Kleinod - Naturschutzgebiet Altrhein / Ergolzmündung
Von: Hans Berger
Der Altrhein Wyhlen mit der Insel Gewerth ist in seiner heutigen Erscheinungsform ein Biotop aus Menschenhand. Die Insel entstand beim Kraftwerkbau in den Jahren von 1908 bis 1912 als Leitdamm und trennt das Altrheinbecken vom Fluss. Es entstand ein Biotop, das heute als Naturschutzgebiet auf 26 Hektar zahlreichen Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum dient. Dr. Karl Kuhn meinte gar: „Der Altrhein Wyhlen ist neben der „Petite Camargue Alsacienne“ das am häufigsten besuchte Naturschutzgebiet in der Regio. Es vergeht kaum ein Tag im Jahr, ohne dass nicht irgend jemand mit dem Fernglas oder Spektiv am Altrhein steht, die Vögel beobachtet, sie zählt und die Ergebnisse notiert.“
Eigentümerin von diesem auf badischem Boden liegenden Naturjuwel ist die Energie Dienst Holding AG (ED). Wie Jochen Ulrich von der ED an der gestrigen Medienorientierung erklärte, ist sich seine Firma der Verantwortung für dieses Vogelparadies bewusst und hat darum zusammen mit dem Naturschutzbund (NABU) und dem Natur- und Vogelschutzverein Kaiseraugst sowie mit weiteren Umweltverbänden bereits 2003 einen zweistündigen, durch eine äusserst abwechslungsreiche Landschaft führenden Rundweg zwischen Kraftwerk Augst-Wyhlen und der Kaiseraugster Fähre gestaltet.
Vom Silbersee zum Biotop
War der „Alte Rhein“ bis in die 60er-Jahre für viele jugendliche Kaiseraugster Paddelbootsbesitzer eine Art Ersatz von Winnetous Silbersee, in dem den Indianern Prachtshechte zum Berühren nah an ihnen vorbeischwammen, hat er sich zwischenzeitlich zu einem Biotop gemausert und sich in den vergangenen zehn Jahren seit der Erstellung des Rundwegs in vielfältiger Weise nochmals verändert.
Durch die zunehmende Ablagerung von Sedimenten verschob sich die Verlandungszone etwas rheinabwärts und die Insel Gewerth bewaldete sich zunehmend. Diese Entwicklung führte zu Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt. Daraufhin wurde auch das Schutzgebiet rheinabwärts erweitert, um wertvolle Flachwasserzonen besser zu schützen. Energiedienst engagierte sich mit zahlreichen Projekten für den Lebensraum: Zum Beispiel errichtete das Unternehmen gemeinsam mit dem NABU und Schülern aus Wyhlen einen Vogelbeobachtungsstand, von dem die einzigartige Vogelwelt beobachtet werden kann.
„Angesichts der vielen Veränderungen war es notwendig, die vor zehn Jahren erstellten Tafeln zu aktualisieren und um einige Besonderheiten zu erweitern“, erklärt Jochen Ulrich, Leiter Ökologie und Werkdienst bei Energiedienst anlässlich einer Medienorientierung.
Raritäten
In den Flachwasserzonen leben seltene Watvögel, denen nun eine eigene Tafel gewidmet wurde. Laut Urs Wullschleger vom Natur- und Vogelschutzverein Kaiseraugst ist die Anwesenheit von Watvögeln ein Zeichen dafür, dass die ornithologische Welt noch intakt ist. Am vergangenen Sonntag wurden 92 verschiedene Singvögel gezählt, wie Wullschlegers Vereinskollege Reto Freuler zu berichten wusste.
Viele Zugvögel legen auf dem Weg von Nord nach Süd oder umgekehrt hier eine Pause ein. Die Liste von seltenen Vogelarten ist demnach lang: Nachtreiher, Purpurreiher, Seidenreiher, Zwergdommel, Rotfussfalke, Tupfelsumpfhuhn, Sandregenpfeifer, Austernscher, Sabelschnabler, Stelzenlaufer, Dünnschnabelmöwe, Weissbartseeschwalbe, Turteltaube, Blaukehlchen.
Aber auch dem Biber bietet das Kleinod einen idealen Lebensraum und selbst Fremdlinge wie die nordamerikanische Rotwangenschmuckschildkröte haben im Altrhein Wyhlen eine neue Heimat gefunden.
Natur und Kunst
Kernstück des beschaulichen, leicht zu begehenden Rundwegs ist der Vogelbeobachtungsstand oberhalb vom Altrhein Wyhlen. Ein Mekka für alle Ornithologen und für die Naturfreunde ein idyllischer Ort zur Kontaktaufnahme mit der Vogelwelt. Allerdings bedarf es dazu zumindest eines Feldstechers. Nebst der neu erstellten Tafel hilft eine Fotogalerie mit den Vögeln des Altrheins, um das Gesehene auch benennen zu können.
Ein paar Schritte weiter dann das Bijou des Rundwegs, die Tafel 8, ein wahres Kunstwerk, das zudem auch noch didaktische Wirkung hat. Spätestens jetzt wird auch dem grössten Vogelunkundigen bewusst, in welch wertvollem Gelände er sich bewegt. „Es war uns wichtig zu zeigen, wie die Vögel in ihrer Umgebung leben. Dafür konnten wir den Naturmaler Friedhelm Weick gewinnen, dem es gelungen ist, in einer Illustration anschaulich den gesamten Lebensraum darzustellen“, sagte Dr. Karl Kuhn vom NABU Lörrach.
Fruchtbare Zusammenarbeit
Die letzte oder erste Station des Lehrpfades auf der badischen Seite des Naturjuwels ist die Anlegestelle der Fähre Kaiseraugst-Herten. Auch hier orientiert eine Tafel ausführlich über die Geschichte der Fähre.
„Durch die fruchtbare Zusammenarbeit mit deutschen und schweizer Naturschutzverbänden ist ein Mehrwert für Besucher des Info-Rundwegs entstanden. "Wir danken Dr. Karl Kuhn und Dr. Gernot Wendt vom NABU Lörrach sowie Urs Wullschleger und Reto Freuler vom Natur- und Vogelschutzverein Kaiseraugst für ihre fachliche Unterstützung“, so Jochen Ulrich, kurz bevor er zur Überfahrt einlud, um den Rundweg ohne Presseleute auf Schweizer Seite fortzusetzen.
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