Schweiz hortet funktionstüchtige, ungenutzte Geräte und Gegenstände
Von: mm/f24.ch
Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)und der Schweizer Online-Marktplatz Ricardo haben im Rahmen des diesjährigen Secondhand Day zusammengespannt und eine neue Studie zum Stand des nachhaltigen Konsums in der Schweiz veröffentlicht. Die Studie zu den «6R» (Reduce, Reuse, Repurpose, Repair, Return und Reshare / dt. reduzieren, wiederverwenden, neuverwenden, reparieren, zurückgeben und teilen) präsentiert neue Ergebnisse darüber, wie nachhaltig die Schweiz bei der Anschaffung, Nutzung und Post-Nutzung ausgewählter Produkte agiert. Die Studie belegt erfreulicherweise, dass bei überfünfzig Prozent der Schweizer Bevölkerung die Bereitschaft da ist, nachhaltig zu konsumieren und umweltfreundlich zu handeln.
Die 6R-Studie dient als Grundlage, um den aktuellen Stand des nachhaltigen Konsums zu evaluieren und dessen zukünftige Entwicklungen zu messen. «Uns war es wichtig, den aktuellen Stand des nachhaltigen Konsum deskriptiv darzustellen und dabei tiefer auf die Gründe einzelner Handlungen wie Reduktion des Konsumlevels oder das Reparieren, Weitergeben, Entsorgen und Behalten von Gegenständen einzutauchen», so Valerio Stallone, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Marketing Management der ZHAW.
1'505 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden zu ihrem Konsumlebenszyklus befragt. Im Fokus der Studie stand die Anschaffung, Nutzung und Post-Nutzung von ausgewählten Produktkategorien wie Textilien, Möbel und Elektronik. Aus den erhobenen Daten haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine repräsentative Studie hinsichtlich Sprachregion, Alter sowie Geschlecht durchgeführt.
Anschaffung
Die Studie ergab, dass über 65 Prozent der Befragten ihren allgemeinen Konsum zu reduzieren versuchen und sich mit dem zu begnügen, was sie bereits besitzen. Dass sich die Schweiz um einen nachhaltigen Konsum bemüht, zeigt rund die Hälfte der Befragten, die bevorzugt umweltfreundliche Produkte kaufen, sofern dies möglich ist.
Obwohl die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereit sind, bewusster zu konsumieren, möchten sie nicht komplett auf Produkte verzichten, die der Umwelt schaden. Dies belegen die 55 Prozent, die bestätigt haben, dass sie nicht auf ihre Lieblingsmarken verzichten würden, um auf eine nachhaltigere Alternative zu wechseln.
Bei der Anschaffung von verschiedenen Produktgruppen zeigen sich deutliche Unterschiede im Konsumverhalten: Bei Bekleidung gaben zwanzig Prozent der Befragten an, häufig neue Kleider zu kaufen, auch wenn die alten Kleidungsstücke noch in Ordnung sind. Bei Möbeln trifft das nur bei drei Prozent der Befragten zu.
Nutzung
Die aktuelle ZHAW-Studie brachte zu Tage, dass in der Schweizer Bevölkerung bei der Nutzung von Produkten eine nachhaltige Achtsamkeit gepflegt wird: 83 Prozent der Befragten gaben an, ihre Gegenstände so lange wie möglich zu nutzen, um die Umwelt zu schützen.
76 Prozent gaben dabei in der Befragung an, ihr Mögliches zu geben, damit ihre Gebrauchsgüter länger halten. Lediglich elf Prozent ersetzen häufig Gegenstände, obwohl sie noch in gutem Zustand sind. Und wenn mal etwas kaputt geht, zeigen sich siebzig Prozent der Befragten für eine Reparatur bereit, um die Nutzungsdauer zu verlängern.
Nach der Nutzung
Während aus der aktuellen Studie hervorgeht, dass die Schweiz bei der Anschaffung und Nutzung von Gebrauchsgütern äusserst nachhaltig konsumieren und achtsam agieren, variieren beim letzten Konsum-Lebenszyklus - der Post-Nutzung - die Resultate je nach Produktkategorie. Der letzte Akt einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft, ungenutzte Dinge weiterzugeben und damit ihren Lebenszyklus zu verlängern, wird je nach Produkt anders vollzogen.
Besonders erstaunlich dabei ist der Vergleich von Kleidung und Elektronik: Wird ein Kleidungsstück nicht mehr getragen, gibt es die grosse Mehrheit der Teilnehmenden, rund 78 Prozent weiter. Dabei werden ungenutzte Kleidungsstücke am häufigsten gespendet (Sammelcontainer) und verschenkt.
Ganz anders sieht es bei noch funktionstüchtigen, aber nicht mehr genutzten elektronischen Geräten aus: Vierzig Prozent der Befragten gaben an, dass sie mindestens ein intaktes Handy oder Smartphone zu Hause liegen haben, 36 Prozent eine Fotokamera, bei 27 Prozent lagern Laptops oder Tablets und bei 25 Prozent der Befragten liegt zu Hause ein ungenutztes Videogame oder eine -konsole.
Wird diese Zahl auf die Schweiz hochgerechnet, besitzen beispielsweise über drei Millionen Schweizerinnen und Schweizer funktionstüchtige Handys oder Smartphones, die nicht mehr benutzt, aber auch nicht weitergegeben werden.
Auch die Entsorgungsrate von ungenutzten, intakten Gegenständen variiert von Produkt zu Produkt: Während nicht mehr genutzte elektronische Geräten zu fast dreissig Prozent einfach entsorgt werden, entspricht dieser Anteil bei Baby- und Kinderartikeln nur sieben Prozent.
Dass der Kreislauf von elektronischen Geräten so wenig genutzt wird, ist ein ernüchterndes Ergebnis, so Francesco Vass, Managing Director von Ricardo: «Es ist überraschend, wie viele Personen funktionstüchtige Elektronik zu Hause horten, ohne sie zu nutzen. Diese Geräte verlieren täglich an Wert und könnten anderswo eine sinnvolle Verwendung finden.»
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