Wort des Jahres 2022
Von: mm/f24.ch
Strommangellage, boycotter, penuria und mancanza sind die Wörter des Jahres Schweiz 2022. Sie zeigen, worüber die Gesellschaft nachdenkt und was sie bewegt. ZHAW-Forschende nutzten die grösste Textdatenbank der Schweiz als Basis, die Jury entschied die Wahl.
Strommangellage im Deutschen, boycotter (Boykott)im Französischen, penuria (Mangel) im Italienischen und mancanza (Mangel)im Rätoromanischen sind die Wörter des Jahres Schweiz. Auf den zweiten und dritten Plätzen folgen Frauen-Ticket und Schutzstatus S, sobriété (Nüchternheit) und souffle (Atem), invasione (Invasion) und coraggio (Mut) sowie status S und 19 grads.
Platz 1: Strommangellage
Strom, der scheinbar immer verfügbar war, könnte plötzlich Mangelware sein. Die Lage ist unsicher. Die Schweiz ist vernetzt und verstrickt im europäischen Strommarkt, die Importmengen sind aber derzeit nicht gewährleistet. Der Krieg in der Ukraine, die erst zaghafte Nutzung von Solarenergie und die Klimaveränderung verschärfen die Lage zusätzlich. Trotz Notfallszenarien könnte es in den Schweizer Stuben ein dunkler, kalter Winter werden.
Platz 2: Frauen-Ticket
Das Frauen-Ticket der SP soll sicherstellen, dass eine Frau, und zwar ausschliesslich eine Frau, den Sitz der abtretenden Bundesrätin Sommaruga übernimmt. Was 2018 bei der CVP reibungslos funktionierte, als es um die Nachfolge von Altbundesrätin Leuthard ging, gab nun zu reden. Als «diskriminierend» empfand es der für eine Kandidatur bereite SP-Mann Jositsch. Die Partei legte schliesslich mit klarer Mehrheit fest: Zwei Frauen erhalten ein Billett ins Rennen um den Bundesratssitz.
Platz 3: Schutzstatus S
2022 hat der Bundesrat erstmals den Schutzstatus S aktiviert. Damit erhielten Schutzsuchende aus der Ukraine, die ihre Heimat wegen des Kriegs verlassen hatten, rasch ein Aufenthaltsrecht ohne ordentliches Asylverfahren. Und darin lag auch bald einmal ein Kritikpunkt: Weshalb werden Kriegsflüchtlinge aus verschiedenen Ländern unterschiedlich behandelt? Das Wort selbst schweigt sich dazu aus: In ihm spiegeln sich menschliches Leid und pure Verwaltungssprache.
In allen vier Landessprachen
2017 hat das Departement Angewandte Linguistik der ZHAW die Verantwortung für die Wahl des Wortes des Jahres übernommen. Seither erfolgt die Wahl mehrsprachig, forschungsbasiert und interaktiv. In Zusammenarbeit mit der Lia Rumantscha wird seit 2019 das Wort des Jahres Schweiz auch in Rätoromanisch gewählt.
Für jede Sprache führt die Wissenschaftler:innen analysieren die Schweizer Diskursdatenbank Korpus Swiss-AL und bestimmen pro Sprache die rund 30 Wörter, die im Jahr 2022 häufiger oder deutlich anders verwendet wurden als in den Jahren zuvor.
Dann wählt eine Jury von Sprachprofis aus dieser Liste, aus Publikumsvorschlägen und aufgrund eigener Erfahrung die drei markantesten Wörter. Und schliesslich zeigen die Forschenden auf, wie sich diese Wörter 2022 im Sprachgebrauch in der Schweiz entwickelt haben und für welche gesellschaftlichen Veränderungen sie stehen.
Die vier Jurys bestehen aus je rund zehn Sprachschaffenden aus der deutsch-, französisch-, italienisch- und rätoromanischsprachigen Schweiz. Für Datenbank und Projektleitung verantwortlich zeichnet das Departement Angewandte Linguistik der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW in Winterthur.
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