EU Kommission „bittet“ Google zur Kasse
Von: mm/f24.ch
Die Europäische Kommission hat Google für einen Verstoss gegen das EU-Kartellrecht eine Geldbusse in Höhe von 4.34 Milliarden Euro auferlegt. Google hatte Herstellern von Android-Geräten und Betreibern von Mobilfunknetzen seit 2011 rechtswidrige Einschränkungen auferlegt, um seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste zu festigen.
Google muss dieses Verhalten nun innerhalb von neunzig Tagen endgültig abstellen, da ihm ansonsten Zwangsgelder von bis zu 5 % des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google, drohen.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Das mobile Internet macht heutzutage mehr als die Hälfte des weltweiten Internetverkehrs aus. Es hat das Leben von Millionen von Europäern verändert. In dieser Sache geht es um drei Arten von rechtswidrigen Einschränkungen, die Google Herstellern von Android-Geräten und Mobilfunknetzbetreibern auferlegt hat, um sicherzustellen, dass der Internetverkehr auf Android-Geräten über die Google-Suchmaschine läuft. Auf diese Weise hat Google Android dazu verwendet, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen. Durch diese Praktiken wurde Wettbewerbern von Google die Möglichkeit genommen, innovativ und konkurrenzfähig zu sein. Auch den europäischen Verbrauchern wurden somit die Vorteile eines wirksamen Wettbewerbs auf dem so wichtigen Markt für mobile Internetdienste verwehrt. Dies ist nach den EU-Kartellvorschriften rechtswidrig.“
So hat Google insbesondere:
- von allen Herstellern als Bedingung für eine Lizenzierung des App-Store von Google (Play Store) verlangt, die Anwendung („App“) Google-Suche und die Google-eigene Browser-App (Chrome) auf ihren Geräten vorzuinstallieren,
- Zahlungen an bestimmte grosse Hersteller und Mobilfunknetzbetreiber geleistet, wenn diese ausschliesslich die App Google-Suche auf ihren Geräten vorinstallierten, und
- Hersteller, die Apps von Google auf ihren Geräten vorinstallieren wollten, daran gehindert, auch nur einziges intelligentes Mobilgerät zu verkaufen, das über eine alternative, von Google nicht genehmigte Android-Version – einen sogenannten Android-Fork – betrieben wird.
Strategie von Google und Umfang der Untersuchungen
Google erzielt einen Grossteil seiner Einnahmen durch sein bekanntestes Produkt, die Google-Suchmaschine. Das Unternehmen hatte bereits früh verstanden, dass der Mitte der 2000er Jahre begonnene Übergang von Desktop-PCs zu mobilen Internetdiensten einen grundlegenden Wandel für die Google-Suche bedeuten würde. Google entwickelte daher eine Strategie, um sich auf die Auswirkungen dieses Wandels einzustellen und um sicherzustellen, dass Nutzer auch auf ihren Mobilgeräten weiterhin die Google-Suche verwenden.
Google hat den ursprünglichen Hersteller des Android-Betriebssystems für Mobilgeräte im Jahr 2005 übernommen und ist seitdem in der Weiterentwicklung von Android tätig. Sowohl in Europa als auch im Rest der Welt sind heute rund 80 % der intelligenten Mobilgeräte mit Android ausgestattet.
Wenn Google eine neue Android-Version entwickelt, veröffentlicht es den Quellcode im Internet. Dies ermöglicht es Drittanbietern, den Quellcode herunterzuladen und daraus Android-Forks zu entwickeln. Ein solcher offen zugänglicher Android-Quellcode enthält die grundlegenden Merkmale eines Betriebssystems für intelligente Mobilgeräte, jedoch keine Google-eigenen Android-Apps und -Dienste.
