Planwechsel
Von: Elisha
Betty hatte sich so beeilt, um den Sonntag für die Hausarbeit zu nutzen. Zwei Körbe Wäsche hatte sie seit dem Frühstück gewaschen, zweimal die Maschine geleert, um den Trockner zu beladen und die Kleinteile auf den Ständer zu hängen. Inzwischen hatte sie die Wäschestücke zu ordentlichen Stapeln geordert und in die Zimmer der anderen Bewohner gebracht.
Ihre morgendlichen Rückenschmerzen, mit denen sie meistens steif und unbeweglich das Bett verliess, hatten sich unter der Bewegung aber nicht aufgelöst. Stattdessen waren noch andere Zipperlein wie Stiche in den Oberarmen und verspannte Fussgelenke dazugekommen.
„Du brauchst Ruhe, Betty“, hatte ihre Freundin Silvie am Telefon gesagt. „Der Advent ist die Zeit im Jahr, in dem man in die Stille kommen sollte.“
„Aber es ist noch so viel zu tun!“, hatte Betty gestöhnt. „Und unter der Woche schaffe ich nichts mehr! Da reicht mir die tägliche Arbeit.“
„Dann nimm dir nicht zu viel vor, und schenke dir danach eine Belohnung“, hatte Silvie weitergeredet. „Wann warst du denn zum letzten Mal in einem Film?“
Betty dachte an die harten Sitze im örtlichen Kino und an das starre Sitzen dort.
„Das soll gemütlich sein?“ Sie schüttelte den Kopf, fügte dann für ihre Freundin noch ein „Nein, das ist nichts für mich!“ hinzu.
Trotzdem gefiel ihr die Idee mit der Selbstbelohnung, und sie freute sich auf einen schönen Spaziergang im Tageslicht. Frische Luft einzuatmen, den Kopf zwischendurch in den Nacken zu legen und mit wachen Augen bewusst in den Himmel zu schauen, gefiel ihr, und in der dunklen Jahreszeit konnte sie davon nicht genug bekommen.
Aber bevor sie das Haus verlassen konnte, kam ein Hilferuf aus der oberen Kammer. Amalie, die neue Mitbewohnerin, wollte ihre Möbel umstellen und bat Betty um Hilfe.
„Die anderen sind alle ausgegangen, und ich wollte das Wochenende nutzen.“
„Kein Problem. Wozu sind wir eine Wohngemeinschaft?“,murmelte Betty, und sie verschoben mit gemeinsamen Kräften Bett und Schrank.
Zusammen sassen sie wenig später in der Wohnküche bei einem Becher Tee. Auf dem Tisch prangten die Kerzen des Adventskranzes, und Amalie schnitt einen Marzipanstollen in dünne Scheiben und legte sie auf zwei Teller. Sie schob ihr eine Kuchengabel hin und schenkte sich Milch in ihr Getränk. Betty träufelte in ihren Tee Zitronensaft. Sie kauten eine Weile schweigend vor sich hin.
„Schon wieder dunkel“, sagte Amalia leise und schaltete die Lichterkette an der Fensterscheibe an. „Kaum hat der Tag angefangen, ist er auch schon vorbei.“
Betty nickte und rieb sich ihr Kreuzbein.
„Hast du noch was vor?“, fragte Amalie.
„Hatte ich eigentlich. Jetzt muss ich mir einen Plan B ausdenken.“ Sie sah, wie Amalie nachdachte. „Schlag mir jetzt kein Kino vor.“
„Nein, tu ich nicht.“ Sie lachte, sagte dann zögernd: „Ich weiss ja nicht, ob du der Typ dafür bist …“
Betty setzte ihre Tasse ab und schaute erwartungsvoll.
„Also ich könnte mir noch vorstellen, eine Runde schwimmen zu fahren. Sonntags ist Warmbadetag. Und dazu noch etwas Sauna …“
Es war, als könnte Betty das warme Wasser und die heisse Luft auf ihrem Körper fühlen. Sie spürte wieder eine Sehnsucht in ihrem Körper, ein Verlangen. Es könnte wirklich Spass machen!
„Das ist eine tolle Idee!“ Sie sprang auf und stellte ihre Tasse in die Spülmaschine. „Wann wollen wir denn los? Ich kann es kaum erwarten!“
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