Hypothekarzinse auf Allzeittief
Von: mm/f24.ch
Bereits im Juli 2016, also vor gut drei Jahren, lagen die Finanzmarktzinsen auf einem ähnlich tiefen Niveau wie heute. Mit einem Unterschied: Heute kosten Hypotheken bedeutend weniger. Welche Faktoren führten zu diesem Preisunterschied? Wie hat sich der Hypothekarmarkt in den letzten Jahren verändert, und welche Entwicklungen sind zu erwarten?
Am 7. August 2019 war es so weit: Gemäss einer Analyse von von MoneyPark erreichte der zehnjährige Swapsatz mit -0.52 Prozent ein bis dato neues Allzeittief in der Schweiz. Vor allem aufgrund von Rezessionsängsten sausten die Kapitalmarktsätze zwischenzeitlich noch weiter in den tiefroten Bereich. Der zehnjährige Swap erreichte per 15. August sogar -0.68 Prozent.
Folgerichtig jagt daher auch bei den Hypothekarzinsen ein neuer Tiefststand den nächsten. Bei der zehnjährigen Festhypothek, die am häufigsten abgeschlossene Laufzeit, ist der durchschnittlich offerierte Richtzinssatz (1.04 Prozent) per 19. August seit Anfang Jahr um satte 47 Basispunkte (Bps) gesunken. Bei 15-jährigen Festhypotheken sind es gar 93 Bps.
Die Unterschiede zur Zinssituation 2016
Blickt man in der Historie etwas weiter zurück, fällt auf, dass die Zinssätze am Kapitalmarkt bereits im Juli 2016, also vor rund drei Jahren, annähernd so tiefe Werte erreichten. Damals rutschten die Kapitalmarktzins-sätze v.a. vor dem Hintergrund des Entscheides der Bevölkerung des britischen Königreichs, aus der europäischen Union auszutreten, in diese Niederungen ab. Auch die dringend nötigen Strukturreformen in Südeuropa beeinflussten Konjunkturentwicklungen in Europa negativ.
Doch die Hypothekarzinssätze lagen damals klar höher. Zehnjährige Festhypotheken waren beispielsweise rund 40 Basispunkte teurer als der heutige Richtzins. Für einen Hypothekarnehmer ist das ein gewaltiger Unterschied: Bei einer Hypothekarfinanzierung von 700'000 Franken resultiert daraus über die ganze Lauf-zeit eine bedeutende Zinskostendifferenz von 28'000 Franken.
Warum also sinken die Hypothekarzinsen aktuell deutlich stärker als im Juli 2016? MoneyPark sieht folgende Gründe:
Erstklassige Schweizer Anleihen sind renditemässig keine Alternative mehr
Mittlerweile liegt die Rendite für zehnjährige Bundesobligationen bei rund -1.0 Prozent. Zum Ver-gleich: Im Juli 2016 lag diese Rendite bei -0.62 Prozent, also rund 40 Bps höher. Diese Differenz ist auf einen aktuell massiv höheren Credit Spread (Renditedifferenz) aufgrund der deutlich höheren Nachfrage nach sogenannten risikolosen Anlagen zurückzuführen. Das treibt die Preise in die Höhe und lässt die Renditen immer tiefer in den negativen Bereich abdriften. Suchen institutionelle An-leger eine Anlagealternative mit ähnlich tiefem Risiko, bieten sich erstklassige Eigenheim-Hypothe-ken an.
Tiefere Hürden für Markteintritt bringen neue Anbieter an den Markt und erhöhen den Margendruck
Mittlerweile bieten einige Finanzintermediäre wertvolle Unterstützung in dieser für viele, v.a. klei-nere Pensionskassen und Anlagestiftungen, unbekannten Anlageklasse Unterstützung in der ge-samten Wertschöpfungskette – vom Marketing, über den Vertrieb, dem Pricing bis hin zur Abwick-lung der Hypotheken. Ein weiterer Vorteil zeigt sich darin, dass die Platzierung des Kapitals sehr rasch und flexibel vorgenommen werden kann.
