Distanzen zu den Alltagsdienstleistungen
Von: mm/f24.ch
2015 betrug die durchschnittliche Entfernung zum nächsten Lebensmittelgeschäft 600 Meter und zur nächsten Apotheke zwei Kilometer. Die mittleren Distanzen zu den Alltagsdienstleistungen waren in Städten grundsätzlich kürzer als im ländlichen Raum und mehr als 80% der Bevölkerung wohnten höchstens 500 Meter von der nächsten ÖV-Haltestelle entfernt. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt die Statistik der Dienstleistungen für die Bevölkerung, die auf Basis des Strassennetzes die mittlere Distanz zwischen einer bewohnten Region und der nächstgelegenen Dienstleistung misst.
Die Grundversorgung mit im Alltag benötigten Waren und Dienstleistungen spielt für die Lebensqualität und Attraktivität eines Orts eine entscheidende Rolle. Die meisten Menschen legen beispielsweise Wert darauf, einkaufen zu können, ohne einen hohen Zeitaufwand und grosse Distanzen in Kauf nehmen zu müssen.
Mit der zunehmenden Verbreitung von Online-Diensten verliert die physische Nähe zu bestimmten Dienstleistungen nach und nach an Bedeutung. Dennoch ist es für die Bevölkerung und insbesondere für Personen mit eingeschränkter Mobilität einfacher, wenn in der Nähe ihres Wohnorts Geschäfte und Alltagsdienstleistungen vorhanden sind. Die vorliegende Analyse bezieht sich auf die Erreichbarkeit von rund 30 Alltagsdienstleistungen in der Schweiz.
Höchstens ein Kilometer bis zur nächsten Schule
Die Erreichbarkeit der Dienstleistungen wird auf Basis des Strassennetzes berechnet und unterscheidet sich stark nach Art der betrachteten Dienstleistung (G1). Verbrauchermärkte sind im Schnitt 15-mal weiter entfernt als Restaurants und Cafés.
Die meisten Alltagsdienstleistungen wie beispielsweise Einrichtungen der obligatorischen Schule, Lebensmittelgeschäfte, Restaurants und Cafés befinden sich durchschnittlich in weniger als einem Kilometer Entfernung. Kulturelle Dienstleistungen1 – Bibliotheken, Kinos, Museen oder Theater – sind weniger verbreitet und konzentrieren sich meist auf regionale Zentren mit grossem Einzugsgebiet. Die mittleren Distanzen sind daher grösser (durchschnittlich zwischen 3,5 und 6,4 km).
2015 lebten 63% der Schweizer Bevölkerung (5,2 Mio. Einwohner/ innen) im städtischen Raum, 21% (1,8 Mio.) in intermediären Regionen und 16% (1,3 Mio.) in ländlichen Gebieten.
Bei sämtlichen untersuchten Dienstleistungen sind die Distanzen in ländlichen Gebieten grundsätzlich grösser als in städtischen. In intermediären Gebieten liegen die Entfernungen zwischen den Werten der städtischen und ländlichen Gebiete und sind im Allgemeinen höher als der Schweizer Durchschnitt.
Während die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten beim Zugang zu Behörden, Restaurants und Cafés sowie ÖV-Haltestellen (ohne Berücksichtigung der Bedienungshäufigkeit) relativ gering ausfallen, sind die Entfernungen zu Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung (Arzt- und Zahnarztpraxen, Apotheken) in ländlichen Gebieten rund fünfmal grösser als im städtischen Raum. Bei den Spitälern für allgemeine Pflege sind die Stadt-Land-Differenzen wiederum weniger ausgeprägt.
Auch bei den kulturellen Dienstleistungen zeigen sich markante Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten. Kinos sind beispielsweise in der Stadt durchschnittlich gut drei Kilometer, auf dem Land hingegen zehn Kilometer vom Wohnstandort entfernt.
Differenzen bei der räumlichen Verteilung
Für eine detailliertere räumliche Analyse wurden sechs Dienstleistungen ausgewählt: Restaurants und Cafés, Lebensmittelgeschäfte, Einrichtungen der obligatorischen Schule, sowie Schulen der Sekundarstufe II, Arztpraxen und Apotheken.