Hersteller von Mobilgeräten, die Google-eigene Android-Apps und -Dienste nutzen möchten, müssen mit Google einen Vertrag schliessen, in dessen Rahmen ihnen von Google eine Reihe von Einschränkungen auferlegt wird. Zudem hat Google auch Verträge mit bestimmten grossen Betreibern von Mobilfunknetzen geschlossen und diesen Betreibern Einschränkungen auferlegt, da diese ebenfalls festlegen können, welche Apps und Dienste auf Geräten, die an Endnutzer verkauft werden, vorinstalliert werden.
Die marktbeherrschende Stellung von Google
Der Beschluss der Kommission betrifft drei spezifische Arten von vertraglichen Einschränkungen, die Google Herstellern von Mobilgeräten und Betreibern von Mobilfunknetzen auferlegt hat. Durch diese Einschränkungen konnte Google Android dazu verwenden, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen. In ihrem Beschluss stellt die Kommission das quelloffene Modell oder das Android-Betriebssystem als solche somit nicht infrage.
Die Kommission kommt in ihrem Beschluss zu dem Ergebnis, dass Google auf den Märkten für allgemeine Internet-Suchdienste, für lizenzpflichtige Betriebssysteme für intelligente Mobilgeräte sowie für Android-App-Stores eine beherrschende Stellung einnimmt.
Eine marktbeherrschende Stellung an sich ist nach den EU-Kartellvorschriften nicht verboten. Allerdings tragen marktbeherrschende Unternehmen eine besondere Verantwortung und dürfen ihre starke Marktstellung nicht missbrauchen, indem sie den Wettbewerb auf dem von ihnen beherrschten Markt oder auf anderen Märkten einschränken.
Google hat drei voneinander unabhängige Arten von Praktiken angewendet, die alle darauf ausgerichtet waren, die beherrschende Stellung von Google auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste zu festigen.
- Die illegale Kopplung der Google-Suche und Browser-Apps
- Illegale, an die exklusive Vorinstallation der Google-Suche geknüpfte Zahlungen
- Illegale Behinderung der Entwicklung und des Vertriebs konkurrierender Android-Betriebssysteme
Auswirkungen der illegalen Praktiken von Google
Die Kommission kommt in ihrem Beschluss zu dem Ergebnis, dass diese drei Arten von Missbrauch als Teil einer umfassenden Strategie zu betrachten sind, mit der Google – in Zeiten einer erheblichen Bedeutungszunahme mobiler Internetdienste – seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste festigen wollte.
Erstens verwehrte Google seinen Wettbewerbern durch diese Praktiken die Möglichkeit, sich in einem leistungsorientierten Wettbewerb zu messen. Durch seine Kopplungspraktiken stellte das Unternehmen die Vorinstallation der Google-Suchmaschine und des Chrome-Browsers auf nahezu allen Android-Geräten von Google sicher; die an die Ausschliesslichkeitsbedingung geknüpften Zahlungen hielten Hersteller in erheblichem Masse davon ab, konkurrierende Suchmaschinen auf ihren Geräten zu installieren.
Google hat zudem die Entwicklung von Android-Forks behindert, die konkurrierenden Suchmaschinen eine Plattform für einen Zugang zu einem erhöhten Internetverkehr hätte bieten können. Durch seine Strategie hat Google konkurrierende Suchmaschinen zudem daran gehindert, über intelligente Mobilgeräte mehr Daten wie etwa mobile Standortdaten zu sammeln; auch dies ermöglichte Google, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen.
Darüber hinaus hat Google durch seine Praktiken den Wettbewerb beeinträchtigt und die Innovationstätigkeit im Bereich der mobilen Dienste, die über einfache Internet-Suchdienste hinausgehen, gebremst. Dies ist darauf zurückzuführen, dass andere Browser für Mobilgeräte daran gehindert wurden, effektiv mit dem vorinstallierten Browser Google Chrome zu konkurrieren. Abschliessend hat Google die Entwicklung von Android-Forks behindert, die auch anderen App-Entwicklern eine Möglichkeit gegeben hätte, sich erfolgreich weiterzuentwickeln.
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