Berner Zungenwurst wird geschützt
Von: mm/f24.ch
Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) veröffentlicht heute das Gesuch um Registrierung der geschützten geografischen Angabe (GGA/IGP) für Berner Zungenwurst im Schweizerischen Handelsamtsblatt. Mit der Registrierung als GGA sollen künftig Nachahmungen vermieden und sowohl der gute Ruf als auch die ausgezeichnete Qualität dieser Berner Spezialität geschützt werden.
Berner Platte mit Berner Zungenwurst (Foto: Verein Kulinarisches Erbe der Schweiz)
Die Berner Zungenwurst ist eine Brühwurst aus Schweine- und Rindfleisch, die üblicherweise heiss (sieden oder braten) oder kalt verzehrt wird. Sie wird in natürlichen Rindsmittel- oder Kunstfaserdarm abgefüllt und im Heissrauch geräuchert. Die Berner Zungenwurst wird aus Schweinefleisch, Speck, Rindfleisch, Schüttung bestehend aus Wasser oder Eis und Schwarte hergestellt. Sie zählt zu den bekannten kulinarischen Spezialitäten des Kantons Bern und gehört als typischer Bestandteil zur Berner Platte.
Die geschichtliche Entwicklung dieser Berner Spezialität reicht weit in das 19. Jahr-hundert zurück. Die älteste gefundene Erwähnung der Zungenwurst stammt aus dem Berner Kochbuch aus dem Jahr 1835. Als typischer Bestandteil der Berner Platte könnte es aber auch sein, dass die Anfänge der Berner Zungenwurst noch einige Jahre weiter zurückreichen. Die naheliegendste Erklärung des Namens «Zungenwurst» ist, dass früher die Berner Zungenwurst tatsächlich Zunge enthielt.
Das erwähnte Kochbuch aus dem Jahr 1835 notierte, dass «zwei bis drei Schweinszünglein» als Zutaten verwendet wurden. Die Unterschiede zum heutigen Rezept sind jedoch augenfällig. Denn hinzu kamen «gleich viel vom zartesten Fleische, ebenso gebröckelt». Das Ganze wurde gewürzt, mit Salz und Salpeter vermischt und danach in eine Kalbsblase gegeben. Diese Wurst hat man in einer Pökellake «gebeizt» und anschliessend einige Tage geräuchert.
Der Historiker François de Capitani zeigt, dass die Erklärung für die Unterschiede zum heutigen Rezept in ebendiesem Berner Kochbuch zu finden ist. Dieses Kochbuch gelte als Standardwerk und war sehr verbreitet. Nach dem Rezept der Zungenwurst folgt das Rezept der Hammenwurst.
Und dieses Rezept der Hammenwurst ist dem der heutigen Zungenwurst sehr ähnlich.Seine These lautet also: Der Name kommt von der Zungenwurst und das Rezept von der Hammenwurst. Unterstreichen würde diese These, dass es im Rezept der Hammenwurst heisst «und verfährt man damit gleich, wie mit der Zungenwurst».
Um dieses traditionelle Produkt vor Nachahmungen zu schützen, veröffentlichte das BLW gestern das Gesuch um Eintragung als geschützte geografische Angabe im Schweizerischen Handelsamtsblatt. Kantone und Personen, die ein schutzwürdiges Interesse nachweisen, können innerhalb einer Frist von drei Monaten gegen die Eintragung Einsprache erheben.
Das Register der Schweiz umfasst derzeit 38 Eintragungen: 22 geschützte Ursprungsbezeichnungen (GUB) und 16 geschützte geografische Angaben (GGA). Sechs Gesuche sind derzeit in Bearbeitung.
INFO
Die Geschichte hat gezeigt, dass wenn Erzeugnisse dank ihrer spezifischen Eigenschaften, die in ihrer geografischen Herkunft begründet liegen, im Laufe der Zeit einen guten Ruf und eine hohe Bekanntheit erlangen, ihr Name oftmals von anderen missbräuchlich verwendet wird, um Produkte anzu-preisen, die nicht dieselben Eigenschaften aufweisen. Anmassungen eines Rufs fallen in den Bereich des unlauteren Wettbewerbs und bringen eine langfristige kollektive Investition in Gefahr.
Werden Erzeugnisse mit einer GUB oder einer GGA geschützt, können nur Akteure, die das Pflichtenheft einhalten, die Bezeichnung verwenden. Dieser Schutz hat auf sozialer, wirtschaftlicher und soziokultureller Ebene grosse Auswirkungen. Denn werden Produktenamen den Akteuren einer bestimmten Region vorbehalten, wird eine Verlagerung der Produktion verhindert und Wirtschaftstätigkeiten können in den betroffenen Regionen erhalten werden. Ausserdem trägt dieser Schutz dazu bei, Wertschöpfung zu generieren und Betriebe in überschaubarer Grösse zu bewahren.
Rechtsgrundlage für den Schutz der GUB und GGA bildet das Bundesgesetz vom 29. April 19981 über die Landwirtschaft. Gestützt auf Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe d LwG kann der Bundesrat im Interesse der Glaubwürdigkeit und zur Förderung von Qualität und Absatz Vorschriften über die Kennzeichnung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und deren Verarbeitungsprodukten erlassen, die sich aufgrund ihrer Herkunft auszeichnen. Der Bundesrat erlässt ein Register der Ursprungsbezeichnun-gen und geografischen Angaben und regelt insbesondere die Eintragungsberechtigung, die Voraus-setzungen für die Registrierung, namentlich die Anforderungen des Pflichtenhefts, die Registrierungs- und Einspracheverfahren sowie die Kontrolle (Art. 16 LwG).
Auf der Grundlage der erwähnten Bestimmungen hat der Bundesrat die Verordnung vom 28. Mai 19972 über den Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse, verarbeitete landwirt-schaftliche Erzeugnisse, waldwirtschaftliche Erzeugnisse und verarbeitete waldwirtschaftliche Erzeugnisse verabschiedet.
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