Die Verteilung der Erreichbarkeit entspricht bei allen sechs Dienstleistungen mehr oder weniger der Verteilung der Bevölkerung. Bevölkerungsarme Gebiete (insbesondere ländliche und Berggebiete) weisen grössere Entfernungen auf als dicht besiedelte Gebiete wie das Mittelland oder bestimmte alpine Touristenzentren. Insbesondere bei den Lebensmittelgeschäften und bei den Einrichtungen der obligatorischen Schule tritt diese Verteilung deutlich in Erscheinung.
Die Erreichbarkeit von Restaurants und Cafés ist in der ganzen Schweiz vergleichbar. Mehr als 90% der Bevölkerung wohnen höchstens einen Kilometer vom nächsten Lokal entfernt. In städtischen Gebieten beläuft sich dieser Anteil auf 96%, in ländlichen Gebieten auf 77%. Besonders kurz sind die Entfernungen zu diesen Dienstleistungen in touristischen Regionen wie beispielsweise einigen Alpentälern.
Bei der Erreichbarkeit von Arztpraxen und insbesondere auch von Apotheken zeigen sich grössere Unterschiede: Im städtischen Raum sind die Distanzen deutlich kürzer als ausserhalb ihres Einflussgebiets. Mehr als 50% der Bevölkerung wohnen höchstens einen Kilometer von der nächsten Apotheke entfernt. In städtischen Gebieten beläuft sich dieser Anteil auf 67%, in ländlichen Gebieten auf 11%.
Es gilt jedoch festzuhalten, dass die Verteilung der Apotheken massgeblich durch die Regelung der Medikamentenabgabe durch Ärztinnen und Ärzte (Selbstdispensation) auf kantonaler Ebene beeinflusst ist. In Kantonen, in denen Selbstdispensation erlaubt ist (hauptsächlich in der Deutschschweiz), sind die Distanzen grösser.
Noch markanter sind die Unterschiede zwischen Stadt und Land bei den Schulen der Sekundarstufe II. 28% der Bevölkerung leben höchstens einen Kilometer, 11% hingegen mehr als acht Kilometer von einer solchen Einrichtung entfernt.
Diese Dienstleistung ist hauptsächlich in dicht bevölkerten Gebieten mit einem grossen Einzugsgebiet zu finden. Ausserhalb des städtischen Raumes nehmen die Entfernungen stark zu.
Der Anteil der Bevölkerung, die höchstens einen Kilometer von der nächsten Schule der Sekundarstufe II entfernt wohnt, beläuft sich im städtischen Raum auf 41%, in intermediären Gebieten auf 8% und in ländlichen Gebieten auf weniger als 3%.
Ländliche Zentren besser bedient als periurbane Gebiete
Zwischen den unterdurchschnittlichen Distanzen bei städtischen Gemeinden und den überdurchschnittlichen Distanzen bei ländlichen Gemeinden besteht ein relativ regelmässiger Gradient. Besonders ausgeprägt sind die Differenzen zwischen den Gemeindekategorien bei den Arztpraxen, Apotheken und Schulen der Sekundarstufe II.
Um diese Dienstleistungen von einer ländlichen peripheren Gemeinde aus zu erreichen, müssen sechs- bis zehnmal grössere Entfernungen zurückgelegt werden als von einer städtischen Gemeinde einer mittleren oder grossen Agglomeration aus.
Arztpraxen, Apotheken, Lebensmittelgeschäfte sowie Restaurants und Cafés sind in periurbanen Gemeinden mittlerer und geringer Dichte durchschnittlich ähnlich weit oder weiter entfernt als in ländlichen Zentrumsgemeinden.
Die periurbanen Gemeinden mittlerer und geringer Dichte, per Definition mehrheitlich Wohngebiete in der Nähe städtischer Kernräume, weisen ein weniger breit gefächertes Dienstleistungsangebot auf als ländliche Zentrumsgemeinden. Letztere verfügen als regionale Zentren in der Regel über ein relativ grosses Angebot an Dienstleistungen.
