«Gärtlidenken in Zeiten der Globalisierung»
Von: mm/f24.ch
Am 10. Januar 2019 lud die NEUE AARGAUER BANK (NAB) zum Finanzanlass ein. Im Mittelpunkt stand der Ausblick auf die Finanzmärkte 2019 durch NAB-Chefökonom Philipp Knecht. In der Podiumsdiskussion zum weltpolitischen Geschehen kreuzten hochkarätige Vertreter aus Politik und Wirtschaft die Klingen zur Frage «Gärtlidenken – globale Realität?»
(v.l.) Roberto Belci, NAB-Leiter Private Banking; Philipp Knecht, Chefökonom der NAB; Anita Fetz, SP-Ständerätin; Jens Korte, SRF-Wirtschaftskorrespondent; Sonja Hasler, Moderatorin; Roger Köppel, SVP-Nationalrat, Chefredaktor der „Weltwoche“ (Foto: zVg)
Gastgeber Roberto Belci durfte beim traditionellen Wirtschaftsausblick auf die Finanzmärkte im Kultur & Kongresshaus in Aarau knapp 400 Gäste begrüssen. Nach dem Ausblick von NAB-Chefökonom Philipp Knecht auf die Finanzmärkte liess Jens Korte, Mr. Wall Street und wirtschaftspolitischer SRF-Korrespondent, das Publikum an seinen über zwanzig Jahren Erfahrung in den USA und an der grössten Börse der Welt teilhaben. Zur Politik von Donald Trump meinte er schmunzelnd: «Vieles, was er tut oder zumindest sagt, ist gar nicht so neu. Neu sind die Tonart, die Kommunikationskanäle und vor allem die Richtungsänderungen.»
«Gärtlidenken in Zeiten der Globalisierung»
Ein weiterer Höhepunkt des Abends war eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion unter dem Titel «Gärtlidenken – globale Realität?» zum weltpolitischen Geschehen. Moderiert von Sonja Hasler kreuzten Roger Köppel, SVP-Nationalrat und Mitglied der Aussenpolitischen Kommission, Anita Fetz, SP-Ständerätin und Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben sowie SRF-Wirtschaftskorrespondent Jens Korte die Klingen.
Die Runde näherte sich dem Thema «Gärtlidenken» über die USA an: Roger Köppel argumentierte, die unerwartete Wahl des «krassen» Präsidenten Donald Trump sei Ausdruck der Unzufriedenheit über die abgehobene Politik in Washington. «Ohne Immigration kein Trump und kein Brexit», so Köppel.
Jens Korte wertete Trumps Politik als Zeichen dafür, dass sich Europa nicht mehr auf die USA verlassen könne. Dies wiederum beurteilte Anita Fetz gar als positiv für Europa. Denn es biete die Chance, sich von den USA zu emanzipieren und als wichtiger Player aufzutreten. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass sich die EU reformiere und Europa geschlossen auftrete.
Bei der intensiven Diskussion über das Rahmenabkommen mit der EU waren sich Fetz und Köppel darüber einig, dass dieser Vertrag in der derzeitigen Form nicht akzeptabel und bei der Bevölkerung auch nicht mehrheitsfähig sei. Anita Fetz stellte dem Bundesrat bei den Verhandlungen ein «miserables» Zeugnis aus, er habe ganz klar nicht erfüllt was von ihm erwartet wurde.
Roger Köppel zeigte sich erstaunt darüber, dass dennoch die Mehrheit der Parteien für das Abkommen sei. Auch er sei für gute Beziehungen zur EU, doch es komme nicht in Frage, dass sich die Schweiz mit diesem «Diktiervertrag» vorschreiben lasse, wie sie ihren Garten bestelle.
Und was sagte der Deutsche Jens Korte dazu? Er beglückwünschte die Schweiz, dass sie der EU nicht beigetreten ist.
Wirtschaftsausblick 2019 der NAB
Handelsdisput als Risiko für das globale Wirtschaftswachstum
Philipp Knecht, Chefökonom der NAB, gab einen Ausblick über die Konjunkturperspektiven und die Finanzmärkte. Er erwartet für das Jahr 2019 eine leichte Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums, wobei sich die regionalen Unterschiede akzentuieren.
Die Schwellenländer täten weiterhin den grössten Wachstumsbeitrag liefern, wobei Indien in diesem Jahr stärker als China wachsen werde. Belastend für den globalen Handel und das Weltwirtschaftswachstum sei insbesondere der Handelsdisput der USA mit China. Das habe zur Folge, dass sich die wirtschaftliche Stimmung gerade auch in den exportorientierten Volkswirtschaften in Europa eintrübtet.
