenn Neptun mit Dominosteinen spielt
Von: Dörte de Graaf
In einer Studie von Prof. Kang et al vom Max-Planck-Institut für Meteorologie wird eine neue Hypothese für die anomale Verlangsamung der durchschnittlichen globalen Oberflächenerwärmung zwischen 1979 und 2013 aufgestellt. Die Forscher:innen schlagen vor, dass die beobachtete Abkühlung des Südlichen Ozeans, die oft mit La-Niña-ähnlichen Trends der Meeresoberflächentemperatur im Pazifik in Verbindung gebracht wird, während dieser Zeit teilweise zu einer negativeren globalen Rückkopplungsstärke des Klimawandels beigetragen haben könnte, die die globale Erwärmung reduziert. Dieser Effekt sollte in gekoppelten globalen Atmosphäre-Ozean-Klimamodellen berücksichtigt werden, da er sich auf die Projektionen des künftigen Klimawandels auswirkt.
Auf dem Weg zur Petermann-Insel, Antarktis (Foto: Anatolii Chernov, CC BY-ND 3.0)
Der Südliche Ozean: Welche Rolle spielen er und seine Beziehung zu Wolken im Klimawandel?
Am südlichsten Ende der Erde gelegen, umgibt der Südliche Ozean die Antarktis wie ein gigantischer Ring. Seine Strömungen fliessen in riesigen Spiralen um den Kontinent und drücken grosse Mengen kalten Wassers in die anderen Ozeane. Trotz seiner Abgelegenheit hat der Südliche Ozean Auswirkungen auf die anderen Ozeane und die Bewölkung über ihnen, selbst in den entfernten Tropen. Daher ist er für Klimaprojektionen von Bedeutung.
Zwischen 1979 und 2013 kühlte sich die Meeresoberfläche des Südlichen Ozeans den Beobachtungsdaten zufolge erheblich ab, und der tropische Pazifik kühlte sich zur gleichen Zeit insbesondere im östlichen Becken ab. Beides geschah trotz der globalen Erwärmung. Die derzeitigen gekoppelten Klimamodelle sind jedoch nicht in der Lage, das beobachtete Muster und die damit verbundene anomale verstärkte tropische Bewölkung während dieses Zeitraums zu simulieren, die wie ein Sonnenschutzmittel zur Verlangsamung der globalen Erwärmung wirkte.
Während die Abkühlung des Südlichen Ozeans häufig auf einen La-Niña-ähnlichen Trend der pazifischen Meeresoberflächentemperatur zurückgeführt wird, schlagen die Autor:innen in ihrer Studie eine alternative Hypothese vor: dass die beobachtete Abkühlung des Südlichen Ozeans teilweise zu einer negativeren globalen Rückkopplungsstärke des Klimawandels beigetragen haben könnte. Das bedeutet, dass die Abkühlung des Südlichen Ozeans eine günstige Verkettung von Ereignissen auslöste, die das Ausmass der durch den Klimawandel bedingten Erwärmung verringerte.
Wie die Forscher:innen dem Meer und den Wolken ihre Geheimnisse entlocken
Die Autor:innen zeigen, dass die Berücksichtigung der jüngsten Abkühlung des Südlichen Ozeans, die in gekoppelten Klimamodellen bisher fehlt, zu einer besseren Darstellung der Wolken und ihrer Sensitivität auf die Erwärmung in Klimamodellen führt. Wird die Abkühlung berücksichtigt, kann dadurch der Modellfehler bei der globalen Rückkopplungsstärke des Klimawandels halbiert werden.
Die Rückkopplungsstärke ist ein Mass dafür, wie Wolken und andere Prozesse die globale Erwärmung verstärken oder dämpfen. Dieses Ergebnis unterstreicht die wichtige Rolle des Südlichen Ozeans bei der Steuerung der zeitlichen Entwicklung der globalen Rückkopplungsstärke.
Prof. Kang und ihre Kolleg:innen verwenden ein Klimamodellexperiment, in dem die Meeresoberflächentemperaturen des Südlichen Ozeans an die Beobachtungen angepasst werden. Sie stellen fest, dass die Abkühlung des Südlichen Ozeans zu einer Abkühlung im südöstlichen tropischen Pazifik führt, was wiederum eine präzisere Darstellung der Wolken in der Simulation ermöglicht: In Übereinstimmung mit den Satellitenbeobachtungen simuliert das Experiment mit der Abkühlung des Südlichen Ozeans eine starke Zunahme der Stratocumulus-Bewölkung.
Wie man die Abweichung korrigiert und herausfindet, was uns in Zukunft erwartet
Die Wissenschaftler:innen vermuten, dass die Reaktion der subtropischen Stratocumulus-Wolken in den meisten gekoppelten Klimamodellen zu schwach ist. Dadurch werden die vom Südlichen Ozean angetriebenen Effekte in entfernten Regionen und der damit verbundene Einfluss auf die globale Rückkopplungsstärke unterschätzt.
Die Studie unterstreicht daher die Notwendigkeit, die Modellsimulation von niedrigen Wolken zu verbessern, um die Verläufe der Fernwirkungen und Verkettungen richtig darzustellen, die letztlich die zeitliche Entwicklung der globalen Rückkopplungsstärke steuern.
Die Beseitigung dieser Abweichung ist von besonderem Interesse, weil sie die Schätzung der Klimasensitivität – ein wichtiger Massstab dafür, wie stark sich unser Klima mit zunehmenden Treibhausgasemissionen verändern wird – auf höhere Werte als die derzeit simulierten verschieben könnte, da für die Zukunft eine beschleunigte Erwärmung des Südlichen Ozeans vorhergesagt wird.
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