Zaghafte Zinswende
Von: mm/f24.ch
Nach der erfreulichen Entwicklung an den Finanzmärkten im ersten Halbjahr 2024 ist das Kurspotenzial im weiteren Jahresverlauf limitiert. Trotz der anhaltend schwachen Wirtschaftsdynamik bleibt die Inflation hartnäckig hoch. Dies reduziert den Handlungsspielraum der Notenbanken. Dennoch stehen die Zeichen auf moderate Leitzinssenkungen. Raiffeisen Schweiz rechnet im Vorfeld der US-Wahlen im Herbst mit einem Anstieg der Volatilität und sieht in der zweiten Jahreshälfte Obligationen gegenüber Aktien im Vorteil.
Schwache Konjunkturdynamik
«Das globale Wirtschaftswachstum wird sowohl 2024 als auch 2025 unter dem langfristigen Potenzialwachstum liegen», prognostiziert Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer (CIO) von Raiffeisen Schweiz. In der Eurozone hat sich die Konjunktur zwar auf tiefem Niveau stabilisiert, es fehlt aber an Wachstumsimpulsen. Raiffeisen rechnet mit einem bescheidenen Wachstum von 0,2 Prozent.
Basierend auf den Vorlaufindikatoren dürfte sich die US-Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte abkühlen. Für die Schweiz gehen die Ökonomen von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,8 Prozent aus. Während die Inflation hierzulande unter Kontrolle ist, bleibt die Teuerung in Europa und den USA zwar hartnäckig hoch, dürfte sich gegen Ende des Jahres aber in den Zielbereich der Notenbanken zurückbewegen. Entsprechend ist in den kommenden Monaten mit leicht sinkenden Leitzinsen zu rechnen.
Moderat sinkende Leitzinsen
Die Markterwartungen in Bezug auf die Leitzinsentwicklung haben sich in der ersten Jahreshälfte stark verändert. Gingen die Marktteilnehmenden Anfang 2024 noch von je sechs Zinssenkungsschritten von jeweils 25 Basispunkten in den USA und Europa aus, wird mittlerweile nur noch mit ein bis zwei Leitzinssenkungen gerechnet.
«Wir halten an unserer Prognose von Anfang Jahr fest und erwarten bis Ende Jahr noch je zwei Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie der US-Notenbank Fed. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte noch einmal an der Zinsschraube drehen», erklärt Geissbühler.
Sinkende Leitzinsen werden den Anleihen in der zweiten Jahreshälfte Rückenwind verleihen. Innerhalb der Anlageklasse empfehlen die Anlagestrategen von Raiffeisen Schweiz, einen Fokus auf hohe Schuldnerqualität sowie kürzere bis mittlere Laufzeiten zu legen.
Schweizer Aktienmarkt präferiert
Für Anlegerinnen und Anleger mit Referenzwährung Schweizer Franken sieht die Bilanz aufgrund von Währungsgewinnen gut aus. Im Hinblick auf den mittelfristigen Kursverlauf bei Aktien sind die Anlagestrategen von Raiffeisen Schweiz zurückhaltend. «Nach den starken Avancen wird die Luft an den Aktienmärkten dünner. Wir rechnen mit einer Konsolidierung in der zweiten Jahreshälfte», erklärt Geissbühler.
Neben den volkswirtschaftlichen Risiken kommt mit den bevorstehenden US-Wahlen ein weiterer temporärer Unsicherheitsfaktor hinzu. Raiffeisen präferiert in diesem Umfeld weiterhin den Schweizer Aktienmarkt.
«Der Swiss Performance Index (SPI) wurde auch im ersten Halbjahr von den beiden Indexschwergewichten Nestlé und Roche gebremst. Eine Rotation in defensivere Sektoren würde dem hiesigen Aktienmarkt Rückenwind verleihen», analysiert der Raiffeisen-Anlagechef. Für Schweizer Aktien spricht zudem die attraktive Dividendenrendite von durchschnittlich gut drei Prozent.
Diversifikation bleibt wichtig
Der Goldpreis konnte im ersten Halbjahr deutlich zulegen. In Schweizer Franken gerechnet gehört Gold mit einem Plus von fast 20 Prozent zu den besten Anlageklassen. «Die hohe Nachfrage von Notenbanken aus den Schwellenländern sowie die Aussicht auf sinkende Zinsen dürften Gold weiter glänzen lassen», prognostiziert Geissbühler.
Aus Diversifikationsgründen bleiben auch Schweizer Immobilienfonds interessant. Die anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnraum steht einem nur leicht wachsenden Angebot gegenüber. Hinzu kommt, dass aufgrund der zweimaligen Erhöhung des Referenzzinssatzes die Bestandsmieten angehoben werden konnten, was sich positiv auf die Mieterträge auswirkt.
«Nach dem starken ersten Halbjahr sind die Performanceaussichten für die zweite Jahreshälfte durchzogen. Aufgrund sinkender Zinsen dürften Anleihen in punkto Kurspotenzial gegenüber Aktien für einmal die Nase vorn haben. Eine breite Diversifikation sowie ein Fokus auf Qualität bleiben für den Anlagerfolg zentral», fasst Geissbühler den Anlageausblick zusammen.
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