US-Wirtschaft mit abgeschwächtem, aber solidem Wachstum
Seit zwei Jahren wächst die US-Wirtschaft über ihrem Potenzial. Als Folge ist die Inflation auf knapp über zwei Prozent angestiegen und die Geldpolitik des Federal Reserve weniger expansiv geworden. Die Aussichten für den privaten Konsum bleiben gemäss dem Chefökonom vor dem Hintergrund der Vollbeschäftigung günstig und die Unternehmen würden ihre Investitionen weiter erhöhen.
Da aber der positive Effekt der expansiven Fiskalpolitik im laufenden Jahr nachlassen werde, sei mit einer Wachstumsverlangsamung des BIP auf 2.7% zu rechnen. «Dies erachten wir jedoch als gesund, da sonst die Gefahr einer Überhitzung bestünde», so Knecht.
Eine Unbekannte bleibe weiterhin die Politik von US-Präsident Donald Trump und welche Fortschritte die USA und China bei den Handelsgesprächen erreichten. Ausserdem stellten das hohe Budgetdefizit der USA und die Verschuldung der US-amerikanischen Unternehmen eine Herausforderung für die Zukunft dar.
Eurozone mit gemischten Aussichten
Die Länder der Eurozone würden 2019 eine grössere Heterogenität bezüglich des Wachstums aufweisen. Stützend wirkten der solide private Konsum und die leicht expansivere Fiskalpolitik. Es seien vor allem exportorientierte Länder und Branchen wie Deutschland beziehungsweise die Automobilindustrie, die den Gegenwind des Handelsdisputs spüren und schwächeln.
Ein Risiko sei das mögliche Übergreifen dieser Schwäche auf die noch solid wachsende Binnennachfrage. «Dennoch ist verhaltener Optimismus angebracht, auch wenn die politischen Unsicherheiten wie der Brexit hoch bleiben», so Knecht.
Schweiz: Wachstum ohne Inflationsdruck
Der Chefökonom prognostizierte, dass die wichtigsten Handelspartner der Schweiz weiterhin wachsen und der Schweizer Franken stabil bleiben werde. Dieses Umfeld wirke prinzipiell unterstützend für die Exporte. Die Schweiz könne sich aber dem globalen Trend der Wachstumsverlangsamung nicht entziehen. Das BIP-Wachstum werde deshalb tiefer als im Vorjahr ausfallen.
«Als Folge der externen Entwicklung rechnen wir mit einem geringeren, aber immer noch positiven Beitrag des Exportsektors. So dürfte die Schweizer Wirtschaft mit rund 1,7 Prozent wachsen», so Knecht. Der private Konsum werde unterstützt von der steigenden Beschäftigung. Auch dank tieferer Mieten und der gesunkenen Energiepreise werde die Inflation mit rund einem Prozent moderat bleiben.
Währungsausblick: Stärkerer Euro, Franken bleibt sicherer Hafen
Die Unterbewertung des Euro spricht gemäss Knecht für einen moderaten Anstieg gegenüber dem Schweizer Franken. Die Aussicht auf eine weniger expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) vor dem Hintergrund eines anhaltenden Wirtschaftswachstums in der Eurozone werde den Euro stärken, da die Schweizerische Nationalbank erst nach der EZB an der Zinsschraube drehen werde, um die Attraktivität des Frankens tief zu halten. Gleichzeitig bleibe der Franken ein sicherer Hafen, welcher beim Wegfall von belastenden Faktoren der Eurozone wie dem Brexit an Attraktivität verlieren könne.
Anlagen: Leichte Präferenz für Aktien gegenüber Obligationen
Auch das Jahr 2019 werde ein herausforderndes Umfeld für die Aktienmärkte darstellen. Anleger müssen sich gemäss Knecht auf grössere Schwankungen und phasenweise auch auf Korrekturen der Aktienmärkte einstellen. Anleger sollten deshalb darauf achten, dass sich ihre Anlagestrategie im Einklang mit ihrem Risikoprofil befindet.
«Wir haben eine leichte Präferenz für Aktien gegenüber Obligationen. Die Unternehmensgewinne dürften weiter wachsen und die Bewertungen der Aktien sind moderater», brachte Knecht seine Empfehlungen auf den Punkt. Ausserdem bleibe die globale Geldpolitik unterstützend und die globale Wirtschaft expandiere bei gleichzeitig moderater Inflation.
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