Faszination Universum - Blick in eine exotische fremde Welt
Von: Theresa Bittermann
Ein Team europäischer Astronom:innen hat unter Mitwirkung von Forscher:innen der Universität Wien die Atmosphäre des nahen Exoplaneten WASP-107b mit dem James-Webb-Weltraumteleskop untersucht. Ein Exoplanet ist ein Planet, der einen anderen Stern als unsere Sonne umkreist. Beim tiefen Blick in die flauschige Atmosphäre von WASP-107b entdeckten sie nicht nur Wasserdampf und Schwefeldioxid, sondern sogar Silikatsandwolken. Diese Entdeckung stellt einen bedeutenden Meilenstein in der Erforschung von Exoplaneten dar, da sie das komplizierte Zusammenspiel von Chemikalien und klimatischen Bedingungen auf diesen fernen Welten offenbart. Ausserdem: Zum ersten Mal konnten Astronom:innen die Zusammensetzung von Wolken auf einem Exoplaneten definitiv bestimmen. Die Ergebnisse der Studie erschien in der renommierten Fachzeitschrift Nature.
Künstlerische Ansicht des WASP-107b Planeten mit seiner flauschigen Atmosphäre über seinem Mutterstern. Künstlerische Ansicht des WASP-107b Planeten mit seiner flauschigen Atmosphäre über seinem Mutterstern. (Copyright: LUCA School of Arts, Belgium/Klaas Verpoest)
Astronom:innen auf der ganzen Welt nutzen die fortschrittlichen Möglichkeiten des Mid-Infrared Instrument (MIRI) an Bord des James Webb Space Telescope (JWST), um bahnbrechende Beobachtungen von Exoplaneten durchzuführen. Manuel Güdel, Astrophysiker der Universität Wien, ist einer der Entwickler von MIRI. Auch sein Doktorand Gwenaël van Looveren ist einer der Mitautoren der neuen Studie.
"JWST revolutioniert die Charakterisierung von Exoplaneten und liefert in bemerkenswerter Geschwindigkeit noch nie dagewesene Erkenntnisse", so Güdel, ein Co- Hauptermittler des MIRI-Instruments. Eine der faszinierenden Welten, die so untersucht werden können, ist der 200 Lichtjahre von der Erde entfernte WASP-107b, ein einzigartiger gasförmiger Exoplanet, der einen Stern umkreist, der etwas kühler und weniger massiv ist als unsere Sonne.
Der Planet hat eine ähnliche Masse wie Neptun, ist aber viel grösser als dieser und erreicht fast die Grösse des Jupiters. Diese Eigenschaft macht WASP-107b im Vergleich zu den Gasriesenplaneten in unserem Sonnensystem eher "flauschig".
Die Flauschigkeit dieses Exoplaneten ermöglicht es den Astronom:innen, etwa 50 Mal tiefer in seine Atmosphäre zu blicken, als dies bei einem Riesen des Sonnensystems wie Jupiter möglich ist. Diese Gelegenheit eröffnete ein Fenster zur Entschlüsselung der komplexen chemischen Zusammensetzung seiner Atmosphäre.
Der Grund dafür ist ganz einfach: Die Signale oder spektralen Merkmale sind in einer weniger dichten Atmosphäre viel ausgeprägter als in einer kompakteren Atmosphäre.
In der nun in Nature veröffentlichte Studie konnte das Team Wasserdampf, Schwefeldioxid (SO2) und Silikatwolken nachweisen. Bemerkenswert ist, dass dabei aber keine Spur des Treibhausgases Methan (CH4) nachweisen konnten. Diese Entdeckungen liefern entscheidende Einblicke in die Dynamik und Chemie dieses faszinierenden Exoplaneten.
Manuel Güdel von der Universität Wien erklärt: "Erstens deutet das Fehlen von Methan auf ein möglicherweise warmes Inneres hin und bietet einen spannenden Einblick in die Bewegung von Wärmeenergie in der Atmosphäre des Planeten. Zweitens war die Entdeckung von Schwefeldioxid (bekannt durch den Geruch von verbrannten Streichhölzern) eine grosse Überraschung."
Frühere Modelle hatten dessen Abwesenheit vorhergesagt, aber neuartige Klimamodelle der Atmosphäre von WASP-107b zeigen nun, dass gerade die Flauschigkeit von WASP-107b die Bildung von Schwefeldioxid in seiner Atmosphäre begünstigt.
Obwohl sein Wirtsstern aufgrund seiner kühleren Natur nur einen relativ geringen Anteil an hochenergetischen Photonen aussendet, können diese Photonen dank seiner flauschigen Beschaffenheit tief in die Atmosphäre des Planeten eindringen. Dadurch werden die chemischen Reaktionen ermöglicht, die für die Bildung von Schwefeldioxid erforderlich sind.
Wolken aus Sand, Wasser und Schwefeldioxid entdeckt
Eine weitere Entdeckung der neuen Studie: Wolken in grosser Höhe verdecken teilweise den Wasserdampf und das Schwefeldioxid in der Atmosphäre. Während Wolken auf anderen Exoplaneten bereits vermutet wurden, ist den Astronom:innen in diesem Fall zum ersten Mal gelungen, die chemische Zusammensetzung dieser Wolken definitiv zu bestimmen. Die Wolken von WASP-107b bestehen demnach aus kleinen Silikatpartikeln, einer dem Menschen vertrauten Substanz, die in vielen Teilen der Welt als Hauptbestandteil von Sand vorkommt.
"Die Entdeckung von Wolken aus Sand, Wasser und Schwefeldioxid auf diesem flauschigen Exoplaneten durch das MIRI-Instrument von JWST ist ein entscheidender Meilenstein. Sie verändert unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Planeten und wirft ein neues Licht auf unser eigenes Sonnensystem", sagt Güdel.
Im Gegensatz zur Erdatmosphäre, in der Wasser bei niedrigen Temperaturen gefriert, können bei Gasplaneten mit Temperaturen um 1000 Grad Celsius Silikatpartikel ausfrieren und Wolken bilden. Im Fall von WASP-107b mit einer Temperatur von rund 500 Grad Celsius in der äusseren Atmosphäre sollten sich diese Silikatwolken nach herkömmlichen Modellen jedoch tiefer in der Atmosphäre bilden, wo die Temperaturen wesentlich höher sind. Ausserdem regnen Sandwolken hoch oben in der Atmosphäre ab.
Wie ist es dann möglich, dass diese Sandwolken in grossen Höhen existieren und fortbestehen?
Michiel Min, Hauptautor der Studie, vom SRON Niederlande Institut für Weltraumforschung erklärt: "Die Tatsache, dass wir diese Sandwolken hoch oben in der Atmosphäre sehen, muss bedeuten, dass die Sandregentropfen in tieferen, sehr heissen Schichten verdampfen und der dabei entstehende Silikatdampf effizient wieder nach oben transportiert wird, wo er sich erneut zu Silikatwolken verdichtet. Dies ist dem Wasserdampf- und Wolkenzyklus auf unserer Erde sehr ähnlich, allerdings mit Tröpfchen aus Sand."
Dieser kontinuierliche Zyklus von Sublimation und Kondensation durch vertikalen Transport ist verantwortlich für die dauerhafte Präsenz von Sandwolken in der Atmosphäre von WASP-107b.
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