Faszination Universum - Eine neue Art von Sternexplosion
Von: mm/f24.ch
Ein Team von Astronominnen und Astronomen hat mit Hilfe des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) eine neue Art von Sternexplosion beobachtet – eine Mikronova. Diese Ausbrüche ereignen sich auf der Oberfläche bestimmter Sterne und können in nur wenigen Stunden eine Menge an Sternmaterial von jeweils rund 3,5 Milliarden Mal die Cheops-Pyramide von Gizeh verbrennen.
„Wir haben erstmalig ein Phänomen entdeckt und identifiziert, das wir als Mikronova bezeichnen“, erklärt Simone Scaringi, Astronom an der Durham University in Grossbritannien, der die heute in Nature veröffentlichte Studie über diese Explosionen geleitet hat. „Dieses Ereignis stellt unser Verständnis davon in Frage, wie thermonukleare Explosionen in Sternen ablaufen. Bisher dachten wir, wir wüssten das, aber diese Entdeckung zeigt einen völlig neuen Mechanismus auf“, fügt er hinzu.
Mikronovae sind extrem starke Ereignisse, aber in astronomischen Massstäben klein; sie sind viel weniger energiereich als die als Novae bekannten Sternexplosionen, die Astronomen seit Jahrhunderten kennen. Beide Arten von Explosionen ereignen sich auf Weissen Zwergen, toten Sternen mit einer Masse, die etwa der unserer Sonne entspricht, aber so klein wie die Erde ist.
Ein Weisser Zwerg in einem Doppelsternsystem kann seinem Begleitstern Material, vor allem Wasserstoff, entreissen, wenn sie nahe genug beieinander sind. Wenn dieses Gas auf die sehr heisse Oberfläche des Weissen Zwergsterns fällt, werden die Wasserstoffatome explosionsartig zu Helium fusioniert. Bei Novae finden diese thermonuklearen Explosionen auf der gesamten Sternoberfläche statt.
„Solche Detonationen lassen die gesamte Oberfläche des Weissen Zwerges brennen und mehrere Wochen lang hell leuchten“, erklärt Mitautorin Nathalie Degenaar, Astronomin an der Universität von Amsterdam, Niederlande.
Mikronovae sind ähnliche Explosionen, die kleiner und schneller sind und nur einige Stunden dauern. Sie treten bei einigen Weissen Zwergen mit starken Magnetfeldern auf, die Material in Richtung der magnetischen Pole des Sterns schleudern.
„Wir haben jetzt zum ersten Mal gesehen, dass die Wasserstofffusion auch lokal begrenzt stattfinden kann. An der Basis der Magnetpole einiger Weisser Zwerge kann der Wasserstoffbrennstoff festgehalten werden, so dass die Fusion nur an diesen Magnetpolen stattfindet“, sagt Paul Groot, Astronom an der Radboud Universität in den Niederlanden und Mitautor der Studie.
„Das führt dazu, dass Mikrofusionsbomben gezündet werden, die etwa ein Millionstel der Stärke einer Novaexplosion haben, daher der Name Mikronova“, so Groot weiter. Auch wenn der Begriff »mikro« vermuten lässt, dass es sich um kleine Ereignisse handelt, sollte man sich nicht täuschen: Ein einziger dieser Ausbrüche kann etwa 20‘000‘000 Billionen kg Material verbrennen, das entspricht etwa 3,5 Milliarden Cheops-Pyramiden von Gizeh ( Das Gewicht der Cheops-Pyramide von Gizeh in Kairo beträgt etwa 5‘900‘000‘000 kg).
Diese neuen Mikronovae fordern das Verständnis der Astronominnen und Astronomen über Sternexplosionen heraus und kommen möglicherweise häufiger vor als bisher angenommen. „Das zeigt, wie dynamisch das Universum ist. Diese Ereignisse können tatsächlich recht häufig vorkommen, aber weil sie so schnell sind, ist ihre Beobachtung schwierig“, erklärt Scaringi.
Das Team stiess zum ersten Mal auf diese mysteriösen Mikroexplosionen, als es die Daten des Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) der NASA analysierte. „Bei der Durchsicht der von NASA TESS gesammelten astronomischen Daten entdeckten wir etwas Ungewöhnliches: einen hellen optischen Lichtblitz, der einige Stunden anhielt. Bei der weiteren Suche fanden wir mehrere ähnliche Signale“, sagt Degenaar.
Das Team beobachtete mit TESS drei Mikronovae: zwei davon stammten von bekannten Weissen Zwergen, aber der dritte erforderte weitere Beobachtungen um seinen Status als Weisser Zwerg zu bestätigen.
„Mit Hilfe des Very Large Telescope der ESO konnten wir feststellen, dass alle diese optischen Blitze von Weissen Zwergen erzeugt wurden“, sagt Degenaar. „Diese Beobachtung war entscheidend für die Interpretation unserer Ergebnisse und für die Entdeckung der Mikronovae“, fügt Scaringi hinzu.
Die Entdeckung der Mikronovae erweitert das Repertoire der bekannten Sternexplosionen. Das Team möchte nun weitere dieser schwer zugänglichen Ereignisse erfassen, was gross angelegte Durchmusterungen und schnelle Folgemessungen erfordert. „Die schnelle Reaktion von Teleskopen wie dem VLT oder dem New Technology Telescope der ESO und die Vielzahl der verfügbaren Instrumente werden es uns ermöglichen, diese mysteriösen Mikronovae im Detail zu entschlüsseln“, so Scaringi abschliessend.
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