„Musstest du die beiden einladen?“, fragte mein Bruder Theo beim Eintreten, und ich wusste, dass er nicht unsere ältere Schwester Regula meinte. Mit ihr kam er im Allgemeinen ganz gut klar. Oder käme, wenn sie nicht so laut über die Scherze ihres Mannes lachen würde, und seine Einwände, wieder einmal das Opfer der Bemerkungen geworden zu sein, einfach beiseite wischte. Und Hanno, ihr Mann, liess sich erst recht nicht davon überzeugen, einen Gedanken auch mal unausgesprochen zu lassen. Jeden Witz auf Theos Kosten kommentierte er bloss mit einem „Ist doch nur Spass!“
„Sie haben sich selbst eingeladen“, entgegnete ich ihm. „Als Regula erfuhr, dass du zu Besuch kommst, sagte sie, dass sie dann auch kommen. Sie bringen sogar Kuchen mit.“ „Und Hanno stellt dann bei jedem Schluck Kaffee fest, dass ich die Tasse unmännlich halte.“ Theo pustete sich eine Strähne aus der Stirn. „Als wenn es eine männliche Art dafür geben würde!“ „Lass dir das doch nicht einreden“, meinte ich und wuschelte durch seine Haare. „Vielleicht ist er neidisch, wie graziös deine Hände sind. Es muss ja nicht jeder so Pranken haben wie er.“ Ich selbst hatte Theo schon immer um seine langgliedrigen Finger beneidet, die bei Etüden auf dem Klavier mit viel mehr Leichtigkeit die Tasten greifen konnten.
Noch mehr bewunderte ich seine langen Wimpern, die dicht und fein geschwungen seine Augen umrandeten. „Er hat ja recht, dass ich von weitem für eine Frau gehalten werden könnte“, seufzte Theo jetzt. „Gestern ist mir das wieder passiert.“
Ich musterte ihn, sein fein geschnittenes Gesicht mit den halblangen Haaren, seinen schlanken Körper, und ich konnte mir die Verwechslung gut vorstellen. „Trotzdem kein Grund, sich über dich lustig zu machen.“ „Wahrscheinlich müsste ich mir die Haare abrasieren und einen langen Bart wachsen lassen, um ihn zufrieden zu stellen.“ Er betrachtete seine Erscheinung im Spiegel im Flur. „Dich umzustylen ist eine tolle Idee!“, sagte ich vergnügt. „Aber ganz anders. Komm mit ins Bad, wir machen uns einen Spass!“
Es fiel mir nicht schwer, die getönte Hautcreme in seinem Gesicht zu verteilen. Schwieriger wurde es mit der Mascara, ohne die Rückmeldung des Bürstchens in den eigenen Wimpern zu spüren. Mit dem Lippenstift zog ich seine vollen Lippen nach und zeigte ich ihm, wie er vermeiden konnte, Farbe auf die Zähne zu bekommen. Als wir uns das Ergebnis im Spiegel anschauten, lachten wir beide laut auf. „Wenn er wieder lästert, dass ich aussehe wie eine Frau, nicke ich einfach und sage: „Stimmt!“ „Du siehst aus wie Regula damals, als sie Hanno kennen gelernt hat“, prustete ich los. „Diese Ähnlichkeit!“
Es klingelte, und ich ging vor, um meine Gäste zu begrüssen. Wir hatten uns gerade um den Esstisch gesetzt, als Theo zu uns stiess. Ich hatte ihm noch ein pinkfarbenes Shirt gegeben, das ich mal von meiner Schwester übernommenhatte. Er war eine grossartige Erscheinung. „Na, was sagt ihr?“, fragte ich und lachte. Hanno erstarrte und wurde bleich wie die Tischdecke. „W-w-was? W-w-warum?“, stammelte er. Regulas Blick ging von ihrem Bruder zu ihrem Mann und wieder zurück. „Das ist nicht lustig“, sagte sie leise. „Wie kommst du denn darauf?“, fragte ich neugierig. „Ist doch nur ein Spass!“ „Aber Hanno scheint sich unwohl zu fühlen,“ wisperte sie mir ins Ohr. „So wie Theo sonst“, flüsterte ich zurück. Und dann sagte ich laut in die Runde: „Ich gehe jetzt mal Kaffee kochen. Will jeder ein Stück Kuchen?“
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