Gegenläufige Entwicklung bei den Arztpraxen
Schwankungen im Zeitverlauf lassen sich mit verschiedenen Faktoren erklären, insbesondere mit der Anzahl Einrichtungen und deren Standort sowie mit der räumlichen Verteilung der Bevölkerung.
Zwischen 2011 und 2015 veränderten sich die Distanzen zu den sechs untersuchten Dienstleistungen im Schweizer Durchschnitt in einer Bandbreite von –2,7% (Apotheken) bis +4,3% (Lebensmittelgeschäfte. Diese nationalen Werte waren auf regionaler Ebene gegenläufig.
In diesem Zeitraum wuchsen die durchschnittlichen Distanzen zu Lebensmittelgeschäften in ländlichen Gebieten um 8%, gegenüber knapp 3% im städtischen Raum. Die Entfernungen zu Einrichtungen der obligatorischen Schule nahmen in ländlichen Gebieten dreimal stärker zu als in intermediären Gebieten, während sie im städtischen Raum stabil blieben. Umgekehrt war die Entwicklung bei den Distanzen zu den Artpraxen, die in städtischen (–2,3%) und intermediären Gebieten (–1,7%) abnahmen und in den ländlichen Gebieten zunahmen (+2,6%).
Öffentlicher Verkehr
Die Entfernungen sind je nach Haltestellenkategorie sehr unterschiedlich. Die Kategorie 1 (Bahnknoten und -linien mit hohem Kursintervall) weist die kleinste Anzahl Haltestellen (weniger als 1% von insgesamt 23'000) und die grössten Distanzen zur Haltestelle auf. Dies gilt auf nationaler Ebene wie auch für die einzelnen Gemeindekategorien.
Zwischen Haltestellenkategorie 1 und Kategorie 5 (regionale oder lokale Haltestellen mit geringem Kursintervall) nimmt die Anzahl Haltestellen zu, folglich schrumpfen die Entfernungen. Kategorie 5, zu der nahezu 50% aller ÖV-Haltestellen gehören, weist insgesamt die kürzesten Distanzen zu den Haltestellen auf.
Neben der Anzahl Haltestellen hat auch deren räumliche Verteilung einen Einfluss auf die Erreichbarkeit. ÖV-Haltestellen der Kategorien 1, 2, 3 und 4, die sich hauptsächlich in den Agglomerationen befinden, weisen demzufolge in ländlichen Gemeinden in der Regel grössere Distanzen auf. Umgekehrt sind Haltestellen der Kategorie 5 relativ gleichmässig verteilt und die Unterschiede zwischen den Gemeindekategorien fallen gering aus.
Schweizweit wohnen knapp 50% der Bevölkerung höchstens 250 Meter und 80% höchstens 500 Meter von einer ÖV-Haltestelle (unabhängig von deren Kategorie) entfernt. Diese grossen Anteile zeugen von der hohen Dichte des Schweizer ÖV-Netzwerks.
Auf regionaler Ebene gibt es jedoch deutliche Unterschiede. Während in ländlichen Gebieten 35% und in intermediären Gebieten 37% der Bevölkerung höchstens 250 Meter von der nächsten Haltestelle entfernt wohnen, sind es im städtischen Raum 55%.
Dieser Unterschied wird noch grösser, wenn lediglich die Haltestellen der Kategorien 1 und 2, d.h. die zentralen Haltestellen mit mittlerem bis hohem Kursintervall, betrachtet werden. In ländlichen Gebieten leben 1,5% und in intermediären Gebieten 3% der Bevölkerung höchstens einen Kilometer von einer solchen Haltestelle entfernt. Im städtischen Raum beläuft sich der Anteil hingegen auf knapp 50%.
Bei Betrachtung der Haltestellenkategorien 3 und 4 (regionale oder lokale Haltestellen mit mittlerem Kursintervall) schwächen sich diese regionalen Unterschiede stark ab, insbesondere in den intermediären Gebieten. Der Anteil der Bevölkerung, die höchstens einen Kilometer von einer ÖV-Haltestelle der Kategorien 3 und 4 entfernt wohnt, beläuft sich in ländlichen Gebieten auf 24%, in intermediären Regionen auf 54% und im städtischen Raum auf fast 90%.
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