MoneyPark zufolge betreten viele institutionelle Kunden mit dem Einstieg ins Hypothekargeschäft absolutes Neuland. Die Möglichkeit, ein Gesamtpaket mit Leistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu erhalten, ist daher eine Grundvoraussetzung für den Einstieg.
Als Folge davon ist die Anzahl der Hypothekaranbieter deutlich angestiegen. Insbesondere kleinere und mittlere Pensionskassen sowie Anlagestiftungen sind in diesen Markt eingestiegen. Obschon sie absolut gesehen nach wie vor einen kleinen Anteil ausmachen, spielen sie im Hypothekarneu-geschäft mittlerweile gerade bei längeren Laufzeiten auch volumenseitig eine messbare Rolle. Sie sorgen für eine breitere Auswahl für den Hypothekarnehmer, tragen zu mehr Wettbewerb bei und erhöhen den Preisdruck im Anbieterumfeld.
Eindrücklich bestätigt wird dies durch die Entwicklung des Anbieter-Portfolios von MoneyPark: Lag der Anteil des vermittelten Hypothekarvolumens an Pensionskassen bei zehnjährigen Festhypotheken im Jahr 2016 unter einem Prozent, hat sich dieser im ersten Halbjahr 2019 auf über 30 Prozent erhöht.
Insbesondere in den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass ein Aussitzen auf renditemässig sehr schlechten bzw. negativ rentierenden Anlagen keine Option mehr darstellt. Um die geforderte Rendite zu erzielen, müssen die Pensionskassen Umschichtungen in ihren Anlageportfolios vornehmen.
MoneyPark: „Als Hypothekarspezialist nehmen wir wahr, dass gerade seit Anfang 2018 einige institutionelle Anleger entschieden haben, ihr Obligationen-Portfolio Schweiz zu reduzieren bzw. nicht weiter aus-zubauen. Diese Umschichtungen zugunsten der Anlageklasse Hypotheken nehmen allerdings einige Zeit in Anspruch und müssen gut geplant werden. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Hypothekarvolumen dieser Institute in den nächsten Monaten und Jahren noch weiter ansteigen werden.“
Direktanlagen in Renditeimmobilien bergen höhere Risiken
Bereits 2016 war die Situation auf dem Renditeimmobilienmarkt Schweiz aus Anlegersicht anspruchsvoll. Seitdem hat sie sich jedoch aufgrund von drei Aspekten weiter verschärft:
► Erstens nimmt das Überangebot an Mietwohnungen ständig zu.
► Zweitens kann dieses Überangebot aufgrund des sogar negativen Zuwanderungssaldos und düsterer Konjunkturaussichten nicht mehr einfach absorbiert werden.
► Drittens schlägt sich dies in höheren Leerstandsquoten bei gleichbleibend hohem Preisniveau negativ auf das Renditepotenzial der Anlageklasse «Renditeimmobilien» nieder.
Grosse Versicherer mit «Ewigkeitsperspektiven» können sich in einem solchen Marktumfeld eher behaupten, kleine und mittlere institutionelle wie auch private Anleger tun sich hier ungleich schwerer. Das heisst, sie müssen stärker anlageseitig umdisponieren. In Ermangelung des klassischen Obligationengeschäfts bildet die Anlageklasse «Eigenheim-Hypotheken» die einzige Alternative zum Direktimmobiliengeschäft, die ohne Währungsabsicherungskosten auskommt.
Weltkonjunktur ist in deutlich schlechterer Verfassung
Die globale Makrokonjunktur hat sich vor allem infolge des viel länger und intensiver als erwartet geführten Handelskonflikts zwischen den USA und China und diverser regionaler Herausforderungen in Europa und Asien deutlich abgeschwächt. 2016 hatte Europa zwar bereits seine hausgemachten Probleme in den Südländern, aber die USA eilten von einem Hoch zum anderen.
Das ist heute klar anders und alle Signale aus den USA deuten auf eine starke Eintrübung hin. Das Gleiche gilt für China, dessen Wirtschaft im 2. Quartal 2019 mit 6.2 Prozent so langsam gewachsen ist wie seit fast drei Jahrzehnten nicht mehr.
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