Ratingagentur S&P stuft Kreditwürdigkeit vom Aargau herab
Von: mm/f24.ch
Die internationale Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P ) hat das Rating für den Kanton Aargau auf AA+ zurüchgestuft. Hauptgrund ist die zurzeit begrenzte Flexibilität bei der Steuerung von Einnahmen und Ausgaben für die nötige Sanierung der Kantonsfinanzen.
Der Kanton Aargau wurde in der Vergangenheit stets mit der Bestnote AAA beurteilt. "Angesichts der noch laufenden Haushaltsanierung und des gesunkenen Ressourcenpotenzials in den letzten Jahren kommt die aktuelle Einstufung nicht überraschend", sagt Finanzdirektor Markus Dieth.
Die Rating-Agentur Standard & Poor's nennt als wichtigsten Grund für die Neueinstufung das nach wie vor vorhandene strukturelle Defizit im Finanzhaushalt des Kantons. Die bisher umgesetzten Sparmassnahmen wie auch diverse, vor allem einnahmeseitige Sondereffekte führen zwar zu einer kurzfristigen Entspannung. Hinsichtlich der geplanten Reformvorhaben stehen wichtige politische Entscheidungen noch aus. Zudem äussert die Rating-Agentur in ihrem Bericht Bedenken gegenüber der politischen Bereitschaft für eine höhere Ausschöpfung des Steuersubstrats. Ebenso sei das beschränkte und im interkantonalen Vergleich erneut gesunkene Ressourcenpotenzial ein Zeichen, dass sich die Wirtschaft und der Wohlstand in anderen Kantonen in den letzten Jahren besser entwickelt haben als im Aargau.
Die politischen Unsicherheiten und strukturellen Restriktionen hemmen nach Auffassung von Standard & Poor's die Flexibilität des Finanzmanagements und reduzieren den finanzpolitischen Handlungsspielraum des Kantons insgesamt. Dadurch steige auch das Risiko suboptimaler Entscheidungen bei strategischen Weichenstellungen wie der Umsetzung der Steuervorlage 17.
Ausblick stabil
In ihrem Ausblick geht Standard & Poor's von einer stabilen Entwicklung aus. Besonders hervorgehoben werden das nach wie vor solide und engagierte Finanzmanagement, die vergleichsweise moderate Verschuldung, das gute Liquiditätsmanagement sowie die starke Wirtschaftsleistung. Gelinge es der politischen Führung des Kantons, die Kantonsfinanzen nachhaltig zu sanieren und substanzielle Finanzierungsüberschüsse zu erzielen, bestünden gute Voraussetzungen, um das Rating des Kantons wieder auf die Bestnote von AAA anzuheben. Voraussetzung dazu sei ein klarer politischer Wille zur Umsetzung der ausgabenseitigen Reformvorhaben sowie der allenfalls erforderlichen Steuererhöhung.
Mit dem zweitbesten Rating von AA+ verfügt der Kanton Aargau noch immer über eine sehr hohe Schuldnerbonität. Diese ermöglicht dem Kanton, weiterhin Geld zu tiefen Zinsen aufzunehmen. Bei kurzfristigen Geldaufnahmen können zurzeit Negativzinsen vereinnahmt werden. Im Vergleich zu einem AAA-Rating hat die Herabstufung lediglich einen rund 0,02 bis 0,03 Prozent höheren Zins zur Folge.
"Unser Ziel ist, mit vereinten Kräften den eingeschlagenen Weg der Gesamtsicht Haushaltsanierung konsequent weiterzugehen und nachhaltig und wirksam umzusetzen", so Finanzdirektor Markus Dieth, "dann dürfte sich auch das Rating über kurz oder lang wieder verbessern."
Von den heute in der Schweiz durch Standard & Poor's direkt bewerteten acht Kantonen weisen zwei Kantone (Zürich, Waadt) ein Rating von AAA aus. Die anderen Kantone (BL, BS, GE, SG, SO) verfügen wie neu auch der Kanton Aargau über ein AA Rating.
Kommentar
Ratingagenturen haben mit dem enormen Wachstum der Finanzmärkte seit Beginn der 90er Jahre eine Rolle erlangt, die weit über das unmittelbare Verhältnis zwischen Emitenten und Anlegern hinausgeht. Zudem stützen sich Aufsichtsbehörden, wie auch Versicherungen und Pensionskassen bei der Beurteilung von Risiken in erheblichem Umfang auf die Urteile dieser Finanzanalysten so als seinen diese sacrosanct.
Doch die Werthaltigkeit von Ratings ist erschüttert, seit im Sommer 2007 „Schrottpapiere“ in Form unzureichend besicherter Immobilienkredite an die Finanzmärkte weitergereicht wurden. Sie erhielten bis zuletzt beste Noten von den Ratingagenturen und lösten seinerzeit die Finanzkrise mit aus.
Die Komplexität der verschiedenen Wertpapiere wurde von den Ratingagenturen selbst nicht mehr durchschaut und das Rating unterlag einem gewissen prozyklischen Herdentrieb. Problematisch am Rating ist ferner das Vergütungssystem – derjenige, der bewertet wird, bezahlt denjenigen, der bewertet – Gefälligkeitsgutachten sind damit vorprogrammiert.
Die Benotung der Ratingagenturen sind allenfalls eine Richtschur, mehr nicht aber auch nicht weniger und sollten daher nicht überbewertet werden. Zumal auf dem Markt mit je vierzig Prozent Anteil nur Moody’s und Standard & Poor's sowie abgeschlagen mit fünfzehn Prozent Marktanteil Fitch das Sagen haben. Eine höchst ungesunde Situation. Alle drei Rating-Firmen sind zudem amerikanischen Ursprungs.
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